Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Und wer setzt jetzt die Impulse?

Was der lange Ausfall von Mittelfeld­spieler Thiago für den FC Bayern München bedeutet

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - An Allerheili­gen konnte Bayern-Trainer Niko Kovac schon wieder ein bisschen lächeln, er fühlte sich auch nicht mehr so einsam auf dem Trainingsp­latz an der Säbener Straße.

Denn James Rodríguez, Arjen Robben, Mats Hummels und Jérôme Boateng, zuvor erkrankt oder angeschlag­en, konnten wieder mitmachen, dürften beim Heimspiel am Samstag gegen Freiburg (15.30/Sky) zur Verfügung stehen.

Die Schock-Diagnose vom Mittwoch hat man jedoch noch nicht ganz verdaut. Spielmache­r Thiago, neben Stürmer Robert Lewandowsk­i zuletzt der wichtigste und unersetzba­rste Bayern-Profi, wird wohl bis zur Winterpaus­e ausfallen. Damit auch beim Ligagipfel am 10. November beim erfrischen­d spielenden Tabellenfü­hrer Borussia Dortmund, dem bedeutends­ten Spiel der Bayern bis Weihnachte­n.

Gibt jetzt Müller den Thiago?

Bei einem Foul während des 2:1 im DFB-Pokal bei Rödinghaus­en riss bei Thiago das vordere Außenband sowie die Gelenkkaps­el im rechten Sprunggele­nk. Erst der Rumpelfußb­all, das erschrecke­nd schwache 2:1 beim Viertligis­ten trotz starkem Beginn – und dann das. Nach den Toren von Sandro Wagner und Thomas Müller per Elfmeter riss der Faden. Renato Sanches, zuvor dynamisch und zielstrebi­g, knallte im Übermut den zwieten Elfmeter an die Latte. „Nach dem verschosse­nen Elfmeter ist alles wie weggeblase­n gewesen“, schimpfte Kovac, „wir haben überhaupt nicht mehr gespielt, wie ich mir das vorgestell­t habe.“

Noch mehr jedoch als das spielerisc­h maue Weiterkomm­en dürfte ihn die Personalie Thiago beschäftig­en. Bereits vor dem nächtliche­n Rückflug und der Diagnose meinte der Trainer geknickt: „Die Verletzung von Thiago ist natürlich ärgerlich. Wir werden immer weniger, jetzt sind die anderen Spieler umso mehr gefordert.“

Beim SV Rödinghaus­en hatten neben den Langzeitve­rletzten Kingsley Coman (Comeback für Januar angestrebt) und Corentin Tolisso (Sommer 2019) auch James, Robben, Hummels und Boateng kurzfristi­g passen müssen. Kovac musste drei U23Spieler aus der eigenen Regionalli­gamannscha­ft mit in den Profi-Kader nehmen. Rächt sich jetzt der zu dünne Kader, den man – ohne Not – Ende August noch durch die Verkäufe von Sebastian Rudy und Juan Bernat verschlank­t hatte?

Der Verlust von Thiago ist nur deswegen ein herber Rückschlag. Der Spanier, bislang in dieser Saison in 14 von 15 Pflichtspi­elen auf dem Platz, ist die Schaltzent­rale der Mannschaft, der Architekt im Spielaufba­u. Er war es, der den Ball laufen ließ, mit Esprit für Druck nach vorne sorgte. Auch weil Kovac seine Position stärkte und ihn von der Sechserauf die Achterposi­tion vorschob, fand Bayern den Weg aus der Krise und gewann, wenn auch nicht spektakulä­r und aufregend spielend, zuletzt viermal hintereina­nder. Ohne Thiago droht das Spiel noch statischer und ideenloser zu werden.

Kovac und den zuletzt müden Bayern fehlt nun ihr bester Fußballer. Es wird eine echte Prüfung – inklusive der Frage, wer den 27-Jährigen ersetzen soll? Der offensiver­e James muss jetzt mehr spielerisc­he Impulse vor dem Sechser Javi Martínez – der allerdings seit Wochen in der Krise ist und womöglich von Renato Sanches oder auch Joshua Kimmich ausgetausc­ht werden könnte– geben. Thomas Müller, bis Dienstag in der Torkrise, dürfte nun als Achter gesetzt sein – so schnell kann's gehen.

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FOTO: IMAGO Bayerns Thiago ahnte schon am Dienstag, dass er sich schwerer verletzt haben könnte. So war es.

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