Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Günter Herburger seitenweise betrachtet
Mitglieder des Arbeitskreises Literatur machen den verstorbenen Autor aus Isny im Refektorium fassbar
ISNY (rau) - Im Mai ist der aus Isny stammende Schriftsteller Günter Herburger verstorben. Im Refektorium des Schlosses seiner Heimatstadt lasen nun Mitglieder des Arbeitskreises Literatur im Kulturforum e.V. aus seinen Büchern. Es war die letzte Veranstaltung in einer Reihe zum Gedenken an Herburger.
Dass der Schriftsteller einfach zu fassen ist, wird niemand behaupten: Die Vorlesenden versuchten deshalb, sich ihm von verschiedenen Seiten zu nähern und die Vielschichtigkeit Herburgers anhand seiner Werke sichtbar zu machen. Ob Läufer oder Vater, Utopist oder Visionär – in seinem Schreiben lässt sich der politische und private Mensch Herburger aufspüren.
Aber das ist Fleißarbeit: Herburger ist kein leicht fasslicher Autor, seine Bücher wollen erarbeitet sein, wenn nicht sogar erkämpft. Brigitte Blaschko, Hannelore Friedel, Stefanie Kemper, Ingrid Kleebank, Gabriele Koeppel-Schirmer, Herbert Pfeiffer und Erhard Schneider gebührt Hochachtung für die Textauswahl, mit der sie Herburgers Seiten aufdeckten, belegten und begreifbar machten.
Texte aus dem Gesamtwerk wurden durch zurückhaltende Erklärungen ergänzt und ließen den Zuhörern genug Raum für eigene Wahrnehmungen, für eigene Interpretationen. Spürbar volle Aufmerksamkeit erhielten im Publikum jene Passagen, in denen des Autors Vorstellungen vom wahren Allgäu und seine Hassliebe zu Isny zum Tragen kommen. Angesichts seiner kaum verhohlenen Beschreibungen Isnyer Persönlichkeiten und der wilden Fantasie, mit der er diese literarisch in krude Erlebnisse verwickelte, verwundert es nicht, warum er in der Heimatstadt nicht immer gern gesehen war.
Seine Läufer-Geschichten verwickeln den Leser in einen Marathon, aus dem er genauso erschöpft auftaucht, wie der Läufer selbst. Mit seiner Kinderbuchserie über die „Birne“aus den 1970er-Jahren war er seiner Zeit voraus. Manch ein Text Herburgers erinnert an eigene Alpträume – dass er vielfach ausgezeichnet wurde und dennoch nicht unumstritten war, verwundert nicht.
Dank der sorgfältig arrangierten Kulisse war es mehr als nur Lesung. Die Bilder, die passend zu den einzelnen Teilen der Lesung ans schwarze Tuch geworfen wurden, der einsame Stuhl an schwarzem Tisch, und die Vitrine, die den beeindruckenden Umfang seines Werkes zur Schau stellte – das alles machte die 90 Minuten zu einer im besten Sinne dramatischen Hommage an Günter Herburger.