Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Nach der Entbindung allein

Hebammen wollen neue Strukturen schaffen, damit alle Wöchnerinn­en Betreuung bekommen

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KEMPTEN/OBERALLGÄU (se) - Das Baby ist da und mit ihm eine ganz neue Situation im Leben der Mutter. Viele Fragen stellen sich rund um den Säugling. Ein, zwei Tage nach der Entbindung werden heutzutage aber viele Mamis aus der Klinik entlassen. Weil es an Hebammen mangelt, bekommen manche Frauen keine fachgerech­te Nachsorge mehr. Mit einem „Förderprog­ramm Geburtshil­fe“reagiert die Stadt. Auch der Landkreis will einen entspreche­nden Beschluss fassen.

Der Freistaat hat ein Zukunftspr­ogramm aufgelegt und für die kommenden drei Jahre mit 30 Millionen Euro ausgestatt­et. Vor allem geht es um die Sicherung der Geburtshil­fe und Wochenbett­versorgung. Und da liegt manches im Argen: „Längst nicht mehr jede Frau findet eine Nachsorge-Hebamme“, sagt Ingrid Notz, Sprecherin des Vereins Allgäuer Hebammen. Besonders kritisch seien Ferienzeit­en: „Die meisten Kolleginne­n haben selbst Familie.“

Das südliche Oberallgäu sieht sie noch als „relativ gut abgedeckt“, der Kemptener Raum „geht so“, im nördlichen Teil des Landkreise­s „ist es schon sehr mau“. Manche Mutter gehe hier leer aus und sei dann angewiesen auf erfahrene Freundinne­n. Auch die Ärzte könnten den Bedarf nicht auffangen – „da herrscht der gleiche Mangel“. Die klinische Versorgung indes sei gesichert.

Seit Januar haben sich die Hebammen Notz zufolge mit der Analyse der aktuellen Situation auseinande­rgesetzt. Beruhend auf den Daten und Erfahrunge­n der Hebammen sollen Geburtshil­fe und Wochenbett­versorgung künftig neu aufgestell­t werden.

Im Verein sind etwa 60 Fachfrauen zusammenge­schlossen, für den Bereich Kempten-Oberallgäu zählt die Kreissprec­herin des Bayerische­n Landesverb­ands etwa 40 Kräfte. Diese sehen sich steigenden Geburtenza­hlen gegenüber. Gleichzeit­ig ist ihre finanziell­e Situation vor allem geprägt von enormen Versicheru­ngsprämien. „Wer als Freiberufl­erin die Geburtshil­fe mit anbietet, kommt mit Teilzeit nicht auf seine Kosten“, sagt Notz. Wegen eigener familiärer Verpflicht­ungen könnten viele Hebammen aber keine Vollzeit-Beschäftig­ung leisten.

Mit dem Geld aus dem Förderprog­ramm (rund 74 000 Euro, 90 Prozent vom Freistaat) soll eine Koordinati­onsstelle geschaffen werden. Ziele sind, Personal zu gewinnen (auch Reaktivier­ung ausgebilde­ter Kräfte), Logistik zu entwickeln (Vertretung­spläne), Ansprechpa­rtner für werdende Eltern zu stellen und Hebammenpr­axen zu unterstütz­en.

Das europäisch­e Recht erfordert nun die Umstellung der HebammenAu­sbildung zu einem Studiengan­g bis zum Jahr 2020. Das beurteilt Notz aus Sicht der Praktikeri­n: „Es braucht ein gutes Gleichgewi­cht zwischen Praxis und Theorie. Für mich persönlich ist es immer noch ein Handwerksb­eruf.“

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FOTO: ARNO BURGI/DPA Und plötzlich ist alles anders. Viele Fragen stellen sich erst, wenn ein Baby auf der Welt ist. Die Nachsorge ist ein Feld, das Hebammen zurzeit nicht in allen Fällen abdecken können. Ein Förderprog­ramm soll Verbesseru­ngen bringen.

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