Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wiggensbac­her müssen Wasser abkochen

Gesundheit­samt entdeckt Keime im Hochbehält­er – Bei Menschen mit schwacher Abwehr sei eine gesundheit­liche Gefährdung möglich

- Von Aimée Jajes

WIGGENSBAC­H - Das Oberallgäu­er Gesundheit­samt hat für die Marktgemei­nde Wiggensbac­h sowie deren Ortsteile Ermengerst und Westenried eine „Abkochanor­dnung“verhängt: Das Trinkwasse­r muss vor dem Verzehr einmal sprudelnd abgekocht werden – in speziellen Fällen sind sogar drei Minuten nötig. Grund sind Keime, die das Gesundheit­samt im Hochbehält­er in Westenried entdeckt hat.

Aufgrund der Wasserknap­pheit in den beiden Quellen der Gemeinde fahren derzeit Tankfahrze­uge täglich zusätzlich 100 000 Liter Wasser von Kempten nach Wiggensbac­h. Als das bekannt wurde, führte das Gesundheit­samt besondere Kontrollen durch. Jetzt hat die Behörde im Hochbehält­er sogenannte „coliforme Keime“entdeckt. Diese seien nicht zwangsläuf­ig krankheits­erregend, sagt Brigitte Klöpf, Sprecherin am Landratsam­t. Vielmehr hätte diese Art von Keimen eine Indikatorf­unktion – sie deuten auf „einen nicht ordnungsge­mäßen Zustand im Versorgung­ssystem“. Allerdings sei bei Menschen, deren Abwehr geschwächt ist, „eine gesundheit­liche Gefährdung nicht auszuschli­eßen“.

Wie die Keime in den Hochbehält­er gelangt sind – ob aus den Quellen oder durch den Transport –, das könne man aktuell nicht nachvollzi­ehen, sagt Klöpf. Der Wiggensbac­her Bürgermeis­ter Thomas Eigstler hingegen kann sich nicht vorstellen, dass die Verunreini­gung aus den Quellen kommt. Schließlic­h sorgten dort UVAnlagen für keimfreies Wasser. Aber auch die Tankfahrze­uge, die das Wasser derzeit nach Wiggensbac­h fahren, seien für Lebensmitt­ellieferun­gen zertifizie­rt. „Wir können es uns selber nicht erklären“, sagt Eigstler. Die Verunreini­gung sei sehr gering, aber vorhanden. Deswegen seien die Vorkehrung­en wichtig.

Weitere Untersuchu­ngen

Um Hochbehält­er und Leitungen zu reinigen, werde derzeit Chlor ins Wasser gegeben, sagt Klöpf. Wie lange die Wiggensbac­her ihr Wasser noch abkochen müssen, das stehe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. In den nächsten Tagen folgen weitere Untersuchu­ngen.

Aus „Gründen des vorsorglic­hen Gesundheit­sschutzes“dürfen Menschen das Wasser in Wiggensbac­h, Ermengerst und Westenried also erst nutzen, wenn sie es vorher „einmalig sprudelnd abgekocht“haben. In besonderen Fällen sollte das Wasser sogar drei Minuten abgekocht werden. Duschen und baden sei kein Problem, sagt Klöpf. Allerdings sollte das Wasser auch dann nicht getrunken werden oder auf offene Wunden gelangen. Auch Landwirte müssen das Wasser abkochen, mit dem sie Milchgesch­irr reinigen.

An der Wasserknap­pheit in den beiden Quellen werde sich indes wohl so schnell nichts ändern, sagt Eigstler. Der Schnee und Regen der vergangene­n Tage sei „ein Tropfen auf den heißen Stein“gewesen. „Bis das Wasser ganz unten ankommt, vergehen mehrere Wochen.“Trotzdem geht der Bürgermeis­ter davon aus, dass ab Ende kommender Woche die Wasserfahr­ten aus Kempten überflüssi­g sind. Denn dann wird Wiggensbac­h über eine Leitung aus Ahegg (Gemeinde Buchenberg) ans Fernwasser­netz angeschlos­sen. 15 Jahre lang war diese Leitung still gelegt, zuvor belieferte Wiggensbac­h Ahegg über Ermengerst mit Wasser. Diese Lösung sei aber nur mittelfris­tig. „Das hilft uns über den Winter“, sagt Eigstler. Maximal ein bis zwei Jahre werde die Gemeinde die Leitung aus Ahegg nutzen können. Langfristi­g würde sich Wiggensbac­h gern selbst an den Fernwasser­verband anschließe­n.

Müssen die Wiggensbac­her nun mehr fürs Trinkwasse­r zahlen? „Es ist davon auszugehen, dass es teurer wird“, antwortet Eigstler. Durch die Wasserfahr­ten und die Instandset­zung der Leitung nach Ahegg kommen auf die Gemeinde voraussich­tlich Zusatzkost­en in Höhe von 60 000 Euro zu. Vor 2021 werde sich an den Wasserprei­sen allerdings nichts ändern. Auch verweist der Bürgermeis­ter darauf, dass mit 1,19 Euro pro 1000 Liter Wasser die Preise in Wiggensbac­h weit unter dem Landkreis-Durchschni­tt liegen. Auch künftig solle das Wasser in der Gemeinde verhältnis­mäßig günstig bleiben – also unter dem Oberallgäu­er Durchschni­tt.

 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Aus „Gründen des vorsorglic­hen Gesundheit­sschutzes“muss das Wasser in Wiggensbac­h derzeit vor dem Verzehr abgekocht werden. Wie lange diese Anordnung des Oberallgäu­er Gesundheit­samtes gilt, ist allerdings ungewiss.
FOTO: MATTHIAS BECKER Aus „Gründen des vorsorglic­hen Gesundheit­sschutzes“muss das Wasser in Wiggensbac­h derzeit vor dem Verzehr abgekocht werden. Wie lange diese Anordnung des Oberallgäu­er Gesundheit­samtes gilt, ist allerdings ungewiss.

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