Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Löschwasser und „Hydranten-App“
Nachlese zum Hofbrand in Dürrenbach – Wasserwerk und Feuerwehr erklären das Isnyer System
ISNY - Ein Sachverständiger soll nach SZ-Informationen am heutigen Freitag die Höhe des Sachschadens klären, der beim Heustockbrand in Dürrenbach am vergangenen Montag entstanden ist. Einsatzkräfte vor Ort hatten ihn in einer „ersten groben Schätzung“auf über 200 000 Euro beziffert – allein am Gebäude.
Der Tenne waren am Tag danach die Spuren des Unglücks deutlich anzusehen: Im Dach der Scheune klaffen Brandlöcher, Teile der Nord- und Südfassade haben die Feuerwehrler aus Isny und Leutkirch bis unter die Dachkante aufgerissen, um das qualmende und lodernde Heu mit zwei Baggern ins Freie zu ziehen. Auch diesen Verlust muss der Sachverständige taxieren.
Noch während des gesamten Dienstags zog dichter, weißer Qualm über die kleine Ortschaft am Fuße der Adelegg, die zu Großholzleute gehört. Auf einer Wiese südwestlich des Anwesens lagen weit auseinandergezogen die großteils schwarz verkohlten Heuhaufen. Beim Nähertreten war immer noch Hitze spürbar – auch mehr als 24 Stunden, nachdem die Feuerwehren aus Isny und Leutkirch mit rund 60 Einsatzkräften, zwei Drehleitern und jeder Menge Atemschutzausrüstung zu retten versucht hatten, was noch zu retten war. „Die Familie hat Glück im Unglück gehabt“, erklärte ein Polizist, der auch vor Ort war, diese Woche im Rückblick. Immerhin seien Wohnhaus und auch der Stall, aus dem das Vieh vorsorglich geholt worden war, unversehrt geblieben.
Hydrant direkt neben dem Hof Schon in den ersten Minuten des Einsatzes war für die Feuerwehr die Löschwasserversorgung ein zentrales Thema. Zwar steht direkt neben dem betroffenen Hof ein Hydrant. Doch die Wassermenge , die ihm entnommen werden kann, sei allenfalls ausreichend „für einen Spontanangriff und zur Personenrettung“, erklärt Berthold Abt. Er ist als Chef des städtischen Wasserwerks auch für die Löschwasserversorgung in ganz Isny zuständig.
Die Leitung in Dürrenbach habe einen Durchmesser von zehn Zentimetern und könne 30 Kubikmeter Wasser pro Stunde liefern. Für ein „Schadensereignis“wie am Montag brauche die Feuerwehr aber das Dreifache, weiß Abt. „Den Fehlbedarf müssen die Wehrler aus Gewässern decken“.
Netzwerk hat gut funktioniert
Das bestätigte Isnys stellvertretender Kommandant Lukas Pfeifer, und die Situation gelte für sämtliche Anwesen am westlichen Fuße der Adelegg, in Dürrenbach ebenso wie in Wehrlang, „von Großholzleute bis Rohrdorf, dort brauchen wir immer öffentliche Gewässer.“Die Feuerwehr hatte am Montag eine Leitung zur Unteren Argen gelegt, wegen des Niedrigwassers reichte die Menge aber nicht aus.
Pfeifer schilderte, dass gleich zu Beginn solcher Einsätze nach Landwirten gefragt werde, die mit Güllefässern weiteres Löschwasser beschaffen können. Bei der Feuerwehr, auch in der Abteilung Großholzleute, gebe es glücklicherweise Landwirte, die Bescheid wüssten: „Dann geht das Netzwerk los, jeder hilft jedem, das hat wieder gut funktioniert, obwohl diese Helfer nicht ständig parat stehen“, sagte Pfeifer.
Nachdem das Heu aus der Dürrenbacher Scheune gebracht und auf der Wiese verteilt worden war, seien die Heuhaufen wegen des starken Windes in der Nacht zum Dienstag immer wieder aufgeflammt. Ein besorgter Anwohner habe noch einmal die Feuerwehr gerufen. „Aber lieber einmal zu viel als zu wenig“, betonte Vize-Kommandant Pfeifer. Bis um 8 Uhr des folgenden Morgens sei eine Brandwache abgestellt worden, denn: „Wir durften nicht zu viel löschen, die Untere Argen ist Wasserschutzgebiet, das wäre alles dorthin gelaufen, und deshalb konnten wir auch keinen Schaumteppich legen“, schilderte Pfeifer weiter. ANZEIGE
Die problematische Versorgung mit Löschwasser im Isnyer Außenbereich hatte Kommandant Markus Güttinger in seinem Jahresbericht 2017 im Gemeinderat angesprochen. Daraufhin hätten die Verantwortlichen im Wasserwerk „alle Hydranten und Leitungen durchgerechnet“und die Daten in Karten eines sogenannten „Geo-Informations-Systems“(GIS) eingepflegt, auf das die Feuerwehr nun Zugriff hat, schilderte Berthold Abt diese Woche. „Am 8. August gab es eine Schulung und wir haben der Wehr die entsprechenden Tablets übergeben.“
Mit den mobilen Geräten sei an allen Straßen, Gebäuden oder Hydraten abrufbar, welche Leistungsfähigkeit das Wasserleitungsnetz dort hat. Außerdem seien ins GIS auch Zisternen und Teiche eingearbeitet, „alles, was wir wissen“, erklärte Abt.
Eigentümer sind verantwortlich Letzteres sei erfolgt, weil laut Feuerwehrgesetz zwar die Stadt für die Löschwasserversorgung zuständig wäre, Bürgermeister Manfred Behrning seinerzeit die Verantwortlichkeit aber an die Eigentümer „abdelegiert“habe, weil die Versorgung im Außenbereich nicht von der öffentlichen Hand geleistet werden könne.
„Wir müssten riesige Leitungen bauen, weil im Notfall viel mehr benötigt wird“, erklärte Abt. Für einen sogenannten „Grundschutz“im Brandfall wie in Dürrenbach wäre eine Schüttung von 48 Kubikmetern Wasser pro Stunde nötig. Würde das Wasser aus den großen Leitungen indes nicht benutzt, „wird es abständig und wir bekommen Hygiene-Probleme“, sagte Abt.
Lukas Pfeifer merkte an, in Dürrenbach habe jeder bei der Wehr von der geringen Versorgung gewusst. Nützlich werde die neue „Hydranten-App“dagegen vor allem in den Ortschaften und im Isnyer Stadtgebiet. Jetzt könnten zentrale Fragen viel schneller geklärt werden: „Haben wir eine Ring- oder Stichleitung? Wo ist die nächste Leitung, die mehr Wasser liefert? Wo ist eine Zisterne? – Da wird’s interessant.“
Zwei Videos zum Brand des Bauernhofes in Dürrenbach finden Sie unter: