Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Demokratie ist nicht selbstverständlich“
Gemeinde Aichstetten schließt sich Leutkircher Projekt an
AICHSTETTEN - Die Gemeinde Aichstetten tritt dem Projekt „Leutkircher Partnerschaft für Demokratie“bei. Dieses finanziert sich nahezu komplett aus Bundesmitteln. Die Gemeinde steuert 500 Euro jährlich bei.
Die Städte Ravensburg, Weingarten und Leutkirch sind bislang Partnergemeinden des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“.
Das Leutkircher Projekt gibt es seit 2017 und wird von der St.-Anna-Stiftung getragen. Nun will es seine Aktivitäten auf die Gemeinden Aichstetten und Aitrach ausweiten.
Das Projekt unterstützt mit den 100000 Euro, die das Bundesfamilienministerium jährlich zur Verfügung stellt, Vereine, Projekte und Initiativen, die sich der Förderung von Demokratie, Toleranz und Vielfalt verschreiben. „Sehr sinnvoll“sei es, die Jugend für Demokratie zu sensibilisieren, lobte Gemeinderat Josef Gretzinger (CDU) diese Arbeit.
Maria Hönig, die das in Leutkirch koordiniert, stellte im Gemeinderat von Aichstetten mehrere in den vergangenen zwei Jahren verwirklichte Aktionen vor. Anmeldefrist für Aktionen 2019 ist Ende Januar. Weil dies nun für Aichstettener sehr kurzfristig ist, wie Gemeinderat Reiner Sachs (Freie Wähler) anmerkte, will Hönig kurzfristig eine Postwurfsendung verteilen und einen Infoabend für Aichstetten und Aitrach veranstalten.
Einen formellen Beschluss des Gemeinderats brauchte es nicht, da die Summe von 500 Euro vom Bürgermeister bewilligt werden kann. Und dies tat Dietmar Lohmiller (CDU) in der Sitzung offiziell, auch mit dem Hinweis, dass solche Projekte mit Blick auf Rechts- wie Linksextremismus „ganz wichtig“seien.
Er nutzte das Thema gleichzeitig für einen Appell an jeden einzelnen Bürger, sich für die Demokratie einzusetzen. Es herrscht in seinen Augen nämlich mehr und mehr die Auffassung, dass ,die’ Politiker, „und das gilt bis hinunter zu den Gemeinderäten“, eine Kaste sei, die auf der Gegenseite zur Gesellschaft stehe. „Diese Trennung zwischen ,Die’ und ,Wir’ ist aber eine künstliche. Die Vertreter des Volkes kommen allesamt aus der Gesellschaft“, betonte Lohmiller.
Er bedauerte, dass heutzutage viele Menschen „Ansprüche stellen, sich beklagen, maulen und schimpfen“, statt Verantwortung zu übernehmen.
„Für viele von uns war all die Jahrzehnte Demokratie so selbstverständlich wie morgens das Licht. Das ist heutzutage leider nicht mehr so, daher müssen wir etwas dafür tun“, so Lohmiller weiter. „Das Verständnis muss wieder dafür wieder geweckt werden, dass der gewählte Abgeordnete, vom Gemeinderat bis hin zum Mitglied des Europaparlaments, demokratisch legitimiert ist und auch kontrolliert wird, zum Beispiel durch Justiz und Presse.“
Für nähere Infos zum Projekt stehen das Rathaus Aichstetten, Telefon 07565/98180, und die Projektleitung in Leutkirch, E-Mail maria.hoenig@stiftung-st-anna.de, zur Verfügung.