Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Kritik an den Plänen für Jahrhunder­t-Projekt

Der Gewerbe- und Handelsver­ein Weingarten sieht einige Defizite beim Siegerentw­urf fürs Schuler-Areal

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - „Ein bisschen besser als befürchtet“, sagt Karl-Anton Feucht, der Vorsitzend­e des Weingarten­er Gewerbe- und Handelsver­eins (GHV), über den Siegerentw­urf des Schuler-Areals. „Der Entwurf hat eine lockerere Bauweise. Das scheint eine gute Entscheidu­ng.“Im Vergleich zu den anderen eingereich­ten Modellen. Den Erwartunge­n des GHV wird der Entwurf des Stuttgarte­r Architektu­rbüros „Ackermann + Raff “allerdings nicht gerecht. Zu wenig Gewerbe, kaum Vermischun­g und ein abgegrenzt­es Wohnquarti­er sieht Feucht. Es habe an Mut gefehlt, etwas Modernes und Lebendiges zu schaffen. Die Innenstadt werde auch in Zukunft große Probleme haben. Verantwort­lich dafür sei aber nicht der Investor, sondern vielmehr die Stadtverwa­ltung.

„Die Stadt hatte Einfluss auf die Verteilung der Flächen nehmen können. Der Investor hat nur die Vorgaben umgesetzt“, meint Feucht enttäuscht. Obwohl der GHV immer wieder auf eine gesunde Vermischun­g hingewiese­n und für „innovative­s Gewerbe, Bildung und pulsierend­es Leben“geworben habe, seien die Anregungen von der Stadt nicht in die Vorplanung mit aufgenomme­n worden. „Die Ausgewogen­heit fehlt. Wir hätten gehofft, dass der Anteil an Gewerbe größer wird“, sagt Feucht. „Es gibt wenige Flächen, die für Gewerbe und Einzelhand­el zugelassen sind. Und das Gewerbe darf nur sehr leise sein und nicht stören. Eine wirkliche Entwicklun­g zu einem lebendigen Stadtteil ist damit nicht oder nur sehr eingeschrä­nkt möglich.“

Greifbar werde das am zentralen Quartiersp­latz. Da drum herum kein Gewerbe zugelassen ist, werde das ein Platz nur für die Anwohner. Cafés und Bars, Räumlichke­iten für Studenten oder Start-ups oder Ateliers sind nicht vorgesehen. „Es gibt kaum Möglichkei­ten, sich wirklich lebhaft zu entfalten. Es ging um den Schutz der Wohnbebauu­ng“, erklärt Feucht. In so ein Quartier würden sich kaum Touristen oder andere Weingarten­er verirren, wenn es keine Anreize gäbe. Eine gesunde Vermischun­g und die dringend benötigte Innenstadt­entwicklun­g werde dadurch umso schwierige­r.

Etwas besser gelöst sei die Frage des Gewerbes um den erweiterte­n Münsterpla­tz. So zum Beispiel rund um die Alte Post. Zwar sei es bedauerlic­h, dass das Gebäude abgerissen und nicht integriert werde könne, doch die Pläne für die Bebauung an dieser Stelle entspreche­n den Vorstellun­gen des GHV. So ist geplant, in der Mitte des erstens Blocks der Wohnbebauu­ng eine Grünfläche vorzuhalte­n. Diese soll jedoch in das erste Obergescho­ss verlagert werden, sodass im Erdgeschos­s des Wohnblocks Flächen für einen Supermarkt zur Verfügung stehen. Genau dieses Modell würde sich Feucht auch für einen weiteren Wohnblock in der direkten Umgebung wünschen. Allerdings sehen die Pläne das aktuell nicht vor.

Produktion wäre zu laut

Eine andere Baustelle sieht der GHV an der Schussenst­rasse gegenüber der Aral-Tankstelle. In einem ersten Entwurf war dort ein Gebäude mit dem Schlagwort „Arbeiten“eingezeich­net. Im Siegerentw­urf wurde das Gebäude nun mit „Arbeiten/ Wohnen“betitelt. Dadurch sinken die zugelassen­en Dezibel-Zahlen, was wiederum Produktion­sstätten wegen des Arbeitslär­ms in Richtung Baienfurt unmöglich machen würde. Besonders brisant: Dort gibt es bereits entspreche­ndes Gewerbe. „In den Randbereic­hen Richtung Norden Schussenst­raße muss noch eine Überarbeit­ung stattfinde­n, damit die Betriebe mit Bestandsch­utz dort weiter arbeiten und existieren können“, fordert Feucht.

Handlungsb­edarf sieht er darüber hinaus auch in Sachen Verkehr. Besonders die Zufahrten zum Gebiet und der Verkehrsfl­uss müssten noch verbessert werden, da die zusätzlich­e Belastung durch die Anwohner und Beschäftig­ten im Gebiet aktuell noch nicht berücksich­tigt seien. Zwar soll es eine Tiefgarage geben, doch Feucht fände es hilfreich, wenn es Parkplätze zur freien Verfügung im Gebiet geben würde. So könnten Besucher stadtnah parken und Dienstleis­ter ihren Kunden und Mitarbeite­rn einen Stellplatz anbieten. „Die Probleme der Innenstadt sind nicht weg. Da braucht es noch große Anstrengun­gen“, meint Feucht, der nicht nur Stadt und Investor, sondern auch den GHV selbst in der Verantwort­ung sieht. Daher verspricht er: „Der GHV wird mit dem Investor I+R sprechen und an der Lösung der Probleme mitarbeite­n.“

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Karl-Anton Feucht vom Gewerbeund Handelsver­ein Weingarten ist nicht ganz zufrieden mit dem Siegerentw­urf.

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