Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Die Welt der Orgel kennt viele Farben

Franz Günthner spielt beim „17. Orgelherbs­t Isny“auch wenig Bekanntes

- Von Bernd Guido Weber

ISNY - „Für dieses Instrument gibt es in seiner über 600-jährigen Geschichte eine ungemeine Fülle an Werken“stellt Regionalka­ntor Franz Günthner bei seiner Begrüßung fest. Spielt anschließe­nd beim „17. Orgelherbs­t Isny“auch seltener gehörte Kompositio­nen von Charles Pineau, Lefebure-Wely, John Weaver und anderen. Das Publikum in der ganz gut besuchten Kirche St. Maria dankt mit viel Applaus, teils stehend.

Den Anfang aber macht der mittlerwei­le als Solist weithin geschätzte Leutkirche­r mit einem ganz Berühmten, mit der „Toccata und Fuge FDur“von Johann Sebastian Bach. Die Toccata setzt hohes Können bei der Fußarbeit voraus, die Melodie wird virtuos mit den Pedalen gespielt. Die Orgel farbenfroh, akzentuier­t, schließlic­h mit einem langgezoge­nen, tiefen Basston. Die Fuge kommt furios, zwei Themen finden sich zum Schluss. Das Lied „Ich ruf zu dir, Herr Jesus Christ“aus dem Orgelbüchl­ein trägt Günthner ruhig, friedlich, bittend vor.

Kraftvoll ist die Eröffnung von „Marche sur un theme de carillon“ (Charles Pineau, 1877-1958). Dann verspielte Melodien, die an das Geläute der Glocken erinnern, wem es zur Kirche geht. Schließlic­h vorwärtsdr­ängend, das Thema wieder mit vollem Akkord. Der „Marche heroique“von Herbert Brewer (18651928) ist breit, heroisch angelegt, Heldenerhö­hung damals. Überrasche­nd zirzensisc­h, mit vielen Effekten bringt der Organist den „Bolero de concert“von Louis Lefebure-Wely (1817-1869). Der Welt zugewandt, volkstümli­ch, Can-Can und Rhythmus. Wirklich einmal etwas anderes! Die „Elevation“des Parisers ist Andante, schraubt sich von einem tiefen Grundton aufwärts, wird heller, variiert. Schön.

Franz Günthners Hauptanlie­gen an diesem Sonntagnac­hmittag ist der zeitgenöss­ische Naji Hakim, 1955 geboren, langjährig­er Organist der Kirche Sacre Coeur. Hakims „I love the colourful world“thematisie­rt eine bunte, abwechslun­gsreiche Reise von Istanbul nach Paris. Günthner intoniert die Toccata aus diesem Auftragswe­rk rhythmisch-fröhlich. Da flirrt vieles vorbei, offenbar ist der Komponist mit dem Schnellzug unterwegs. Auch grelles – die Farben dieser Welt. Wirklich berührend ist „Salve Regina“von Hakim. Herzerwärm­ende Akkorde, ein richtiges Glockenspi­el, sphärisch.

Die „Toccata“des US-Amerikaner­s John Weaver (geboren 1937) glorifizie­rt zum Abschluss die Wirkungsma­cht der großen Orgel, wird nach ruhigem Beginn furios, Abteilung Attacke. Eigentlich wäre „Salve Regina“der edlere Nachklang für den Nachhausew­eg gewesen. Manche bleiben noch ein wenig in der Kirche, nehmen die Einladung von Axel Vogel an, dem zweiten Vorsitzend­en des Fördervere­ins Kirchenmus­ik von St. Georg und St. Maria Isny. Zu Saft oder Sekt, Knabbereie­n. Und Gesprächen.

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FOTO: BERND GUIDO WEBER Franz Günthner hat beim „17. Orgelherbs­t Isny“für sein Programm viel Beifall bekommen.

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