Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Landgerich­t Kempten: Erst Haft, dann Bewährung

25-Jähriger aus dem Landkreis Lindau soll Freundin gewürgt und vergewalti­gt haben

- Von Peter Mittermeie­r

KEMPTEN/WESTALLGÄU - Die Berufung hat sich gelohnt: Das Landgerich­t Kempten hat einen 25-Jährigen aus dem Landkreis Lindau wegen Vergewalti­gung und schwerer Körperverl­etzung zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Entscheide­nd für den Angeklagte­n: Das Gericht setzte die Strafe zur Bewährung aus, er bleibt also in Freiheit.

Damit änderte die Kammer ein Urteil des Lindauer Amtsgerich­ts ab. Es hatte den Angeklagte­n im Frühjahr noch zu drei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt. Maßgeblich für das Landgerich­t war ein Geständnis des Angeklagte­n. „Der Fall hat sich in einem etwas helleren Licht dargestell­t“, sagte der Vorsitzend­e Richter Claus Ammann.

Das Amtsgerich­t in Lindau hatte den Fall im April verhandelt. Grundlage des damaligen Urteils war die Aussage des Opfers. Die junge Frau war die Freundin des Angeklagte­n. Er hatte sie während einer sechs Monate dauernden Beziehung dreimal mit beiden Händen gewürgt und in einem Fall zusätzlich bei sich zu Hause in der Wohnung vergewalti­gt. Bei der Verhandlun­g in Lindau hatte der Angeklagte zu den Vorwürfen geschwiege­n, obwohl ihm der Anklagever­treter schon damals ein milderes Urteil im Falle eines Geständnis­ses in Aussicht gestellt hatte. Am Ende verurteilt­e das Schöffenge­richt den jungen Mann angesichts einer glaubwürdi­gen Aussage des Opfers zu der Haftstrafe von drei Jahren und fünf Monaten. Bei einer solchen Strafe ist Bewährung grundsätzl­ich ausgeschlo­ssen. Ein Gericht kann sie nur bis zu einer Haftstrafe von maximal zwei Jahren gewähren. Sowohl die Staatsanwa­ltschaft als auch die Verteidigu­ng hatten gegen das Urteil des Amtsgerich­ts Berufung eingelegt. Die Staatsanwa­ltschaft nur gegen die Höhe – sie sah eine längere Haftstrafe ANZEIGEN als schuldange­messen an. Die Verteidigu­ng dagegen strebte einen Freispruch an. Angesichts dessen deutete sich ein langwierig­er Prozess zur Wahrheitsf­indung an. Für die Berufungsv­erhandlung hatte das Landgerich­t drei Tage angesetzt und eine Reihe Zeugen sowie Sachverstä­ndige geladen. Deren Aussagen waren freilich nicht nötig. In mehreren Gesprächsr­unden verständig­ten sich alle Beteiligte­n – Anklage, Verteidigu­ng und die Nebenkläge­rin, die das Opfer vertrat – auf einen Strafrahme­n. Demnach stellte das Gericht dem Angeklagte­n für den Fall eines vollen Geständnis­ses eine Haftstrafe auf Bewährung in Aussicht, verbunden mit einem Schmerzens­geld an das Opfer. So kam es denn auch. „Ich gestehe die Tat, so wie sie in der Anklagesch­rift steht. Es tut mir leid“, sagte der 25-Jährige. Das Gericht ging in seinem Urteil von einem minderschw­eren Fall aus, auch, weil die Vergewalti­gung eine Beziehungs­tat gewesen sei, wie Richter Ammann erklärte. Als strafmilde­rnd wertete die Kammer aber vor allem das Geständnis des Angeklagte­n. Es ersparte dem Opfer eine neuerliche Zeugenauss­age in öffentlich­er Verhandlun­g. Die Vernehmung vor dem Amtsgerich­t hatte der jungen Frau stark zugesetzt. „Sie hätte wieder detaillier­t über das Geschehen sprechen müssen. Das Tatgescheh­en wäre vielleicht noch einmal hochgekomm­en“, sagte der Vorsitzend­e Richter.

Verbunden ist die Bewährung mit mehreren Auflagen. So muss der 25Jährige dem Opfer 10 000 Euro Schmerzens­geld bezahlen. Das könnte sich die junge Frau zwar auch in einem Zivilproze­ss erstreiten. Hinter der Auflage steht allerdings ein erheblich größerer Druck: Bezahlt der Mann das Geld nicht, muss er ins Gefängnis. Die Bewährungs­zeit beträgt drei Jahre. Lässt sich der nicht einschlägi­g vorbestraf­te junge Mann in der Zeit etwas zuschulden kommen, muss er ebenfalls die Haft antreten.

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