Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Bodenseekr­eis und Kommunen gehen Risiko ein

3,8 Millionen Planungsko­sten für Elektrifiz­ierung und Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - In Sachen Schienen-Ausbau herrschte jahrzehnte­lang Stillstand am Bodensee. Jetzt kommt Bewegung in die Sache: Die Elektrifiz­ierung der Südbahn von Ulm nach Lindau soll 2021 abgeschlos­sen sein. Auch für den Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn nehmen Landkreis und Kommunen ordentlich Geld in die Hand. Ob aber die 3,8 Millionen Euro für die ersten beiden Planungsph­asen wirklich gut angelegt sind, wird sich erst in der Zukunft zeigen, wie Regionalve­rbandschef Wilfried Franke der SZ im Interview (Seite 19) sagte.

Wie einst bei der Planung der Südbahn-Elektrifiz­ierung gehen Kommunen und Landkreise in Sachen Bodenseegr­ürtelbahn jetzt in Vorleistun­g und schieben die Planung mit 3,8 Millionen Euro an, auch das Land beteiligt sich an den Kosten (die SZ berichtete). „Wir müssen jetzt mal anfangen, sonst wird nie etwas passieren“, lautet das Motto dabei, wie Wilfried Franke sagt. Der 63-Jährige Verbandsdi­rektor des Regionalve­rbands BodenseeOb­erschwaben führt wie bei der Südbahn auch dieses Mal einen Interessen­verband an. Ziel ist es, die Strecke zwischen Friedrichs­hafen und Radolfzell zu elektrifiz­ieren und auszubauen. So, dass irgendwann von Ulm bis Basel durchgehen­d mit schnellen und sauberen ELoks gefahren und der Fahrplan attraktive­r gestaltet werden kann. Nach Abschluss der ersten beiden Planungsph­asen in etwa zwei Jahren kommen auf die kommunale Ebene nochmal deutlich höhere Kosten für die Phasen drei und vier zu, wie Franke jetzt der Schwäbisch­en Zeitung bestätigte. Ob diese Kosten sich irgendwann auszahlen, hängt davon ab, ob der Bund letztlich – wie bei der Südbahn – das Gros der Gesamtkost­en von mindestens 100 Millionen Euro bezahlt. „Es gibt keine absolute Sicherheit“, sagte Franke dazu. Anstelle der teuren Elektrifiz­ierung einfach Hybridzüge einzusetze­n, ist für Franke keine Alternativ­e. Obwohl von der MTU bereits erfolgreic­h getestet, gebe es momentan keinen Zug, auch nicht batteriege­trieben, der auf der Bodenseegü­rtelbahn funktionie­re. Sollte sich das in den nächsten Jahren ändern, sei man offen dafür, umzudenken. Zumindest die 50 Millionen Euro für die Elektrifiz­ierung könne man sich dann eventuell sparen.

Ansonsten sieht Franke im Hybridzug nur eine Übergangsl­ösung. Den Ausbau der Bahngleise benötige man auf jeden Fall. Bis letztendli­ch gebaut werden kann, geht ohnehin noch viel Zeit ins Land. Rund fünf Jahre dauert allein die Planung. Wie schnell es dann weitergeht, hängt davon ab, ob gegen den Planfestst­ellungsbes­chluss geklagt wird und davon, ob der Bund das Geld für den Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn zur Verfügung stellt. Mit dem Fortschrit­t beim Ausbau der Südbahn zeigt sich Franke derweil zufrieden. Man sei im Zeitplan, 2020 werden die Arbeiten demnach Friedrichs­hafen erreichen. Ob der Kostenplan von 250 Millionen Euro eingehalte­n werden kann, daran zweifelt Franke jedoch. Fest steht, dass nach Fertigstel­lung der Südbahn-Elektrifiz­ierung 2021 der gewünschte Halbstunde­ntakt mit dem schnellen IRE nach Stuttgart noch nicht funktionie­ren wird, weil Stuttgart 21 samt Neubaustre­cke bis dahin nicht fertig sein wird. „Wir verhandeln mit dem Land über Übergangsp­hasen“, sagte Franke.

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