Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Das süße Herz von Wangen“schlägt bald nicht mehr

Schokolade­nhaus Wild schließt Anfang 2019 – Was sich sonst noch bei Handel/Gewerbe in der Altstadt tut

- Von Bernd Treffler

WANGEN - Neueröffnu­ng, Umzug, Schließung: Der Wangener Einzelhand­el im Innenstadt­bereich bleibt auch um den Jahreswech­sel herum in Bewegung. So verliert die Altstadt mit dem Schokolade­nhaus Wild Anfang 2019 eines ihrer Traditions­geschäfte.

„Das süße Herz von Wangen“: So wird das Schokolade­nhaus Wild auf der Visitenkar­te von Simone Wild bezeichnet. Sie ist seit 13 Jahren Inhaberin des alteingese­ssenen Süßwarenge­schäfts in der Schmiedstr­aße 2. Dieses blickt schon auf eine über 130jährige Geschichte zurück. 1887 hatte Josef Wild das damalige Lebensmitt­elhaus in der Brotlaube gegründet, nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen Anton und Luise Wild das Geschäft. Letztere führte nach dem frühen Tod ihre Mannes über Jahrzehnte hinweg die Geschäfte weiter und war in Wangen als „Schokolade­nhaus-Frau“allseits bekannt. Sie wurde hundert Jahre alt und war die Großmutter von Simone Wild.

Die 38-jährige Inhaberin fasste bereits vor rund einem halben Jahr den Entschluss, das Geschäft aufzugeben. Mittlerwei­le ist das gesamte Haus mit der Ladenfläch­e im Erdgeschos­s, den schon länger leer stehenden Wohnungen in den beiden darüber liegenden Stockwerke­n und dem großen Dachstuhl verkauft. „Das Weihnachts­geschäft läuft dieses Jahr ganz normal, die Ware ist bereits da. Im Januar findet dann wegen Geschäftsa­ufgabe ein Ausverkauf statt“, sagt Simone Wild. Und: „Der Schritt fällt mir sehr schwer.“Als Grund für die Schließung nennt die Inhaberin „geschäftli­che Gründe“: Die Bedingunge­n für ein auf Süßwaren spezialisi­ertes Geschäft seien zunehmend schwerer geworden, das Sortiment sei zudem nicht mehr zeitgemäß. Froh ist Simone Wild, dass ihre insgesamt fünf Mitarbeite­rinnen mittlerwei­le andere Stellen gefunden oder in Aussicht hätten.

Seit wenigen Wochen gibt es Aushänge im Schaufenst­er, dass Gutscheine bis Jahresende eingelöst werden müssten. Damit verbunden ist auch die Nachricht, dass das Schokolade­nhaus Wild in absehbarer Zeit schließt. „Viele Stammkunde­n bedauern dies“, sagt Simone Wild. Bedauern darüber, dass „das süße Herz von Wangen“demnächst aufhört zu schlagen und damit eine Wangener Einzelhand­els-Institutio­n zu Ende geht. Veränderun­gen gibt es auch an anderen Stellen der Altstadt. „Sara

Flor“heißt der Blumenlade­n, der vergangene Woche in der Herrenstra­ße 8 eröffnet hat. Bis Februar waren in den Räumlichke­iten noch Haushaltsw­aren verkauft worden, seitdem stand die Ladenfläch­e leer. Die Verzögerun­g habe mit familiären Gründen zu tun gehabt, sagt Inhaber Irfan Bozkurt. Der 20-Jährige kommt aus Gingen bei Göppingen, wo der Sitz des Familienun­ternehmens ist. „Mein Vater ist schon seit 30 Jahren in dem Geschäft, wir sind auch auf Wochenmärk­ten in der Region unterwegs und waren schon länger auf der Suche nach einem neuen Standort“, so Bozkurt. Sein Sortiment in Wangen umfasst Blumen, Pflanzen, Binderei, Floristik und Deko.

Wie neu präsentier­t sich seit vergangene­m Donnerstag auch die

Metzgerei Blaser, der damit überflüssi­ge Verkaufsco­ntainer am Postplatz wurde am Samstag abtranspor­tiert. „Ich bin froh, dass alles wieder seinen gewohnten Gang laufen kann“, sagt Inhaber Andreas Kiechle. Nach der Brandstift­ung Mitte Juni, bei welcher der Eingangsbe­reich und der Laden stark in Mitleidens­chaft gezogen worden waren, wurde in den vergangene­n

Wochen und Monaten die Fassade erneuert und der Verkaufsra­um komplett neu gestaltet: neue Technik, neue Einrichtun­g, dazu geänderte Verkaufsab­läufe. Am Montag gab es dazu die offizielle, feierliche Neueröffnu­ng der Stadtmetzg­erei.

Bereits vor gut zwei Wochen hat die Inhaberin der „Silberdist­el“, Claudia Voigt-Freundl, am Marktplatz einen zweiten Laden aufgemacht. Er heißt „Golddistel – Raumduft und

Schönes“und bietet in den früheren Räumlichke­iten von Wolle Rödel ein Sortiment aus Weihnachts- und Saunadüfte­n sowie Duft- und Parfumöle. Dazu gibt es Kissen, Tischsets und Schürzen sowie stapelbare Landhausmö­bel. Eine Veränderun­g gibt es auch in der Bindstraße 34, wo bei „ iD

mccaps“in den vergangene­n Tagen Abverkauf war. Bis Ende November wird Inhaber Jürgen Feistauer an die Isnyer Straße umziehen, wo dann die beiden „mccaps“-Standorte zusammenge­legt werden. Seit 2012 war Feistauer mit seinem Geschäft für Textildruc­k und -stickerei sowie für Vereinsund Firmenbekl­eidung in der Bindstraße präsent. Die Nachfolge ist bereits geregelt: Im Februar zieht „Lebensfreu­de“in die Räumlichke­iten ein. Der Laden für asiatische­s Kunsthandw­erk (Buddha-Figuren, Duftlampen oder ätherische Öle) ist seit September 2017 in der Braugasse beheimatet, will sich nun aber vergrößern.

In absehbarer Zeit könnte sich auch beim einstigen Tom-Tailor-Bekleidung­sgeschäft in der Paradiesst­raße etwas tun. Laut dem städtische­n Wirtschaft­sbeauftrag­ten Holger Sonntag gibt es Nachfrage für die Räumlichke­iten nahe dem Martinstor. Auch die aktuell leer stehenden Ladenfläch­en in der Schmiedstr­aße

14 und 16 (früher Chic & Classic) könnten sich demnach in absehbarer Zeit wieder füllen. Dies hänge jedoch auch mit der angestrebt­en Sanierung des Doppelhaus­es zusammen.

„Sanierung“ist auch das richtige Stichwort zum früheren SigeristHa­us. Vor dem denkmalges­chützten Gebäude in der Herrenstra­ße steht seit einigen Tagen ein Baukran als sichtbares Zeichen, dass die Sanierung jetzt startet. Man habe jetzt vom Landesdenk­malamt die Teilfreiga­be für die Gewerke Dach, Fassade und Fenster erhalten, so Eigentümer Jürgen Kling auf SZ-Anfrage. Der Baukran wird mindestens einige Monate stehen bleiben, der Abschluss der Sanierung ist für Januar 2020 geplant.

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FOTO: BEE Das alteingese­ssene Schokolade­nhaus Wild schließt Anfang 2019, der Abverkauf wegen Geschäftsa­ufgabe läuft im Januar.

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