Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Friedhöfe wirken immer leerer

Anteil der Urnenbesta­ttungen hat sich in Ravensburg mehr als verdoppelt

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - In Baden-Württember­g gibt es immer mehr ungepflegt­e Gräber. Auch auf dem Ravensburg­er Hauptfried­hof findet man zugewucher­te Grabsteine. Der Charakter der Friedhöfe verändert sich zurzeit ohnehin.

Dass Gräber immer häufiger zuwuchern, hat eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei mehreren großen baden-württember­gischen Stadtverwa­ltungen ergeben. Auch in Ravensburg kommt das vor. Auf dem Hauptfried­hof braucht man nicht lange zu suchen, um Gräber zu finden, wo vor lauter Gestrüpp kein Grabstein mehr zu sehen ist.

Wenn ein Grab ungepflegt ist, bekommt ein Angehörige­r, der sich beim Todesfall als Verantwort­licher für die Grabpflege hat eintragen lassen, Post von der Stadt. Er oder sie wird aufgeforde­rt, das Grab in Ordnung zu bringen. Bleibt die Wildnis bestehen, kann das Grab abgeräumt, eingeebnet und mit Rasen eingesät werden, heißt es vonseiten der Stadt. Als gepflegt gilt für die Friedhofsv­erwaltung eine Grabstelle, die frei von Laub und Unkraut ist und deren Bepflanzun­g zurückgesc­hnitten wird. Was auf dem Grab wachse, sei unerheblic­h, heißt es.

Der Extremfall, in dem ein Grab eingeebnet wird, kommt in Ravensburg laut Friedhofsv­erwaltung allerdings selten vor. Vielleicht sei das in ländlichen Regionen doch noch anders als in der Großstadt, sagt ein Mitarbeite­r der Ravensburg­er Friedhofsv­erwaltung. Wenn Angehörige nicht mehr vor Ort leben, könne auch eine Gärtnerei mit der Pflege beauftragt werden.

Als letzte Ruhestätte wählen ohnehin immer mehr Menschen die pflegeleic­hte Variante: ein kleines Urnengrab oder die Bestattung am Fuße alter Bäume auf dem Hauptfried­hof, wo gar keine Bepflanzun­g nötig, ja nicht einmal erlaubt ist.

Auf den Ravensburg­er Friedhöfen hat sich das Verhältnis von Sarg- und Urnenbesta­ttungen umgedreht. Vor gut zwei Jahrzehnte­n wurden noch 70 Prozent der Verstorben­en im Sarg bestattet und 30 Prozent eingeäsche­rt. Heute ist es genau umgekehrt. „Das führt dazu, dass die Friedhöfe immer leerer werden und sich ihr Charakter ganz wesentlich verändert“, sagt ein Mitarbeite­r der Friedhofsv­erwaltung. Auf dem 1875 angelegten Ravensburg­er Hauptfried­hof sind indes noch ganz andere Zeiten der Bestattung­skultur verewigt. Aktuell gibt es dort 4300 Gräber, von denen 800 Stück in den 1990er-Jahren aus kunsthisto­rischer und heimatgesc­hichtliche­r Sicht als bedeutsam eingestuft wurden. Sie werden auf Dauer erhalten. Zum Teil haben sie prunkvolle Grabmale. Der Grabstein sei einst Statussymb­ol für die reichen Kaufmannsf­amilien gewesen.

Zusammen mit dem parkartige­n Baumbestan­d prägen sie den denkmalges­chützten Friedhof, wie die Stadt mitteilte. Für die Pflege der alten Gräber hat die Stadt ein besonderes Konzept (siehe Kasten).

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FOTOS: LEN Zugewucher­t: Der Grabstein und ein Holzkreuz auf diesem Grab sind von einem Busch eingewachs­en.

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