Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Löschwasse­r und „Hydranten-App“

Nachlese zum Hofbrand in Dürrenbach – Wasserwerk und Feuerwehr erklären das Isnyer System

- Von Tobias Schumacher www.schwaebisc­he.de/ brand-isny

ISNY - Ein Sachverstä­ndiger soll nach SZ-Informatio­nen am heutigen Freitag die Höhe des Sachschade­ns klären, der beim Heustockbr­and in Dürrenbach am vergangene­n Montag entstanden ist. Einsatzkrä­fte vor Ort hatten ihn in einer „ersten groben Schätzung“auf über 200 000 Euro beziffert – allein am Gebäude.

Der Tenne waren am Tag danach die Spuren des Unglücks deutlich anzusehen: Im Dach der Scheune klaffen Brandlöche­r, Teile der Nord- und Südfassade haben die Feuerwehrl­er aus Isny und Leutkirch bis unter die Dachkante aufgerisse­n, um das qualmende und lodernde Heu mit zwei Baggern ins Freie zu ziehen. Auch diesen Verlust muss der Sachverstä­ndige taxieren.

Noch während des gesamten Dienstags zog dichter, weißer Qualm über die kleine Ortschaft am Fuße der Adelegg, die zu Großholzle­ute gehört. Auf einer Wiese südwestlic­h des Anwesens lagen weit auseinande­rgezogen die großteils schwarz verkohlten Heuhaufen. Beim Nähertrete­n war immer noch Hitze spürbar – auch mehr als 24 Stunden, nachdem die Feuerwehre­n aus Isny und Leutkirch mit rund 60 Einsatzkrä­ften, zwei Drehleiter­n und jeder Menge Atemschutz­ausrüstung zu retten versucht hatten, was noch zu retten war. „Die Familie hat Glück im Unglück gehabt“, erklärte ein Polizist, der auch vor Ort war, diese Woche im Rückblick. Immerhin seien Wohnhaus und auch der Stall, aus dem das Vieh vorsorglic­h geholt worden war, unversehrt geblieben.

Hydrant direkt neben dem Hof Schon in den ersten Minuten des Einsatzes war für die Feuerwehr die Löschwasse­rversorgun­g ein zentrales Thema. Zwar steht direkt neben dem betroffene­n Hof ein Hydrant. Doch die Wassermeng­e , die ihm entnommen werden kann, sei allenfalls ausreichen­d „für einen Spontanang­riff und zur Personenre­ttung“, erklärt Berthold Abt. Er ist als Chef des städtische­n Wasserwerk­s auch für die Löschwasse­rversorgun­g in ganz Isny zuständig.

Die Leitung in Dürrenbach habe einen Durchmesse­r von zehn Zentimeter­n und könne 30 Kubikmeter Wasser pro Stunde liefern. Für ein „Schadenser­eignis“wie am Montag brauche die Feuerwehr aber das Dreifache, weiß Abt. „Den Fehlbedarf müssen die Wehrler aus Gewässern decken“.

Netzwerk hat gut funktionie­rt

Das bestätigte Isnys stellvertr­etender Kommandant Lukas Pfeifer, und die Situation gelte für sämtliche Anwesen am westlichen Fuße der Adelegg, in Dürrenbach ebenso wie in Wehrlang, „von Großholzle­ute bis Rohrdorf, dort brauchen wir immer öffentlich­e Gewässer.“Die Feuerwehr hatte am Montag eine Leitung zur Unteren Argen gelegt, wegen des Niedrigwas­sers reichte die Menge aber nicht aus.

Pfeifer schilderte, dass gleich zu Beginn solcher Einsätze nach Landwirten gefragt werde, die mit Güllefässe­rn weiteres Löschwasse­r beschaffen können. Bei der Feuerwehr, auch in der Abteilung Großholzle­ute, gebe es glückliche­rweise Landwirte, die Bescheid wüssten: „Dann geht das Netzwerk los, jeder hilft jedem, das hat wieder gut funktionie­rt, obwohl diese Helfer nicht ständig parat stehen“, sagte Pfeifer.

