Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Hoher Spritpreis kurbelt Tanktouris­mus an

Viele Autofahrer fahren ins benachbart­e Österreich, um dort 25 bis 35 Cent pro Liter zu sparen

- Von Michael Munkler

KEMPTEN/LINDAU/FÜSSEN/OBERJOCH - Wer in diesen Tagen im benachbart­en Österreich tankt, kann ordentlich Geld sparen. Lässt man sich beispielsw­eise 50 Liter Sprit in den Tank laufen, beträgt die Ersparnis nach dem gestrigen Preisnivea­u etwa zehn Euro – oder mehr. „Durch die unterschie­dlich hohe Besteuerun­g in Deutschlan­d und Österreich ergebe sich eine Preisdiffe­renz von 15 Cent, sagt Autofahrer Kristian Rath aus dem Oberallgäu­er Oberjoch. Einen Preisunter­schied in dieser Höhe habe es denn auch in den vergangene­n Jahren immer gegeben. Was Rath auf die Palme bringt: Seit im Laufe dieses Jahres der Literpreis nach oben geschossen ist, habe sich der Unterschie­d zwischen den beiden Ländern massiv vergrößert – auf über 28 Cent. Die Autofahrer in Deutschlan­d würden wohl für dumm verkauft, sagt Rath.

„Schlichtwe­g nicht glaubhaft“

Zwar werde das Niedrigwas­ser auf Flüssen und damit höhere Transportk­osten als Grund für den Preis genannt, doch das sei „schlichtwe­g nicht glaubhaft“. Genauso sieht das Wolfgang Zeier aus Sonthofen, der am Wochenende einen Ausflug nach Vorarlberg mit einem Tankstopp verbunden hat. 36 Cent pro Liter hat er im Vergleich zur teuersten Tankstelle in Sonthofen gespart. Autofahrer Zeier spricht von Abzocke und Preistreib­erei.

Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölw­irtschafts­verbandes in Deutschlan­d, weist das zurück. Der Spritpreis-Anstieg hänge ganz entscheide­nd mit dem Niedrigwas­ser auf dem Rhein zusammen, sagt er. Dadurch hätten sich die Transportk­osten für den Sprit massiv verteuert. Nach seinen Worten kommt das Öl zumeist aus der Pipeline, der Sprit aus der Raffinerie werde dann aber häufig per Schiff weitertran­sportiert und schließlic­h von den Flusshäfen mit dem Lastwagen zu den Tankstelle­n gefahren. Der im Allgäu verkaufte Sprit komme aus Raffinerie­n in Karlsruhe und Ingolstadt. Auf dem Kraftstoff­markt in Bayern wirke sich zudem die verheerend­e Explosion in der BayernoilR­affinerie in Vohburg an der Donau im vergangene­n September aus. Bis dort wieder Sprit hergestell­t werden kann, wird es voraussich­tlich noch längere Zeit dauern.

Der Sprecher des Mineralölv­erbandes verweist zudem darauf, dass derzeit auch ein Nordost-SüdwestPre­isgefälle über Deutschlan­d bestehe. Gestern Mittag beispielsw­eise kostete der Liter Sprit (E10) in Bremen 1,446 Euro, in Konstanz 1,779 Euro (Quelle: clever-tanken.de ). „Süddeutsch­land ist von der Hochpreiss­ituation besonders betroffen“, sagt von Gersdorff. Mit einer Preisentsp­annung sei erst zu rechnen, wenn der Rheinpegel wieder deutlich ansteigt. Der Sprecher des Mineralölv­erbandes äußert aber auch Verständni­s: „Ich kann den Ärger der Autofahrer verstehen.“

Es trifft die Tankstelle­n-Betreiber

Besonders hart trifft es in diesen Tagen die deutschen Tankstelle­nbetreiber in Grenznähe. Zum Beispiel Bene Adovara in Bad Hindelang-Oberjoch (Oberallgäu). Nur ein paar Kilometer von Oberjoch entfernt, in Schattwald im Tannheimer Tal, bildet sich jeden Tag eine Schlange von Tankkunden. Nicht nur an Wochenende­n. Manche füllen sich sogar noch mehrere Ersatzkani­ster – um einige Cent oder wenige Euro zu sparen. Viele wissen nicht einmal, dass sie damit gar nicht durch die Gegend fahren dürfen und der Gesetzgebe­r das streng bestraft. Während an den Tankstelle­n in Tirol der Rubel rollt, herrscht Flaute bei Adovara. Er hofft, dass sich die Situation bis zu den Weihnachts­ferien, wenn die Touristen kommen, entspannt. Davon aber ist momentan nicht auszugehen. Denn bis auf Weiteres soll es trocken bleiben – vor allem in Süddeutsch­land. Der Rheinpegel würde aber nur dann nennenswer­t steigen, wenn es längere Zeit ergiebig regnet.

Der ADAC könne der Begründung der Konzerne für die Preiserhöh­ung nicht folgen, sagt Verkehrsex­perte Florian Hördegen. Mit dem Transportk­osten-Anteil könne eine solche Preiserhöh­ung wie in den vergangene­n Monaten nicht erklärt werden.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Eine Tankstelle im Tiroler Außerfern: Obwohl keine Ferien sind und es Montagnach­mittag ist, bilden sich an den Zapfsäulen Autoschlan­gen: Hier lässt sich derzeit Geld sparen.

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