Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Vermieterin klaut Schrank des Mieters
Bad Waldseer schildert absurde Vorkommnisse aus seinem Mietverhältnis
BAD WALDSEE - Was dem Bad Waldseer R. Hader (Name von der Redaktion geändert) widerfahren ist, hört sich nach einem schlechten Drehbuch eines nachmittäglichen Fernsehformats an, das sich räuberischer Kleinkriminalität widmet. Der „Schwäbischen Zeitung“hat der Senior die absurden Vorkommnisse aus seinem Mietverhältnis geschildert.
Seit rund vier Jahren wohnt Hader in der 90-Quadratmeter-Wohnung in der Kurstadt und schon früh habe er die Dreistigkeit seiner Vermieterin zu spüren bekommen. Obwohl die Wohnung mit Garage ausgeschrieben war, habe sie ihm im Nachhinein 30 Euro pro Monat zusätzlich für die Abstellmöglichkeit berechnet. „Das war schon ein versuchter Betrug, sie hat mich gelinkt“, sagt Hader und schüttelt den Kopf. Wie er weiter ausführt, hat die Vermieterin einen Schlüssel für das Zweifamilienhaus, in dem Hader eine Wohnung bezogen hat. „Von Nachbarn weiß ich, dass sie im Haus war, wenn wir nicht da waren“, erklärt er und wundert sich wieder. Doch der eigentliche Stein des Anstoßes kam im Mai ins Rollen.
„Ich hatte nach Absprache mit der Vermieterin im Treppenhaus einen Antiquitäten-Schrank aus dem Jahr 1920 stehen“, skizziert Hader die noch harmlos anmutende Situation. Doch an einem Freitag im Mai konnte er seinen Augen kaum trauen. Als er nach Hause kam und sein Blick in Richtung des abgestellten Möbels schweifte, war dort kein Schrank mehr. Von Nachbarn erfuhr er, dass die Vermieterin am Vormittag mit einem Transporter vor das Haus fuhr. „Die hat den Schrank gestohlen, während wir weg waren“, betont Hader und schaut fassungslos aus dem Fenster.
Schrank bei Hausdurchsuchung gefunden
Er meldete den Vorfall umgehend der Polizei. Und bei einer späteren Hausdurchsuchung bei der Vermieterin wurde der Schrank schließlich sichergestellt. Doch anstatt aufatmen zu können, nahm der Fall nochmals Fahrt auf. So habe die Vermieterin behauptet, dass der Schrank ihr gehört und sie den „Sperrmüll“hier lediglich lagere, um ihn alsbald zu entsorgen. „Aber ich konnte nachweisen, dass es mein Schrank ist. Ich habe Bilder aus früherer Zeit. Den Schrank habe ich nämlich schon 27 Jahre.“Ein Kunsthändler hat das Möbelstück laut Gutachten auf 500 bis 800 Euro geschätzt. „Wenn man ihn restaurieren lässt, ist er sogar 2400 Euro wert“, zeigt Hader den monetären Wert auf.
Der Schrank wurde nach der Hausdurchsuchung gleichwohl von der Staatsanwaltschaft Ravensburg beschlagnahmt und erst Ende Oktober wieder freigegeben. „Ich habe die Vermieterin dann angeschrieben, dass das Diebesgut abgeholt werden kann und sie mir den Schrank wieder hinstellen muss, wo er stand.“Im November brachte sie das Küchenbuffet gemeinsam mit der Polizei zurück. In einem Brief teilte sie Hader anschließend mit, dass er den Schrank in seinen angemieteten Bereich zu stellen hat. Das hat er gemacht.
Wie Hader erklärt, hat die Staatsanwaltschaft Ravensburg das Verfahren eingestellt. Warum? Wegen Geringfügigkeit, teilt die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Ravensburg, Christine Weiss, auf SZ-Anfrage mit. Dem Küchenbuffet wurde nur ein Wert von 200 Euro beigemessen. Außerdem sei die sogenannte Zueignungsabsicht zweifelhaft. „Zueignungsabsicht bedeutet, dass wenn jemand etwas stiehlt, er auch die Absicht hat, es in sein eigenes Vermögen einzuverleiben“, erläutert Weiss. Und nicht zuletzt seien kein bleibender Schaden entstanden und die Beschuldigten nicht vorbestraft.
Vermieterin soll zur Rechenschaft gezogen werden
Diese Argumentation teilt Hader nicht und hat sich an einen Rechtsanwalt gewandt und Beschwerde eingelegt. „Die Akten sind nun der Generalstaatsanwaltschaft in Stuttgart vorgelegt worden“, erklärt Weiss. Der Fall ist also noch nicht abgeschlossen. „Es geht mir nicht mehr um den Schrank oder Geld, sondern um Gerechtigkeit“, verdeutlicht der Bad Waldseer seinen aktuellen Beweggrund. Die Vermieterin müsse für den dreisten Diebstahl zur Rechenschaft gezogen werden. Die Vermieterin selbst wollte sich auf Rückfrage der „Schwäbischen Zeitung“zum Vorfall nicht äußern.
Ausziehen möchte Hader aus der Wohnung trotz der Vorfälle nicht: „Die bringt mich hier nicht raus. Aber ich lasse mir so etwas auch nicht gefallen.“