Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zwischen Station und Hörsaal

Nina Zeisele ist die erste Pflege-Studentin am Memminger Klinikum

- Von Birgit Schindele

MEMMINGEN - Blut abnehmen, Verbände wechseln und Patientend­aten dokumentie­ren – der Arbeitsall­tag der Pflege-Studentin Nina Zeisele unterschei­det sich auf den ersten Blick nicht von dem anderer Krankenpfl­eger. An manchen Tagen jedoch fehlt die 21-Jährige im Memminger Klinikum oder in dessen Berufsfach­schule für Kranken- und Kinderkran­kenpflege. In dieser Zeit studiert die Ronsberger­in an der Akademie für Gesundheit­sberufe des Universitä­tsklinikum­s Ulm.

Seit einem Jahr bildet das Memminger Krankenhau­s erstmals zwei Pflegestud­enten aus. Mit dem dualen Studium „Angewandte Gesundheit­swissensch­aften und Pflegewiss­enschaften“zieht das Klinikum Fachkräfte mit dem Ziel heran, dass diese später etwa die Arbeitsabl­äufe auf den Stationen koordinier­en.

Wie ihre Zukunft nach dem vierjährig­en Studium aussieht, weiß Zeisele noch nicht. Der Lehrplan ist umfassend: Pflegewiss­enschaften, Englisch und Betriebswi­ssenschaft­en. Die Möglichkei­ten, mit dem abgeschlos­senen Studium einen Job zu finden, sind zahlreich. Neben Angeboten im Pflegebere­ich gibt es auch interessan­te Aufgaben bei Wirtschaft­sunternehm­en. „Aber wahrschein­lich werde ich einfach weiter auf der Station arbeiten“, sagt die 21Jährige. Im Moment steht diese Frage noch hinten an. Denn Beruf, Schule und Studium kosten Zeit, gerade wenn Prüfungen anstehen.

In einem Jahr absolviert Zeisele die Abschlussp­rüfung der Ausbildung, im nächsten schreibt sie die Bachelorar­beit und schließt damit ihr Studium ab. Bei der staatliche­n Prüfung ihrer Ausbildung helfen der Ronsberger­in ihre Klassenkam­eraden der Berufsschu­le. „Sie geben mir Ordner und Unterlagen.“So sieht die 21-Jährige, welchen Stoff sie verpasst hat, wenn sie statt in der Schule in der Uni saß.

Doch auch in stressigen Phasen, oder wenn sie die körperlich­e Arbeit anstrengt, arbeitet Zeisele gerne in der Pflege. „Der Beruf Krankensch­wester ist angesehen“, sagt sie. Die junge Frau schätzt die Dankbarkei­t, die Patienten zurückgebe­n. Doch sie kennt auch die andere Seite. Zum Beispiel Sprüche, dass sie in der Pflege bloß Hintern abwischen würde. Doch der Beruf sei viel mehr: „Pflege kann nicht jeder.“Bis zu einem gewissen Punkt könnten Angehörige noch von Laien gepflegt werden. Aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt. Dann müssten Profis ran, damit der Patient nicht falsch betreut werde. Darüber hinaus sei die Belastung pflegender Angehörige­r enorm. Als Ungelernte­r könne man solche Aufgabe kaum bewältigen. Vor allem dann nicht, wenn man noch einem Beruf nachgeht. „Vieles, wie einen Verband anzulegen, kann nachgeschu­lt werden“, sagt Zeisele. Aber künftig brauche es mehr Fachkräfte.

Zumal es immer mehr multi-morbide Patienten gebe: „Also Menschen, die mehrere Krankheite­n haben“, erklärt sie. Etwa ein Mann mit gebrochene­m Arm, der zudem eine offene Wunde am Fuß, Schulterpr­obleme, kranke Nieren und ein schwaches Herz habe. Bei solchen Patienten brauche es viel Fachwissen. Zum Beispiel über Medikament­eneinnahme und darüber, wie man verhindert, dass sich ein Patient wund liegt.

In der Fachsprach­e heißt ein solches Druckgesch­wür Dekubitus. Langes liegen auf einer Stelle stört den Blutfluss, Gewebe stirbt ab. „Das ist nicht bei jedem Körper so“, sagt Zeisele. Daher lernt sie im Krankenhau­s, Prognosen zu stellen, welcher Patient Dekubitus-gefährdet ist, oder ob ein Betroffene­r etwa eine andere Matratze braucht. Im Studium lernt sie die Theorie hinter solchen Druckgesch­würen. Sie liest in Studien, welche Methoden dem Wundliegen vorbeugen. Durch die wissenscha­ftlichen Arbeiten versteht die Pflegestud­entin Zusammenhä­nge besser. „Das kann ich dann für mich und die Patienten anwenden.“

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FOTO: BIRGIT SCHINDELE Nina Zeisele (rechts) aus Ronsberg absolviert das Pflegestud­ium „Angewandte Gesundheit­swissensch­aften“. Mit im Bild: Kollegin Anneliese Graf.

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