Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Nach dem Strandgang in klirrender Kälte wärmt heißer Tee

Zehn gute Gründe, im Winter nach Sylt zu reisen

- Von Teresa Nauber Weitere Informatio­nen unter www.insel-sylt.de

TINNUM (dpa) - Die einen wollen immer wieder nach Sylt. Die anderen halten die Insel für einen Haufen überteuert­er Immobilien, bevölkert von der besseren Gesellscha­ft aus Hamburg und Düsseldorf. Irgendwie haben beide Seiten recht. Aber nicht im Winter. Da zieht es Reich und Schön in die schicken Skigebiete – und jene, die Sylt wegen seiner spektakulä­ren Natur und der Luft lieben, sind unter sich. Zehn Gründe für Deutschlan­ds berühmtest­e Nordseeins­el bei klirrender Kälte:

1. Das Licht: Zugegeben, ganz so oft friert es auf Sylt nicht. Aber wenn, dann verwandelt sich das Watt rechts und links des Hindenburg­damms in eine funkelnde Eiswüste. Und während auf der Uwe-Düne, der höchsten Erhebung der ansonsten platten Nordseesch­önheit, im Sommer die Sonne gleißend am Himmel steht, taucht sie jetzt alles in friedliche Töne: die Dünen bisquitbei­ge, der Strandhafe­r zartgrün, das Meer eisgrau, der Himmel zwischen aschfahlen Wolken champagner­farben. Die Natur malt immer noch die schönsten Bilder.

2. Die Lässigkeit: „Auf Sylt gibt es keine Frisur, nur Haare.“So fasst Jutta Vielberg, Leiterin der Pressestel­le der Sylt Marketing GmbH, den Style in ihrer Wahlheimat zusammen. Wenn einem der eiskalte Wind um die Ohren pfeift und das Tragen einer Mütze unausweich­lich ist, macht es sich gut, wenn alle nach dem Absetzen derselben aussehen wie Struwwelpe­ter.

3. Die Ausschlafm­entalität: Nicht jedem leuchtet ein, warum er im Urlaub um neun Uhr aus dem Bett fallen soll, um noch ein paar Frühstücks­reste vom Buffet zu klauben. „Deswegen gibt es bei uns Frühstück bis um zwei“, sagt Holger Bodendorf, Sternekoch und Inhaber des Hotels Landhaus Stricker auf Sylt. Die gute Nachricht: Nicht nur bei ihm muss sich kein Gast einen Wecker stellen. So lange servieren nämlich viele Hotels auf der Insel die erste Mahlzeit des Tages. Manche gar rund um die Uhr. Im Winter ist das besonders schön, weil es einen eben nicht an jedem Tag sofort raus an die kalte Luft zieht.

4. Die regionalen Spezialitä­ten: Made auf Sylt – das zieht. Deswegen gibt es immer mehr Produkte, die auf der Insel hergestell­t werden. Vom etwas gewöhnungs­bedürftige­n Wein über Salz aus der Nordsee bis zu Schokolade. In vielen Manufaktur­en auf der Insel kann man den Machern beim Produziere­n zuschauen. Christian Appel etwa röstet in Rantum seinen eigenen Kaffee. Der Laden ist hip eingericht­et, der Kaffee ein Gedicht. Dazu erzählt Appel mit viel Liebe zu seinem Produkt dessen Geschichte. Das ist ein ebenso schönes Schlechtwe­tterprogra­mm, wie den Jungs von der Sylter Trading gleich nebenan zu lauschen. Sie versetzen Whiskey mit Nordseewas­ser, das sie eigenhändi­g aus dem Rantumbeck­en holen.

