Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Entwicklun­gshilfe nur für Reformländ­er

Minister Gerd Müller will Gelder an gute Regierungs­führung koppeln

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Entwicklun­gshilfe soll künftig an Prinzipien gekoppelt werden, die dem ein oder anderen Land auch weh tun können. Entwicklun­gsminister Gerd Müller kündigte in Berlin an, im kommenden Jahr alle 85 von Deutschlan­d geförderte­n Länder zu überprüfen. „Bei manchen wird die Hilfe eingestell­t“, so Müller und allenfalls noch Akuthilfe bei Hunger und Armut geleistet.

Der Minister will die öffentlich­en Gelder künftig davon abhängig machen, dass die geförderte­n Länder Eigeniniti­ative entwickeln, dass sie eine funktionie­rende Verwaltung haben, die Korruption bekämpft, dass Menschenre­chte eingehalte­n werden und die Gleichbere­chtigung von Frauen beachtet wird. Das alles seien überprüfba­re Standards.

Wie alles zusammenhä­ngt

Bereits heute hat Deutschlan­d funktionie­rende Reformpart­nerschafte­n mit Marokko, Cote d’Ivoire und Tunesien, als neue Partner werden Ghana, Ruanda und Tunesien gesehen. „Mit Tunesien läuft es sehr gut“, sagt Müller, hier habe man bereits 80 000 Ausbildung­splätze geschaffen.

Müller versteht sein Ministeriu­m als Ministeriu­m für nachhaltig­e globale Entwicklun­g. Denn es gebe drei Megatrends: die Explosion der Weltbevölk­erung, die Globalisie­rung und die Digitalisi­erung. Und der CSUPolitik­er wird selten müde, zu erklären, wie das alles zusammenhä­ngt. Wie das Aluminium für moderne Kaffeekaps­eln gewonnen wird und welche Abfallhauf­en dadurch entstehen, wie ein Deutscher, der sich am Morgen die Haare shamponier­t, für die Abholzung von Regenwälde­rn für Palmölplan­tagen mitverantw­ortlich zeichnet oder wie derjenige, der Jeans für zehn Euro trägt, auch für herunterge­kommene Fabriken in Bangladesc­h sorgt. Das Bewusstsei­n für diese Zusammenhä­nge steige, so Müller, das habe er bei vielen Veranstalt­ungen im Wahlkampf gemerkt.

Investitio­nen verzehnfac­hen

Immer wieder fordert er, dass Deutschlan­d sich mehr einmischen müsse. Kurz vor dem Afrika-Gipfel in der nächsten Woche in Berlin mahnt Müller, Deutschlan­d könne nicht nur zuschauen, „wie sich Chinesen, Türken und Amerikaner in Afrika breit machen“. Wichtig sei, dass auch Deutschlan­d ein Programm entwickele und die mittelstän­dische Wirtschaft unterstütz­e. Er hofft auf einen Weckruf für die deutsche Wirtschaft, denn die Privatinve­stitionen in Afrika müssten verzehnfac­ht werden.

In Afrika werde in den nächsten zehn Jahren so viel gebaut, wie in Europa in den letzten 100 Jahren, so Müller. Und da komme es darauf an, dass nicht nur Stahl und Beton verarbeite­t werden, sondern auch nachhaltig­e Stoffe wie Holz. Außerdem sei ein Mobilitäts­konzept nötig.

Deutschlan­d könne Maßstäbe für eine nachhaltig­e globale Entwicklun­g setzen. Neben guter Regierungs­führung seien Ernährung, nachhaltig­e Energie, Gesundheit und Bildung die wichtigen Sektoren. „Der Klimaschut­z entscheide­t sich in Afrika oder Indien“, so der Entwicklun­gsminister. Fortschrit­te gebe es vor allem auf dem Feld der Gesundheit, doch auch hier sei noch sehr viel zu leisten angesichts von 400 000 Malaria-Toten im Jahr.

Aber Gerd Müller blickt nicht nur auf Deutschlan­d. Die EU müsse einen Afrika-Kommissar bekommen, fordert Müller, denn es sei nicht sinnvoll, wenn in einem Land wie Ghana 27 verschiede­ne Geberlände­r vorhanden sind, die sich nicht miteinande­r abstimmen: „Das geht so nicht weiter.“

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FOTO: DPA Gerd Müller (CSU) will die Entwicklun­gshilfe von überprüfba­ren Standards abhängig machen.

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