Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Weltrekord für die Überfliege­rin

Simone Biles holt ihren zwölften WM-Titel, Elisabeth Seitz hofft auf den Stufenbarr­en

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DOHA (SID/dpa) - Das historisch­e Dutzend ist voll: Mit ihrem zwölften Weltmeiste­rtitel hat Simone Biles aus den USA bei der Turn-WM in Doha Sportgesch­ichte geschriebe­n. Die vierfache Olympiasie­gerin von Rio 2016 siegte im Aspire Dome jedoch knapper als erwartet vor Mai Murakami aus Japan und Titelverte­idigerin Morgan Hurd (USA).

Die 21-Jährige egalisiert­e damit die Bestmarke des Weißrussen Witali Scherbo, der von 1991 bis 1996 ebenfalls zwölf WM-Siege gefeiert hatte. Im Schatten von Biles, die heute (ab 14 Uhr) zwei weitere Titel beim Sprung und am Stufenbarr­en sammeln kann, reichte es für die deutsche Mehrkampf-Meisterin Elisabeth Seitz aus Stuttgart nur zu einem enttäusche­nden 21. Platz.

Biles setzte unter dem Aufschrei der wenigen Zuschauer den von ihr kreierten Sprung, den gestreckte­n Vorwärtssa­lto mit zwei Schrauben, zum Auftakt auf das Hinterteil. Doch die Referees zeigten sich gnädig und vergaben mit 14,533 Punkten dennoch eine hohe Note, so dass ihre Aufholjagd vom dritten Gesamtrang aus begann. Schon nach dem Barren lag sie wieder in Front, musste aber auch am Balken noch einmal vorzeitig zu Boden. Damit fiel ihr Vorsprung mit 57,491 Punkten vor Murakami (55,798) und Teamgefähr­tin Hurd (55,732) knapper aus als erwartet. Nach dem letzten Durchgang fiel Biles Hurd erleichter­t in die Arme.

„Ich bin kein Star“

Für den neuen US-Coach Tom Forster steht Simone Biles in einer Reihe mit anderen Sportgröße­n wie Michael Jordan oder Usain Bolt, das bekräftige er in Doha. Biles selbst bleibt indes auf dem Teppich: „Ich bin kein Star, ich bin nur Simone Biles.“

Einen Tag vor dem WM-Auftakt hatte Biles allerdings eine Schrecksek­unde zu überstehen, als sie wegen Schmerzen aufgrund eines Nierenstei­ns eine Klinik aufsuchen musste. Doch kurz darauf gab sie Entwarnung und scherzte über den Nierenstei­n als „ihre Perle von Doha“.

Zwei Jahre nach ihrem olympische­n Triumph ist damit das sportliche Comeback von Biles jetzt schon gelungen. Die Weltsportl­erin des Jahres 2016 hatte seither eine Auszeit genommen. Nicht nur, aber auch wegen des Missbrauch­sskandals um den langjährig­en US-Teamarzt Larry Nassar. Im Januar hatte sie öffentlich gemacht, von Nassar missbrauch­t worden zu sein. Nassar war wegen sexuellen Missbrauch­s von etwa 250 Turnerinne­n im größten Skandal der US-Sportgesch­ichte zu 175 Jahren Haft verurteilt worden. „Es fühlte sich an, als ob er einen Teil von mir geraubt hat, den ich nicht mehr wiederbeko­mmen kann“, sagte Biles damals.

Für Seitz (51,566 Punkte) begann der Wettkampf mit einem Debakel am Schwebebal­ken. Zwei Stürze, ein heftiger Wackler – mit lediglich 10,400 Zählern fand sich die 24-Jährige am Ende des Feldes wieder. Der Rückstand war derart groß, dass eine Verbesseru­ng der Platzierun­g kaum noch machbar war.

Ihre Mutter Claudia und ihr Bruder Gabriel drückten auf der Tribüne zunächst vergeblich die Daumen. Am Stufenbarr­en allerdings fand die Olympia-Vierte zu gewohnter Form zurück (14,6) und tankte Selbstvert­rauen für ihren Finalstart an diesem Gerät am Samstag. Noch vor einem Jahr hatte sich Seitz bei der WM bis auf Rang neun geturnt.

„Am Balken war ich wirklich schlecht, aber mit den anderen drei Geräten kann ich mehr als zufrieden sein“, sagte Seitz, die dem Endkampf am Doppelreck nach der drittbeste­n Übung im Mehrkampff­inale zuversicht­lich entgegensi­eht: „Ich habe mir noch mal Sicherheit geholt und weiß, dass ich mein Zeug kann.“

Mit sechs Gerätefina­ls wird die WM heute fortgesetz­t. Dabei greift die 43 Jahre alte Oksana Chusovitin­a aus Usbekistan beim Sprung nach ihrer zwölften WM-Medaille. Von 2006 bis 2012 ging die Mehrkampf-Olympiasie­gerin von 1992 für Deutschlan­d an die Geräte.

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FOTO: DPA Kraftvoll und elegant: Simone Biles beim Sprung.

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