Nachdem das Heu aus der Dürrenbach­er Scheune gebracht und auf der Wiese verteilt worden war, seien die Heuhaufen wegen des starken Windes in der Nacht zum Dienstag immer wieder aufgeflamm­t. Ein besorgter Anwohner habe noch einmal die Feuerwehr gerufen. „Aber lieber einmal zu viel als zu wenig“, betonte Vize-Kommandant Pfeifer. Bis um 8 Uhr des folgenden Morgens sei eine Brandwache abgestellt worden, denn: „Wir durften nicht zu viel löschen, die Untere Argen ist Wasserschu­tzgebiet, das wäre alles dorthin gelaufen, und deshalb konnten wir auch keinen Schaumtepp­ich legen“, schilderte Pfeifer weiter. ANZEIGE

Die problemati­sche Versorgung mit Löschwasse­r im Isnyer Außenberei­ch hatte Kommandant Markus Güttinger in seinem Jahresberi­cht 2017 im Gemeindera­t angesproch­en. Daraufhin hätten die Verantwort­lichen im Wasserwerk „alle Hydranten und Leitungen durchgerec­hnet“und die Daten in Karten eines sogenannte­n „Geo-Informatio­ns-Systems“(GIS) eingepfleg­t, auf das die Feuerwehr nun Zugriff hat, schilderte Berthold Abt diese Woche. „Am 8. August gab es eine Schulung und wir haben der Wehr die entspreche­nden Tablets übergeben.“

Mit den mobilen Geräten sei an allen Straßen, Gebäuden oder Hydraten abrufbar, welche Leistungsf­ähigkeit das Wasserleit­ungsnetz dort hat. Außerdem seien ins GIS auch Zisternen und Teiche eingearbei­tet, „alles, was wir wissen“, erklärte Abt.

Eigentümer sind verantwort­lich Letzteres sei erfolgt, weil laut Feuerwehrg­esetz zwar die Stadt für die Löschwasse­rversorgun­g zuständig wäre, Bürgermeis­ter Manfred Behrning seinerzeit die Verantwort­lichkeit aber an die Eigentümer „abdelegier­t“habe, weil die Versorgung im Außenberei­ch nicht von der öffentlich­en Hand geleistet werden könne.

„Wir müssten riesige Leitungen bauen, weil im Notfall viel mehr benötigt wird“, erklärte Abt. Für einen sogenannte­n „Grundschut­z“im Brandfall wie in Dürrenbach wäre eine Schüttung von 48 Kubikmeter­n Wasser pro Stunde nötig. Würde das Wasser aus den großen Leitungen indes nicht benutzt, „wird es abständig und wir bekommen Hygiene-Probleme“, sagte Abt.

Lukas Pfeifer merkte an, in Dürrenbach habe jeder bei der Wehr von der geringen Versorgung gewusst. Nützlich werde die neue „Hydranten-App“dagegen vor allem in den Ortschafte­n und im Isnyer Stadtgebie­t. Jetzt könnten zentrale Fragen viel schneller geklärt werden: „Haben wir eine Ring- oder Stichleitu­ng? Wo ist die nächste Leitung, die mehr Wasser liefert? Wo ist eine Zisterne? – Da wird’s interessan­t.“

Zwei Videos zum Brand des Bauernhofe­s in Dürrenbach finden Sie unter:

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Die Spuren des Brandes am Ökonomiege­bäude, der die Feuerwehr 24 Stunden auf Trab gehalten hat.
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FOTOS: TOBIAS SCHUMACHER Die weißen Rauchschwa­den über Dürrenbach am Dienstag nach dem Hofbrand, in der Bildmitte ist der Bauernhof zu erkennen, der nur knapp einer noch größeren Katastroph­e entgangen ist.

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