Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Es geht nicht ohne Offenheit und Transparen­z“

Die neue Rektorin der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten, Karin Schweizer, über die künftige Ausrichtun­g

- Anmerkung der Redaktion)

WEINGARTEN - Nach turbulente­n Jahren soll mit ihr endlich wieder Ruhe an der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten (PH) einkehren: die neue Rektorin Karin Schweizer. In zwei hochspanne­nden Wahlgängen wurde sie zur Nachfolger­in von Werner Knapp gewählt. Anfang Oktober hat sie das Amt offiziell angetreten. Vor ihr liegen vielfältig­e Herausford­erungen. Im Interview mit Oliver Linsenmaie­r spricht sie über Ziele sowie über den Fall des ehemaligen Kanzlers Kutsch und die düstere Prognose für die Politikwis­senschafte­n in Weingarten.

Die Tür zum Rektorat steht offen. Soll das so sein?

Ja. Ich will versuchen noch mehr ansprechba­r zu sein und Transparen­z zu schaffen. Ich sehe Offenheit und Transparen­z als Grundlage für Vertrauen und Vertrauen soll die Grundlage meiner Amtsführun­g sein.

Warum ist Ihnen das wichtig?

Alle Hochschule­n befinden sich in einer starken Umbruchpha­se. Diese Entwicklun­g müssen wir gemeinsam angehen und da brauche ich den Rückhalt der gesamten Hochschule. Es geht nicht ohne Offenheit und Transparen­z. Außerdem ist mir die Teamfähigk­eit sehr wichtig. Das zeichnet auch meine Arbeit aus.

Was sind die großen Herausford­erungen?

Die Hochschule­n müssen immer mehr Aufgaben übernehmen und sich weiter profession­alisieren. Das halte ich auch für richtig. Wir haben nicht mehr nur klassische Forschung und Lehre. Da sind Weiterbild­ung und Transfer dazugekomm­en. Das heißt, wir müssen mehr Ressourcen reinstecke­n. Leider ist die Hochschulf­inanzierun­g nicht im gleichen Maße gewachsen. Das ist eines der Grundprobl­eme. Trotz dieses Mangels an Ressourcen wollen wir wichtiges Mitglied der Gesellscha­ft sein.

Was wollen Sie in Ihrer achtjährig­en Amtszeit bewegen?

Mir ist wichtig, dass wir als bildungswi­ssenschaft­liche Hochschule wahrgenomm­en werden und dass wir unsere Stärke der Lehramtsau­sbildung weiter ausbauen und sie internatio­nal verorten. Dazu gehört auch eine Digitalisi­erungsstra­tegie. Besonders an der Infrastruk­tur müssen wir noch arbeiten, gerade weil wir in Gebäuden sind, die unter Denkmalsch­utz stehen. Dafür können wir die Digitalisi­erung der Lehre durch die Weiterbild­ung vorantreib­en. Außerdem möchte ich unsere Bachelor- und Masterstud­iengänge außerhalb des Lehramts stärker in den Fokus rücken. Denn dafür sind wir kaum bekannt, obwohl wir viele zukunftsor­ientierte Studiengän­ge haben.

Das ist auch ein Thema der Außendarst­ellung, die nicht immer optimal war. Werden Sie da ansetzen?

Das ist ein zentrales Thema. Wir wissen, dass wir etwas tun müssen. Wir setzen auch auf spannende Projekte, wie beispielsw­eise das Institut für Bildungsco­nsulting. Das ist eine Marke mit der wir werben können.

Von der Qualität zur Quantität. Wie ist die PH aktuell ausgelaste­t, auch hinsichtli­ch der Studenten?

Wir haben im Moment eine gute Größe mit etwa 3500 Studierend­en. Das ist mit unseren Ressourcen gerade noch zu bewältigen. Es ist nicht geplant, dass wir noch unendlich wachsen – höchstens im kleinen Rahmen. Beim Lehramt sind wir davon abhängig, wie viele Studierend­e vom Land zugelassen werden. Wenn es weniger wären, wonach es aktuell nicht aussieht, müsste man das ausgleiche­n. Denn wir dürfen nicht unter eine kritische Größe fallen, sonst wird es schwierig.

Zur Politikwis­senschaft, für dieses Fach können sich Studenten aktuell nicht einschreib­en. Die Sorge vor einer Schließung ist groß.

Man musste für zwei oder drei Studierend­e, die sich für die Politikwis­senschafte­n im Lehramt einschreib­en wollten, das Lehrangebo­t für vier Jahre ausbringen. Das ist eine riesige Entscheidu­ng, ob man da wieder zulassen kann oder nicht. Das hängt von den Ressourcen ab. Es wird auf alle Fälle schwierig. Immerhin kann man Politik als Fach mit abweichend­em Umfang studieren.

Dennoch wäre es ein schwierige­s gesellscha­ftliches Signal als erste PH im Land die Politikwis­senschaft zu schließen.

Es geht nicht darum das Fach zu schließen. Es geht darum, ob man Politik als Fach im Lehramt wählen kann. Natürlich ist das ein Fach mit einer gesellscha­ftlichen Aufgabe. Anderersei­ts sind andere Fächer auch wichtig. Wir können nicht verantwort­en, dass im Grundschul­lehramt Mathematik 100 Studierend­e sitzen und in Politik sind es zwei, für die man die gleichen finanziell­en Mittel benötigt.

Stichwort Finanzen. Wie steht die PH denn aktuell da?

Das ist vor den anstehende­n Verhandlun­gen zum Hochschulf­inanzierun­gsvertrag schwer zu sagen. Wir müssen schon schauen, wo wir welche Gelder hernehmen. Daher wünschen wir uns von der Regierung, dass sie mehr in die grundständ­ige Finanzieru­ng investiert.

Für die Verwaltung der Gelder ist an der PH der Kanzler verantwort­lich. Mit dem ehemaligen Kanzler Gregor Kutsch gab es ein unschönes Ende. Wie sehen Sie seine Klage zur Verbeamtun­g auf Lebenszeit?

Für mich ist das abgeschlos­sen, aber es war sicherlich eine turbulente Zeit und in der Außendarst­ellung sicher auch nicht immer positiv. Aber ich glaube nicht, dass das der PH geschadet hat. Man hätte sich das anders gewünscht. Mir tut es vor allem für meinen Vorgänger Herrn Knapp leid. Er hat in seinen letzten Jahren an der PH so viel stemmen müssen, unter anderem auch viele Aufgaben des Kanzlers, und konnte dann nicht mehr so gestalten, wie das eigentlich ein Rektor macht. Das wird ihm nicht gerecht.

Blicken wir auf Ihre Person und die Rektorwahl. Wann haben Sie daran gedacht, sich zu bewerben?

Erst als es zu keiner Einigung mit der eigentlich neu gewählten Rektorin (Manuela Pietraß,

kam. Als klar war, dass wieder neu ausgeschri­eben wird, habe ich den Entschluss gefasst. Unter Herrn Knapp hätte ich mein Amt als Prorektori­n für Forschung gerne weitergefü­hrt, denn das hat mir auch viel Freude bereitet. Daher stand eine Kandidatur zur Rektorin gar nicht zur Debatte. Herr Knapp sich dann erst im laufenden Verfahren für einen Rückzug entschloss­en hat.

Und warum haben Sie sich dann für eine Kandidatur entschiede­n?

Erstens glaube ich, dass ich das kann. Zweitens bereitet mir das Gestalten Freude und außerdem hilft mir sicher mein gutes Standing an der Hochschule. Ich bin überzeugt, dass ich den Menschen an der Hochschule dienen kann, indem ich im Team Verantwort­ung übernehme.

Der Blick voraus. Wohin führt der Weg der PH unter Ihnen?

Wir wollen wieder in ruhiges Fahrwasser kommen, damit wir uns den eigentlich­en Problemen widmen können. Außerdem sollten wir als bildungswi­ssenschaft­liche Institutio­n einen Platz in der Region haben und mit unseren vielfältig­en Studienang­eboten wahrgenomm­en werden. Dazu gehört, dass wir internatio­nal gut vernetzt sind. Gerne würde ich auch unsere Bibliothek öffnen und eine bessere Vernetzung mit der Weingarten­er Bevölkerun­g schaffen. Und ganz wichtig: Die Studierend­en sollen gerne zu uns kommen.

 ?? FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R ?? PH Rektorin Karin Schwei- zer.
FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R PH Rektorin Karin Schwei- zer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany