Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Damit Lindaus Schätze gut lagern
Museumsdepot für den Cavazzen ist fertig – Der Umzug wird noch eine Herausforderung
LINDAU - Schimmel und eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit: Die Bedingungen im Keller des Cavazzen waren nicht gut, um dort die Ausstelltungsstücke und Kunstwerke zu lagern. Damit ist jetzt schluss, denn seit Freitag ist das neue Museumsdepot fertig. Bis alle Museumsschätze umgezogen sind, wird es allerdings noch eine Weile dauern.
Immerhin sind es mehr als 6000 Ojekte, die von der Lindauer Insel in den Lehmgrubenweg transportiert werden müssen. Manche von ihnen sind klein und leicht, wie die Münzsammlung, andere sind riesig und schwer, wie ein alter Holzschlitten. Platz werden sie im neuen Depot alle finden. Das Gebäude ist sogar 20 Prozent größer als zurzeit benötigt, wie Alexander Warmbrunn am Freitag erklärte. Damit ist auch genug Platz für Neuzugänge. Der Kulturamtsleiter ist mit der Zusammenarbeit von Stadtverwaltung, Förderverein und Stadtrat zufrieden. „Es ist für eine Kleinstadt Gold wert, wenn Verwaltung und Politik Hand in Hand arbeiten“, sagte er bei der Schlüsselübergabe am Freitag. Das Projekt „Depot“zeige, wie gut das Klima in Lindau sei.
„Wir sind einen großen und wichtigen Schritt weiter gekommen“, sagte Oberbürgermeister Gerhard Ecker. Schließlich könne mit dem Projekt Cavazzensanierung erst begonnen werden, wenn die Sammlung ausgelagert sei. Ecker lobte die kurze Bauzeit des Flachdachgebäudes, das Hochbauamtsleiter Hilmar Ordelheide selbst entworfen hat. Auch, dass das Gebäude zu 80 Prozent gefördert werde, sei etwas Besonderes. Der Stadt bleibe lediglich ein Eigenanteil von 450 000 Euro.
„Das Gebäude ist eine einfache Kiste“, sagte Ordelheide. Allerdings hat es diese „Kiste“in sich: Durch den einfachen Entwurf und die funktionale Gestaltung könne man in Zukunft leicht und flexibel reagieren.
Den Kern des Gebäudes bilden die beiden Lagerräume im Erd- und Obergeschoss. Im Magazin im Erdgeschoss stehen große Bilderzuganlagen, in denen die gut 300 Gemälde des Cavazzen künftig locker Platz haben werden. Bis man dort hingelangt, muss man drei Türen und einen langen, breiten Gang durchqueren. Das dient zum einen der Sicherheit, zum andren funktioniert der große Gang als eine Art Klimaschleuse, wie Museumsleiterin Barbara Reil erklärte.
Links und rechts des Ganges sind Lagerräume für Material sowie Quarantäneräume. „Wir werden aus dem Keller des Cavazzen ein paar verschimmelte Objekte bergen“, sagte Reil. Diese dürften nicht direkt ins Magazin, weil sich die Schimmelsporen dort ansonsten auch auf die anderen Kunstgegenstände ausbreiteten. In der Werkstatt im Kopfteil des Gebäudes können solche Werke künftig an einem großen Tisch mit kippbaren Arbeitsflächen begutachtet und restauriert werden.
Das neue Depot hat keine Klimaanlage
Eine Klimaanlage hat das neue Museumsdepot nicht. Denn diese Anlagen seien anfällig für Fehler und Defekte, was fatale Auswirkungen auf die Kunstgegenstände haben könne. Für ein gutes Raumklima im Depot sorgt die massive Bauweise. „Das Gebäude ist sehr träge, es dauert lange, bis es sich aufheizt oder abkühlt“, sagte Warmbrunn. „Wir verwahren ja auch nicht die Kronjuwelen“, ergänzte Barbara Reil. Zwar seien unter der Cavazzensammlung wertvolle Stücke wie die Deller'schen Totentafel, allerdings seien diese Stücke Temperaturschwankungen gewohnt – ein plötzlich konstantes Klima könne sich sogar negativ auswirken.
Der Boden des Depots ist aus hellem Beton, sodass man sofort sieht, wenn dort etwas krabbelt. „Im Cavazzen randaliert der Marder. Hier haben wir bisher noch keine Tiere“, sagte Warmbrunn. Fenster mit Tageslicht gibt es in den Lagerräumen nicht. Denn, so der Kulturamtsleiter: Neben Klima und Luftfeuchtigkeit gehört UV-Strahlung zu den schlimmsten Feinden alter Kunst.
Für den Umzug ist schon alles vorbereitet. Das Team um Barbara Reil hat die Stücke aus dem Cavazzen bereits katalogisiert. Trotzdem: „Der Umzug wird eine Herkulesaufgabe“, sagte Warmbrunn. Dafür hat sich das Kulturamt Unterstützung geholt. Christina Grembowizz hat bereits in London und Berlin Umzüge von Museen begleitet. „Für ein solches Depot würden sich ganz viele Museen interessieren“, zeigte sie sich beeindruckt von dem Neubau.
Grembowizz ist nun dabei, Angebote von Logistikunternehmen einzuholen und Verpackungen zu bestellen. Schließlich müssen aus dem Cavazzen nicht nur Bilder und Münzsammlungen, sondern auch Bauteile wie die Decke des Cavazzens eingelagert werden. Was geht, möchten die Mitarbeiter des Kulturamts selbst stemmen. „Wir werden als Trupp die Arme hochkrempeln“, sagte Kunsthistorikerin Sylvia Wölfle – und bekam sofort Unterstützung von den Stadträtinnen Angelika Rundel und Katrin Dorfmüller, die spontan anboten, beim Umzug mit anzupacken.