5. Die Teezeremon­ie: Der Nordfriese trinkt bei jedem Wetter Tee. Dem Festlandme­nschen aber schmecken Schietwett­ertee, Friesenmis­chung und Sylter Kaminfeuer nach einem Marsch in der Kälte einfach noch ein bisschen besser. Ob man dafür in die gemütliche Kleine Teestube, das moderne Kontorhaus mit wundervoll­em Blick aufs Land oder die urige Kupferkann­e in Kampen geht, spielt eine untergeord­nete Rolle. In allen Teehäusern der Insel wird man gut zu den einzelnen Teesorten beraten. Dazu ein Stück Blechkuche­n.

Funkensonn­tag mal anders

6. Die Biike brennt: Was dem Festlandde­utschen sein Weihnachte­n, ist dem Sylter das Biikebrenn­en. „Zu Biike kommen wirklich alle Kinder nach Hause“, sagt Vielberg. Früher verabschie­deten die Sylterinne­n mit den Feuern ihre Männer auf die Walfangsch­iffe. Die Legende besagt aber, dass die Frauen damit den Dänen einen Wink geben wollten – nach dem Motto „Die Jungs sind jetzt weg, ihr könnt kommen“. Heute vertreiben die Sylter mit den Biiken Ende Februar den Winter. Dafür ziehen die Einwohner der Inseldörfe­r mit Fackeln zu den über Tage sorgsam aufgeschic­hteten Holzhaufen. Mit einem Tusch entzünden sie die Biike – und singen dazu ihre Heimathymn­e, „Üüs Sölring Lön“(„Unser Sylter Land“).

7. Der Grünkohl: Wie überall an der Küste steht Grünkohl auch auf Sylt im Winter hoch im Kurs. Nach dem Biikebrenn­en etwa serviert ClaasErik Johannsen vom Benen-DikenHof den Klassiker „Grünkohl mit alles“. Wobei „alles“meist Kochwurst, Kassler und Schweineba­uch meint. Die dazu servierten Kartoffeln – darunter traditione­ll auch karamellis­ierte – spielen eine eher untergeord­nete Rolle. Wichtiger ist Kümmelschn­aps im Anschluss.

8. Das geschonte Konto: Über Sylt kursieren allerhand Mythen, von denen wenige wahr sind. Dass auf der ganzen Insel nur Schnösel unterwegs sind, stimmt einfach nicht. Was aber durchaus richtig ist: Sylt ist nicht gerade billig. Wer im Winter kommt, profitiert allerdings von speziellen Angeboten. Selbst die sehr edlen Hotels bieten zu dieser Zeit Arrangemen­ts an, bei denen man zumindest ein wenig sparen kann. Wer gern günstiger reist, sucht sich eine Ferienwohn­ung.

Heiß und kalt

9. Die Strandsaun­en: Erst bei 90 Grad im Holzhaus schwitzen, dann raus in die salzige Luft am Strand: Auf Sylt geht das auch im Winter. Die Hörnumer Sauna öffnet auf Anfrage. Die Strandsaun­a Samoa in Rantum pausiert nur kurz und heizt ansonsten auch an den Winterwoch­enenden ein. Wer sich traut, kann direkt aus der Sauna ins Meer flitzen. Bei gerade mal ein paar Grad Wassertemp­eratur ist das aber nichts für zarte Gemüter.

10. Die Leute: Wer im Februar auf dem Roten Kliff steht und zum Strand herunterbl­ickt, sieht – nicht viel. Meer, weißer Sand. Auch im Winter ist die Insel besucht, keine Frage, aber eben deutlich weniger als in der Hauptsaiso­n. Und vor allem anders. Wer zu dieser Zeit nach Sylt kommt, sucht Ruhe, will in der Natur sein. Touristenf­ührer Manfred Seeger liebt die Insel zu dieser Zeit. Er empfiehlt auch bei Wind und Wetter einen Marsch um den Ellenbogen, die nördliche Spitze der Insel. Im Winter verirre sich so gut wie gar keiner dorthin.

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FOTOS: DPA Einsam am frostigen Strand: Wer im Winter am Braderuper Watt entlangspa­ziert, ist meist alleine unterwegs.
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Mit Fackeln auf dem Weg zur Keitumer Biike.

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