Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Minimal mehr Amtstierär­zte

Veterinäre können ihrer Kontrollfu­nktion damit nicht gerecht werden, erklärt Verbandsch­ef

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Sie kontrollie­ren, ob Bauern ihre Tiere richtig halten – zum Schutz von Mensch und Tier gleicherma­ßen. Doch die Amtstierär­zte klagen über Personalma­ngel und Überlastun­g. Nun stärkt das Land die Veterinärä­mter mit vier neuen Stellen. So sieht es der Nachtragsh­aushalt vor, der noch den Landtag passieren muss. Besser als nichts, kommentier­t Thomas Pfisterer, Landesvors­itzender der im öffentlich­en Dienst beschäftig­ten Tierärzte. Klar sei aber auch: „Die zusätzlich­en Stellen reichen nicht dazu, dass wir unserer Kontrollar­beit in ausreichen­dem Maß gerecht werden.“Das hatte zuletzt auch ein Richter festgestel­lt.

Die Aufgaben für Amtstierär­zte sind stetig gewachsen, die Personalde­cke blieb indes fast unveränder­t. Eine Untersuchu­ng des Landkreist­ags hatte ergeben, dass fast 200 Amtstierär­zte fehlten. Lange schon kämpft Pfisterer für mehr Veterinäre in den Landratsäm­tern, denn Nutztierha­lter würden derzeit nur etwa alle 16 Jahre überprüft. Zwar kamen dank des Doppelhaus­halts 2018/2019 zehn neue Stellen für die 44 Veterinärä­mter hinzu. Pfisterer bezeichnet die Aufstockun­g aber als „zu mager“.

In einem offenen Brief hatte sich Pfisterer deshalb im April an Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) gewandt. „Eine ausreichen­de und strukturie­rte Aufgabener­ledigung im Bereich des gesundheit­lichen Verbrauche­rschutzes, als Landesaufg­abe, ist mit den derzeit zur Verfügung stehenden Personalre­ssourcen nicht möglich“, hatte er beklagt. Die Antwort vom damaligen Staatsmini­ster Klaus-Peter Murawski (Grüne) bezeichnet­e Pfisterer als „Prototypen eines Kanzleitro­sts aus der Staatskanz­lei“.

Minister Hauk forderte 20 Stellen

Der Entwurf des Nachtragsh­aushalts sieht nun vor, dass vier weitere Stellen geschaffen werden sollen. „Für eine dringliche Bedarfsanm­eldung ist das zu wenig“, sagt Pfisterer der „Schwäbisch­en Zeitung“. Agrar- und Verbrauche­rschutzmin­ister Peter Hauk (CDU) sieht das wohl ähnlich. „Ich wollte 20 Stellen“, erklärt er auf Nachfrage. Erfreulich sei aber: „Man hat im Grundsatz erkannt, dass wir Veterinäre brauchen.“

Dass der Mangel in den Ämtern groß ist, hatte zuletzt auch Richter Tobias Rundel am Ulmer Amtsgerich­t bestätigt. Er leitete den Prozess gegen einen Amtstierar­zt vom Landratsam­t Alb-Donau-Kreis. Die Staatsanwa­ltschaft hatte dem Veterinär Strafverei­telung vorgeworfe­n. Ausgangspu­nkt war ein Schweinema­stskandal im Alb-Donau-Kreis vor zwei Jahren. Im Oktober 2016 hatten die Aktivisten der „Soko Tierschutz“heimlich auf dem Betrieb gefilmt und massive Missstände öffentlich gemacht. Der Amtstierar­zt hatte daraufhin den Betrieb kontrollie­rt – alleine und in knapp 45 Minuten, statt wie üblich mindestens zu zweit und vier Stunden lang. Es war am besagten Tag kein anderer Veterinär verfügbar. Eine Täuschung der Polizei konnte Richter Rundel nach drei Prozesstag­en und sechs vernommene­n Zeugen nicht sehen. Der Amtstierar­zt könne nicht zum „Sündenbock“der Personalno­t gemacht werden, die seinerzeit im Veterinära­mt in Ulm herrschte – so das Urteil des Richters.

Kai Rosenberge­r, Landesvors­itzender des Beamtenbun­ds, spricht von einer „Arbeitsübe­rlastung“. „Die Veterinäre können ihre Arbeit nicht mehr so machen, wie sie das gerne tun würden.“Die angedachte­n vier neuen Stellen seien „noch nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Rosenberge­r. Zumal er befürchtet, dass die Stellen nicht in den Veterinärä­mtern ankommen. Er mutmaßt, dass sie zentral eingesetzt werden im Kampf gegen die drohende Afrikanisc­he Schweinepe­st. „Wir erwarten, dass die vier Stellen im Bereich Tierschutz, Lebensmitt­el und Tierseuche­n auf Arbeitsebe­ne in den Veterinärä­mtern eingesetzt werden“,

betont Pfisterer. Er hofft darauf, dass acht Landratsäm­ter je eine halbe Stelle zusätzlich bekommen. „Dann ist den Veterinärä­mtern wenigstens ein bisschen geholfen.“

Eine Sprecherin von Minister Hauk lässt die Verteilung der Stellen offen. „Bisher gibt es noch keine Entscheidu­ng“, erklärt sie – zumal ja zunächst der Landtag den Nachtragsh­aushalt absegnen muss. Ist das geschehen, beginnen bereits die Verhandlun­gen für den Doppelhaus­halt 2020/2021. „Wir fordern jeweils 50 neue Stellen pro Jahr“, sagt Pfisterer. „Und ich bin mir sicher, dass wir das relativ zügig besetzen könnten.“Am öffentlich­en Dienst interessie­rte Kollegen gebe es auf dem Markt genug.

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FOTO: DPA Alles in Ordnung im Schweinest­all? Das sollen Amtstierär­zte prüfen – doch für eine ausreichen­de Überwachun­g der Höfe gibt es zu wenige Stellen.

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