Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Polizei ermittelt seit Oktober 2017 gegen Beamten
Mitarbeiter des Oberallgäuer Landratsamts soll Geld veruntreut haben – Fall ruft Erinnerungen an Bestechungsaffäre wach
OBERALLGÄU - Das Verfahren gegen einen Mitarbeiter der Betreuungsstelle am Oberallgäuer Landratsamt ist bereits im Oktober 2017 eingeleitet worden. Das teilte Verena Rauh, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Kempten, auf Nachfrage mit. Die Anzeige einer Geschädigten hatte die Ermittler damals auf die Spur des Mannes gebracht. Wie berichtet, soll der Beamte über mehrere Jahre hinweg eine fünfstellige Summe zweckentfremdet haben – vorwiegend von privaten Konten. Er war nicht nur für die Bewertung von Betreuungsfällen zuständig, sondern betreute in ein paar Dutzend Fällen die Betroffenen auch selbst (siehe Infokasten).
Umfangreiche Ermittlungen
Aber warum durchsuchten die Ermittler erst über ein Jahr nach der Anzeige gegen den Beamten seinen Arbeitsplatz? Der Durchsuchung im Landratsamt vor wenigen Tagen gingen umfangreiche Ermittlungen voraus, teilte Rauh mit. Nachdem das Verfahren eingeleitet worden sei, habe die Staatsanwaltschaft die sensiblen und komplexen Vorgänge geprüft und die notwendigen Finanzermittlungen auf den Weg gebracht. Erst durch die so gewonnenen Erkenntnisse habe sich die Veranlassung für eine Durchsuchung ergeben. Dass solche Ermittlungen mehrere Monate dauern, sei nicht ungewöhnlich, sagt die Sprecherin.
Dass gegen den bis auf Weiteres beurlaubten Mitarbeiter bereits seit Oktober 2017 ermittelt wird, sei im Landratsamt nicht bekannt gewesen, sagt Pressesprecher Andreas Kaenders. Die Behörde sei in die Ermittlungen auch nicht eingebunden. Sie kooperiere jedoch in jeder Hinsicht. Wie viele Geschädigte es gibt und welche Summe entwendet wurde, ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt. Auch wozu der Tatverdächtige das Geld verwendete – also welches Motiv er hatte – sei derzeit noch Gegenstand der Ermittlungen, teilte Rauh mit. Dabei drehe sich alles um den einen Beamten, er war offenbar ein Einzeltäter.
Der jetzige Fall ruft Vielen eine weitere Affäre rund um das Oberallgäuer Landratsamt in Erinnerung. Vor acht Jahren mussten sich Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Sonthofen wegen Bestechung und Vorteilsnahme vor Gericht verantworten. Sie hatten als Gegenleistung für Geschenkpakete Aufenthaltsgenehmigungen für Tänzerinnen aus Osteuropa ausgestellt. Die Frauen arbeiteten in einer TabledanceBar in Immenstadt. Die LandratsamtMitarbeiter bekamen zum Teil Freiheitsstrafen auf Bewährung.
Ob auch dem Staatsbeamten, gegen den aktuell ermittelt wird, eine Freiheitsstrafe drohen könnte, kann Rauh nicht sagen. Das Strafmaß bedürfe einer Einzelfallprüfung.