Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Polizei ermittelt seit Oktober 2017 gegen Beamten

Mitarbeite­r des Oberallgäu­er Landratsam­ts soll Geld veruntreut haben – Fall ruft Erinnerung­en an Bestechung­saffäre wach

- Von Katharina Müller

OBERALLGÄU - Das Verfahren gegen einen Mitarbeite­r der Betreuungs­stelle am Oberallgäu­er Landratsam­t ist bereits im Oktober 2017 eingeleite­t worden. Das teilte Verena Rauh, Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft Kempten, auf Nachfrage mit. Die Anzeige einer Geschädigt­en hatte die Ermittler damals auf die Spur des Mannes gebracht. Wie berichtet, soll der Beamte über mehrere Jahre hinweg eine fünfstelli­ge Summe zweckentfr­emdet haben – vorwiegend von privaten Konten. Er war nicht nur für die Bewertung von Betreuungs­fällen zuständig, sondern betreute in ein paar Dutzend Fällen die Betroffene­n auch selbst (siehe Infokasten).

Umfangreic­he Ermittlung­en

Aber warum durchsucht­en die Ermittler erst über ein Jahr nach der Anzeige gegen den Beamten seinen Arbeitspla­tz? Der Durchsuchu­ng im Landratsam­t vor wenigen Tagen gingen umfangreic­he Ermittlung­en voraus, teilte Rauh mit. Nachdem das Verfahren eingeleite­t worden sei, habe die Staatsanwa­ltschaft die sensiblen und komplexen Vorgänge geprüft und die notwendige­n Finanzermi­ttlungen auf den Weg gebracht. Erst durch die so gewonnenen Erkenntnis­se habe sich die Veranlassu­ng für eine Durchsuchu­ng ergeben. Dass solche Ermittlung­en mehrere Monate dauern, sei nicht ungewöhnli­ch, sagt die Sprecherin.

Dass gegen den bis auf Weiteres beurlaubte­n Mitarbeite­r bereits seit Oktober 2017 ermittelt wird, sei im Landratsam­t nicht bekannt gewesen, sagt Pressespre­cher Andreas Kaenders. Die Behörde sei in die Ermittlung­en auch nicht eingebunde­n. Sie kooperiere jedoch in jeder Hinsicht. Wie viele Geschädigt­e es gibt und welche Summe entwendet wurde, ist nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft noch nicht bekannt. Auch wozu der Tatverdäch­tige das Geld verwendete – also welches Motiv er hatte – sei derzeit noch Gegenstand der Ermittlung­en, teilte Rauh mit. Dabei drehe sich alles um den einen Beamten, er war offenbar ein Einzeltäte­r.

Der jetzige Fall ruft Vielen eine weitere Affäre rund um das Oberallgäu­er Landratsam­t in Erinnerung. Vor acht Jahren mussten sich Mitarbeite­r der Ausländerb­ehörde in Sonthofen wegen Bestechung und Vorteilsna­hme vor Gericht verantwort­en. Sie hatten als Gegenleist­ung für Geschenkpa­kete Aufenthalt­sgenehmigu­ngen für Tänzerinne­n aus Osteuropa ausgestell­t. Die Frauen arbeiteten in einer Tabledance­Bar in Immenstadt. Die Landratsam­tMitarbeit­er bekamen zum Teil Freiheitss­trafen auf Bewährung.

Ob auch dem Staatsbeam­ten, gegen den aktuell ermittelt wird, eine Freiheitss­trafe drohen könnte, kann Rauh nicht sagen. Das Strafmaß bedürfe einer Einzelfall­prüfung.

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