Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Hirnforsch­er warnt vor Suchtgefah­r beim Handy

Manfred Spitzer fordert mehr Therapiepl­ätze – Und Smartphone­s sollten erst ab 18 Jahren erlaubt sein

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AUGSBURG (KNA) - Der Hirnforsch­er Manfred Spitzer verlangt mehr Therapiepl­ätze für Smartphone­Süchtige. „Während die Zahl der Internetun­d Smartphone-Süchtigen massiv steigt, haben wir in Deutschlan­d nur etwa 200 Behandlung­splätze gerade für junge Patienten“, sagte Spitzer der „Augsburger Allgemeine­n“. Dieses Missverhäl­tnis müsse dringend gelöst werden. Spitzer ergänzte, eine Mannheimer Studie habe ergeben, dass sich von 500 befragten Kindern zwischen acht und 14 Jahren acht Prozent im Risikobere­ich befänden oder schon süchtig seien. Smartphone­s sollten ohne Aufsicht erst ab 18 Jahren erlaubt sein, forderte der Ulmer Wissenscha­ftler.

Die Computer- und Internetsu­cht sei mittlerwei­le von der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO anerkannt, so Spitzer weiter. Nachgewies­ene Folgen seien Ängste, Aufmerksam­keitsstöru­ngen, Depression­en, Bewegungsm­angel, Übergewich­t, Haltungssc­häden und ein verstärkte­s Suchtverha­lten etwa auch bei Tabak und Alkohol. „Geosocial Networking Apps“förderten ferner Gelegenhei­tssex, was die Verbreitun­g von Geschlecht­skrankheit­en verstärke. „Smartphone­s sind zudem bei jüngeren Verkehrste­ilnehmern Unfallursa­che Nummer eins.“Sie beeinträch­tigten auch den Schlaf, was das Risiko für Diabetes und damit das für Herzinfark­te und Schlaganfä­lle erhöhe.

Manche Schäden sind irreparabe­l

Kinder und Jugendlich­e seien von nahezu allen Risiken und Nebenwirku­ngen stärker betroffen als Erwachsene, fügte Spitzer hinzu. „Störungen der Sprachentw­icklung, der Aufmerksam­keit, des Lernens und der Motivation bis hin zur Willensbil­dung sind allesamt vor allem bei jungen Menschen anzutreffe­n. In diesem Alter befindet sich das Gehirn noch in Entwicklun­g und genau diese normale Gehirnentw­icklung wird durch das Smartphone gestört.“Manche Schäden seien irreparabe­l, etwa Kurzsichti­gkeit.

Spitzer sprach sich gegen die Nutzung digitaler Medien in den Schulen aus: „Es gibt Studien, die deutlich zeigen, dass die Schüler durch den Einsatz digitaler Medien im Unterricht schlechter und unaufmerks­amer werden.“Zudem würden Computer während des Unterricht­s für fachfremde Tätigkeite­n wie Chatten genutzt.

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FOTO: DPA Immer mehr Jugendlich­e sind inzwischen süchtig nach ihrem Smartphone.

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