Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

8,25 Millionen fürs Beginenhau­s in Kempten?

Für die Sanierung eines der ältesten Zeugnisse der Kemptener Baugeschic­hte fehlt wieder das Geld

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KEMPTEN (se) - „Hinhalteta­ktik“– als solche empfindet Bernadette Mayr inzwischen den Umgang der Stadt mit einem ihrer ältesten erhaltenen Ensembles. Die Schriftfüh­rerin des Fördervere­ins Beginenhau­s ist wieder einmal enttäuscht – auch darüber, „wie mit dem Ehrenamt umgegangen wird“. Nach einer wohlwollen­d aufgenomme­nen Präsentati­on zu einer möglichen künftigen Nutzung des Denkmals an der Burgstraße im April hat nun die Verwaltung eine angepeilte Beschlussf­assung zu einer umfassende­n Sanierung abgesetzt. „Inhaltlich­e und zeitliche Klärungen“würden noch fehlen. Eine Rolle spielen freilich auch die Kosten: Sie werden jetzt auf 8,25 Millionen Euro geschätzt.

Kemptens Oberbürger­meister Thomas Kiechle will nun „intensiv in Kontakt mit dem Verein treten“, sagte er im Kulturauss­chuss. Die bisherigen Entwürfe könnten noch nicht die Blaupause für einen nachhaltig­en Betrieb sein. Laut Christine MüllerHorn, Leiterin der Kemptener Museen, sind noch Grundlagen zu ermitteln:

Einschätzu­ng zur Art der Schauräume im Nonnenturm, Landesstel­le für nichtstaat­liche Museen

Erstellung einer Baugeschic­hte – die beauftragt­en Ergebnisse eines Bauforsche­rs könnten die Sanierung noch maßgeblich beeinfluss­en

Analyse der Funde in den Fehlböden – dazu ist ein Forschungs­projekt angedacht

Betriebsko­nzept: Es hänge wesentlich von den Untersuchu­ngsergebni­ssen ab.

„Jetzt muss aber doch mal Butter bei die Fische“, forderte Katharina Schrader (SPD): „Dem Verein gegenüber wird das langsam richtig unfair.“Mit ihrer Parteikoll­egin Regina Liebhaber ist sie einig, dass weitere Vertröstun­gen vermieden werden müssten. Über die Sanierung des in Teilen aus dem Jahr 1357 stammenden Objekts wird seit mindestens 15 Jahren diskutiert. Auch Barbara Haggenmüll­er (Grüne) hatte in den Haushaltsb­eratungen im vergangene­n Jahr eigentlich Zeichen entdeckt, dass eine konkrete Umsetzung bevorstehe. Bernadette Mayr zufolge hatten die 70 Vereinsmit­glieder ebenfalls mit einer Formulieru­ng der entspreche­nden Anträge im Jahr 2019 und einem Baubeginn 2020 gerechnet.

Handlungsb­edarf sei da, räumte Richard Schießl ein, als Referent zuständig sowohl für Kultur als auch für die Finanzen: „Den Zeitplan muss man aber im Zusammenha­ng mit anderen Projekten sehen.“OB Kiechle verwies auf große Not bei den Kitas: „Es gibt einfach wichtige Dinge.“

Hohes Lob spendete Michael Hofer (UB/ÖDP) dem Beginenhau­sverein, der trotz vieler Rückschläg­e „stur weitergear­beitet“habe. Er brachte ein, dass die Arbeit der Beginen (fromme Frauen im sozialen Dienst im Mittelalte­r) in Holland und Flandern noch heute hohe Wertschätz­ung genieße. „Vielleicht lassen sich dort Kontakte knüpfen und reiche Unterstütz­er finden“, riet er.

„Die Sanierung wird mit 600 000 Euro vom Freistaat Bayern gefördert“, hieß es bereits 2015. Weitere 2,3 Millionen sollten verschiede­ne Institutio­nen beisteuern. Die Deutsche Stiftung Denkmalsch­utz beispielsw­eise drückte schon vor Jahren aufs Tempo. Bei den Fördersumm­en standen die Verantwort­lichen in Verbindung mit Spezialist­en. Städtebauf­örderung, Landesamt für Denkmalpfl­ege und Stiftungen waren eingebunde­n. Geld soll über Eintritte, Fördermitt­el, Zuschüsse, Spenden, Fundraisin­g-Aktionen und Vermietung der Veranstalt­ungsräume hereinkomm­en.

„Dem Verein gegenüber wird das langsam richtig unfair.“Katharina Schrader, Stadträtin in Kempten

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Beginenhau­s und Nonnenturm sind mittelalte­rliche Zeugnisse der Baukultur in Kempten. Das Ensemble (grün umrahmt) direkt am Eingang zur historisch­en Altstadt über die St.-Mang-Brücke. Seit Jahren wird über eine Sanierung diskutiert. Ein Baubeginn ist nicht in Sicht, weitere Untersuchu­ngen sind angelaufen.
FOTO: RALF LIENERT Beginenhau­s und Nonnenturm sind mittelalte­rliche Zeugnisse der Baukultur in Kempten. Das Ensemble (grün umrahmt) direkt am Eingang zur historisch­en Altstadt über die St.-Mang-Brücke. Seit Jahren wird über eine Sanierung diskutiert. Ein Baubeginn ist nicht in Sicht, weitere Untersuchu­ngen sind angelaufen.

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