Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Ich hab’ etwas gegen diese Wegwerf-Gesellschaft“
Busfahrerin Eva Göres ist ehrenamtlich für die Isnyer Tafel tätig
ISNY - Im Rahmen der SZ-Serie „Ehrenämter in Isny“hat SZ-Mitarbeiterin Julia Garthen mit Eva Göres gesprochen, die seit sechs Monaten ehrenamtlich für die Isnyer Tafel tätig ist. Die moderne junge Frau arbeitet als Busfahrerin für ein Lindenberger Unternehmen und hat auch sonst viele überraschende und ungewöhnliche Dinge zu erzählen.
Eva Göres, 29 Jahre jung, hat bisher ein Leben geführt, wie es wohl eher wenige Isnyer kennen. Geboren im bayerischen Kronach, zog sie mit ihrer Familie im Alter von 14 Jahren nach Rumänien. „Meine Eltern wollten einen eigenen Hof bewirtschaften und davon leben können. In Deutschland war das kaum noch möglich, wenn man keine Massentierhaltung wollte. In Rumänien aber konnten wir ein paar Kühe, Hühner und andere Tiere halten und ein wenig Boden beackern. Davon lebten wir ganz gut.“Dass sie damals eine neue Sprache lernte, was übrigens problemlos und zügig funktionierte, helfe ihr heute vielfach bei der Ausübung ihres Berufes als Busfahrerin. „Ich kann mich gut verständigen, auch wenn es mal in andere Länder geht.“
In Deutschland lässt sie sich zur Korbmacherin ausbilden Nach drei Jahren rumänischer Landwirtschaft und Schulzeit zog es die damals 17-jährige wieder nach Deutschland. Ihre Familie kam erst fünf Jahre später zurück. Sie wohnte fortan bei ihren Großeltern und begann eine Ausbildung zur Korbmacherin. Noch ein Aspekt, der ob seiner Ungewöhnlichkeit Interesse weckt. „Damals wusste ich nicht genau, was ich machen wollte. Und dann habe ich halt etwas Handwerkliches gelernt.“
Da dieser Berufszweig heute vom Aussterben bedroht ist, traf Eva Göres auch hier Menschen, die einen etwas anderen Weg gehen, als die meisten anderen – dies scheint wie ein roter Faden, der sich durch ihr Leben zieht. Seit vier Jahren arbeitet sie nun als Busfahrerin, zunächst in Vollzeit, seit einem Jahr in Teilzeit beim Unternehmen Held in Lindenberg und bringt Gäste von A nach B. „Ich arbeite nicht in Vollzeit, weil mir meine Freizeit wichtig ist und ich von dem Geld auch so gut leben kann“, berichtet die außergewöhnliche Frau.
Außerdem engagiert sie sich ehrenamtlich bei der Isnyer Tafel – ebenso wie ihre Mutter, die hier schon seit sechs Jahren tätig ist. Die Tafel in Isny hat zwei Mal pro Woche, Montag und Mittwoch, nachmittags für ihre Kunden geöffnet, und Eva Göres trägt sich in den Schichtplan ein, wenn ihr beruflicher Dienstplan es erlaubt. „Wir sind ein tolles Team und teilen uns die Arbeiten untereinander auf. Pro Schicht sind wir zu fünft.“Warum sie im Frühjahr zur Tafel ging und seither dort regelmäßig arbeitet? „Ich hab’ einfach etwas gegen diese Wegwerf-Gesellschaft. So viel Essen wandert täglich in den Müll, nur weil es irgendwelchen Standards nicht entspricht. Dabei sind die Sachen noch gut essbar. Und unsere Kunden freuen sich daran, kaufen gerne ein und werden alle gerecht behandelt.“
Die Isnyer Tafel vergibt ihre Einkaufszeiten in einem rotierenden System, sodass jeder Kunde einmal als Erster drankommt und sich entsprechend aussuchen kann, was er an diesem Tag haben möchte. „Unsere Kunden sind freundlich und dankbar. Es kommen vor allem Senioren, Alleinerziehende und Asylbewerber zu uns. Eine Seniorin mit Sehschwäche müssen wir bei ihrem Einkauf durch den Laden begleiten. Sie hat einen Tafel-Ausweis, weil ihr monatliches Einkommen sehr überschaubar ist.“Und trotzdem gehe sie von Zeit zu Zeit nach ihrem Einkauf rüber in den Bio-Laden und besorge ein Glas Schmalz oder Ähnliches. Das bringe sie dann zur Tafel, um sich damit für die Hilfe zu bedanken. „Ich finde das wirklich süß und wir freuen uns jedes Mal sehr über ihre Freundlichkeit“, sagt Göres.
Ein Kilo Obst oder Gemüse kostet in der Tafel 35 Cent
Um die Wertigkeit dieser Handlung nachvollziehbar zu machen: Ein Kilogramm Obst oder Gemüse kostet in der Tafel 35 Cent. Die Menschen, die sich keinen Supermarkbesuch leisten können, geben hier also einen eher symbolischen Geldwert an die Tafel ab, wenn sie einkaufen kommen. Dass eine Dame dann für drei oder vier Euro ein Dankeschön kauft, zeigt, wie sehr sie sich über die Mitarbeiter der Isnyer Tafel freut.
Und Eva Göres wird sicher nicht nur deshalb ihr Ehrenamt weiter ausführen: „So lange es beruflich geht, arbeite ich weiter ehrenamtlich. Es ist mir wichtig, die Werte, die meine Familie mir vorgelebt und beigebracht hat, weiterzutragen. So zu leben, macht für mich wirklich Sinn und ich bin sehr zufrieden damit.“