Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gemeinsam einstehen für Frauenrechte
In Ravensburg soll ein Frauen-Netzwerk entstehen – Stadtverwaltung hat Nachholbedarf bei Parität in Spitzenämtern
RAVENSBURG - Die Stadt Ravensburg soll ein Frauen-Netzwerk bekommen. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadtverwaltung will den schon Jahrhunderte alten Beispielen von Männer-Zusammenschlüssen folgen. Es sei an der Zeit, dass sich auch Frauen besser miteinander verbinden, sagt Eva-Maria Komprecht. Sie lädt zur Gründungsveranstaltung des Netzwerks am 3. Dezember ein.
Ziel: gemeinsam auftreten
„Das Ziel ist, dass sich Frauen, die jetzt schon aktiv sind, kennenlernen, voneinander wissen, sich gegenseitig unterstützen und zum Beispiel für Veranstaltungen zu ihren Themen miteinander kooperieren“, sagt Komprecht. In der Vergangenheit sei es zum Beispiel vorgekommen, dass am internationalen Frauentag in Ravensburg verschiedene Aktionen – Rosenverkauf, eine Filmvorstellung, eine politische Aktion – stattgefunden haben, ohne dass die Veranstalterinnen von den jeweils anderen Angeboten wussten. „Wir könnten uns ergänzen und dadurch den Blick auf das Thema verstärken“, sagt Komprecht. Wer sich für Frauenthemen und Frauenrechte interessiere und starkmachen wolle, sei willkommen.
Für Komprecht gibt es derzeit zwei Themen, die sie in der öffentlichen Wahrnehmung stärken will. Zum einen geht es um die Interessenvertretung von Frauen in der Politik. Erst kürzlich hat Bundeskanzlerin Angela Merkel das Ziel ausgegeben, in Wirtschaft, Kultur und Politik den Frauenanteil auf 50 Prozent zu erhöhen. Im Ravensburger Kreistag liegt der Frauenanteil bei 12,5 Prozent, im Gemeinderat bei 25,6 Prozent. „Mein Ziel ist es, Frauen aufzurütteln: Stellt euch auf als Kandidatinnen“, so Komprecht. „Nur wer mitmacht, kann verändern.“
Ein zweites Thema, auf das immer wieder der Blick gerichtet werden müsse, weil es sich hinter verschlossenen Türen abspielt, ist Gewalt gegen Frauen. Doch ins Netzwerk könnten noch viele andere Themen einfließen. Viele Vereine, Verbände, Kirchen, Gewerkschaften, Institutionen und Parteien seien eingeladen. „Alle können ein Blitzlicht auf Frauenthemen werfen“, sagt Komprecht. Im Netzwerk könnte aus den vielen Perspektiven dann ein Gesamtbild werden.
Ihr liege persönlich am Herzen, dass junge Frauen und Mädchen ein Bewusstsein für Frauenrechte entwickeln. Viele seien gut ausgebildet und im Beruf erfolgreich. Erst wenn sie eine Familie gründen, spürten sie, dass sie beim Versuch, Kinder und Beruf zu vereinbaren, an eine gläserne Decke stoßen, etwa weil Teilzeit und Leitungsfunktion je nach Arbeitgeber nicht vereinbar seien. Viele Frauen verblieben auch nach der Familienphase in den Minijobs, weil viel unbezahlte Haus- und private Betreuungsarbeit an ihnen hänge. Das habe Folgen für die Höhe der späteren Rentenzahlung. Solchen Themen wolle sie zu Aufmerksamkeit bei Frauen, Arbeitgebern und in der Gesellschaft verhelfen.
Ein Frauen-Netzwerk könne dabei helfen, die Themen, die in den bestehenden Vereinen und Institutionen bereits bearbeitet werden, breiter in der Gesellschaft zu verankern, so Komprecht. „Wir werden viele generelle Themen in diesem Netzwerk nicht lösen, aber wir wollen dafür eine Öffentlichkeit schaffen“, sagt Komprecht.
Sie räumt ein, dass auch die Stadtverwaltung Ravensburg bei der Parität von Männern und Frauen nicht gerade ein Vorreiter sei: Keine Amtsleiterstelle sei von einer Frau besetzt.
Auch Geflüchtete eingeladen
„Ich bin gespannt, was für Themen kommen, ich will das gar nicht diktieren“, sagt Komprecht. Sie habe auch Frauen mit Migrationshintergrund eingeladen, die möglicherweise wieder ganz andere Themen mitbringen. „Was beschäftigt die, wie kommen wir zusammen und wie kann man sich unterstützen?“
Sie will, dass Frauen von dem Netzwerk profitieren und „nicht noch mehr Beschäftigung am Hals haben“. Seit Jahrhunderten schlössen sich Männer zusammen – Burschenschaften und Unternehmerclubs seien nur zwei Beispiele. „Kontakte sind das A&O“, sagt Komprecht. „Es ist höchste Zeit, dass Frauen auch Netzwerke bilden.“
Gründung eines Frauen-Netzwerks am Montag, 3. Dezember, ab 18.30 Uhr im Theatercafé Ravensburg. Anmeldung ist möglich per E-Mail an gleichstellung@ravensburg.de. Gäste aus Ulm stellen das dortige Frauenforum vor. Das Kabarett „Frauengold“tritt auf. Außerdem bleibt Zeit zum Kennenlernen und Austausch. Danach soll es ein weiteres Treffen geben, um auszuloten, wie die konkrete Zusammenarbeit aussehen kann.