Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wangener warten auf „Gesehenvermerk“
Bahnüberführung an B 32: Verzögerungen wegen „Abstimmungen“zwischen Bund und Land
WANGEN - „Gesehenvermerk“: Was sich im Behördendeutsch anhört wie das formale, vermeintlich rasche Durchwinken eines geplanten Bauprojekts, kann sich durchaus in die Länge ziehen. Zu beobachten ist dies derzeit beim Genehmigungsverfahren für die Bahnüberführung an der B 32 in Wangen, dessen Vorentwurfspläne seit knapp einem Jahr beim zuständigen Bundesministerium liegen und dort abgesegnet werden müssen. Derweil verstreicht die Zeit bis zur erhofften Fertigstellung zur Landesgartenschau weiter – es bleiben nur noch fünfeinhalb Jahre.
Vor rund einem Monat verkündete Axel Müller „gute Nachrichten für Wangen“. Der hiesige CDU-Bundestagsabgeordnete teilte mit, dass laut Deutscher Bahn die Planungen und Baumaßnahmen im Zeitplan seien, und folgert deshalb: „Der Bahnübergang an der B 32 wird rechtzeitig vor der Landesgartenschau 2024 verschwinden.“
Der Zeitplan bis dahin stehe laut Bahn ebenfalls bereits fest: „Die Planunterlagen für das Planfeststellungsverfahren werden zurzeit erstellt. Die Bauarbeiten werden 2021 beginnen und im Laufe von 2023 abgeschlossen sein.“Recherchen der „Schwäbischen Zeitung“haben jedoch ergeben: Hinter der Aussage sollte man wegen aktueller Verzögerungen zumindest ein kleines Fragezeichen setzen.
Rückblick: Vor gut zwei Jahren stimmte der Wangener Gemeinderat der sogenannten Eisenbahnkreuzungsvereinbarung zu, die auch die Kostenverteilung zwischen Bund, Land und Stadt beim insgesamt rund 13 Millionen Euro teuren Verkehrsprojekt regelt. Im Dezember 2017 folgte ein weiterer, formaler Schritt: Die Vorentwurfsunterlagen wurden vom Land ans Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geschickt. Dort wurden diese zwar bereits geprüft, der „Gesehenvermerk“als Voraussetzung für die nächste, wichtige Etappe, die Einleitung des förmlichen Planfeststellungsverfahrens, wurde aber noch nicht erteilt.
Man habe im vergangenen Mai die Unterlagen „mit Prüfungsanmerkungen an die Auftragsverwaltung des Landes Baden-Württemberg zur ergänzenden Bearbeitung zurückgesandt“, heißt es aus Berlin auf SZ-Anfrage hin. Die Vorentwurfsunterlagen würden demnach aktuell vom Land „überarbeitet bzw. ergänzt und dem BMVI anschließend erneut vorgelegt“. Das Regierungspräsidium (RP) Tübingen als ausführende Behörde spricht in diesem Zusammenhang von „noch laufenden Abstimmungen“mit den Ministerien von Bund und Land.
„Erforderliche Ergänzungen, notwendige Abstimmungen“
Das angesprochene Verkehrsministerium (VM) in Stuttgart wird hier etwas konkreter, demnach habe es noch „Rückfragen zur Kostenteilung zwischen den beteiligten Baulastträgern (Bund, DB AG, Stadt Wangen)“gegeben. Dazu habe man Stellung genommen, eine Antwort des BMVI stehe noch aus. Und: „Das VM geht davon aus, dass erforderliche Ergänzungen und notwendige Abstimmungen vom Regierungspräsidium Tübingen zeitnah in den Vorentwurf eingearbeitet werden können, damit eine Projektabstimmung mit dem BMVI durchgeführt und die Erteilung des Gesehenvermerks erneut beantragt werden kann.“Wann dieser Vermerk voraussichtlich erteilt werden könnte, dazu will sich jedoch keine der drei beteiligten Behörden aus Bund und Land äußern.
Beim Blick auf den Zeitplan geben sich aber zumindest Regierungspräsidium und Landesverkehrsministerium zuversichtlich. Letzteres „schätzt aus heutiger Sicht die möglichen Verzögerungen, die aus den laufenden Abstimmungen zur Genehmigung des Vorentwurfs resultieren, als nicht entscheidend im Blick auf den avisierten Fertigstellungstermin in 2024 ein“. Hier seien der Verlauf des anstehenden Planfeststellungsverfahrens sowie die Baumaßnahme selbst mit der „vorlaufenden Bauvorbereitung und der Planung des Bauablaufs von wesentlicher Bedeutung“. Laut RP werden hier derzeit „umfangreiche Unterlagen zur Baustellenlogistik und Bauausführung“vorbereitet. „Das große Ziel ist weiter die Fertigstellung bis 2024“, so ein RP-Sprecher. „Das ist ein ambitionierter Zeitplan, aber wir werden alle Hebel in Bewegung setzen.“
Landesbehörden bleiben beim Zeitplan zuversichtlich
Soll bedeuten: Nach einem erteilten Gesehenvermerk aus Berlin werden zunächst die Planfeststellungsunterlagen erstellt. Bevor das förmliche Planfeststellungsverfahren startet, soll die aktuelle Planung erneut der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Für das Planfeststellungsverfahren geht das Regierungspräsidium „bei normalem Verlauf von einem Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahren“aus. „Normal“heißt ohne größere Verzögerungen, etwa durch Klagen. Bei der Baudauer war bislang immer von etwa drei Jahren die Rede. Unterm Strich könnte es also durchaus eng werden mit der Beseitigung des B32-Bahnübergangs noch vor der Landesgartenschau.
Derweil scheint wenigstens das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) seine Hausaufgabe bereits gemacht zu haben. Das EBA habe seine fachtechnische Stellungnahme – auch eine Voraussetzung für den Gesehenvermerk – versandt. Eine Kopie sei bereits an das Bundesverkehrsministerium und ans RP Tübingen weitergeleitet worden, so ein Sprecher der Deutschen Bahn weiter.
Die Bahn ist, laut Axel Müllers „guten Nachrichten“, ohnehin überzeugt davon, dass die Bahnüberführung bereits 2023 fertig ist.