Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Lange nicht mehr so gelacht

Mistcapala machen bei den Leutkirche­r Kleinkunst­tagen erfrischen­den Blödsinn

- Von Bernd Guido Weber

LEUTKIRCH - Nein, Lehrer sind sie nicht im Erstberuf. Mit dem pädagogisc­hen Zeigefinge­r – hallo Kabarett aus Weingarten – haben’s die vier aus Landsberg nicht. Dafür bringen Mistcapala eine gehörige Portion an Nonsens und Blödsinn mit, auch mal ohne Tiefgang. Dazu hohe Musikalitä­t, auf einer bunten Palette von Instrument­en, inklusive Belcanto. Das macht richtig Spaß, das Publikum im dicht besetzten Bocksaal lacht sich kringelig.

Schon die gesungene Begrüßung sorgt für gute Laune, die vier haben ja die Mission, auch eher spaßfreie Gegenden zu beglücken. Wobei: Spaßfrei ist das Publikum hier überhaupt nicht, es geht von Anfang an lachend und glucksend mit. Themen wie die Überalteru­ng der Gesellscha­ft, Basteln mit Resthaar und „Deutschlan­d sucht die Superwurst“ziehen sich als roter Faden durchs Programm. Schon in der ersten Szene brilliert Tom Hake, der unbestritt­ene Star des Abends, in seiner Rolle als eidgenössi­scher Grenzbeamt­er. Genial, wie viele Idiome er beherrscht, von Schwyzerdü­tsch über Tschechisc­h und Belgisch bis zum Bayuwarisc­hen, also alle wichtigen Weltsprach­en. Zum Schluss des Sketches darf der unterfränk­ische Dudelsack doch über die Grenze, der Zoll auf Ziegenfell-Einfuhr entfällt. Wunderbar.

Der Kraftwerk-Hit „Das Model“wird veräppelt, der Basser macht mit beherzten Bogenstric­hen das ganze Digital-Gedudel der Computerba­nd obsolet. Tom Hake, der auch als Autor – unter anderem für Schleich und Kinseher – und Komponist aktiv ist, gibt als „Thereminat­or“am ersten elektronis­chen Instrument der Welt, dem Theremin, einen „Händel fürs kleine Orchester“. Hochmusika­lisch und in Schutzklei­dung vor den bösen Elektrostr­ahlen.

„Aus Böhmen kommt die Musik, sie ist der Schlüssel fürs Glück“singt die tschechisc­he Kurkapelle. Vier fantastisc­he Trottel, etwas versoffen, Becherovka. „Wir Tschechen können auch ohne Alkohol lustig sein, aber sicher ist sicher.“Highlight ist die „Bohemian Rhapsody“: Hake singt richtig gut, die anderen stimmen fröhlich ein. Und Achim D., in der ersten Reihe sitzt man beim Kabarett immer gefährlich, darf die Zimbel schlagen. Muss lange auf seinen Einsatz warten, dann macht er’s souverän, nimmt bestens gelaunt großen Applaus entgegen.

Mistcapala scheut nicht die Untiefen. Eine Paraderoll­e für Vitus Fichtel, der schon als Hormon-MormonenCo­wboy seine sexuellen Fantasien ausgeritte­n hat. Als Zugabe nehmen die vier den unsägliche­n Hype um Mittelalte­rmärkte und Diddeldum aufs Korn. Tänzelnd, Bein zu Bein, in hübscher Aufmachung. Befreiend, einfach mal schön blöd sein zu dürfen!

 ?? FOTO: BERND GUIDO WEBER ?? Nein, das ist nicht eine Neuauflage der Gruppe Kraftwerk. Tobias Klug, Armin Federl, Vitus Fichtel und Tom Hake (von links) von Mistcapala inszeniere­n im Bocksaal „Shopping Europa24“mithilfe der Hohner-Blasmelodi­ca. Lustig, lustig!
FOTO: BERND GUIDO WEBER Nein, das ist nicht eine Neuauflage der Gruppe Kraftwerk. Tobias Klug, Armin Federl, Vitus Fichtel und Tom Hake (von links) von Mistcapala inszeniere­n im Bocksaal „Shopping Europa24“mithilfe der Hohner-Blasmelodi­ca. Lustig, lustig!

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