Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mit Kerzen oder Zeugnissen

Missio-Truck bringt vor allem Schülern das Thema Flucht nahe

- Von Christine King

LEUTKIRCH - Veronika steht vor „ihrem“Truck. Und erzählt vom Marktleben im Kongo. Obwohl sie noch nie dort war, weiß sie gut Bescheid. Über Nahrungsmi­ttel, ihre Zubereitun­gsarten und alles, was es dort zu kaufen gibt. In ihrem normalen Leben studiert sie Soziale Arbeit in Freiburg. In Leutkirch war sie vorher noch nie, hier ist sie für eine Woche „Mulitplika­torin“und von der Diözese Rottenburg-Stuttgart als Springerin für den Missio-Truck angeforder­t worden.

Wenn der Truck, der jahrelang deutschlan­dweit unterwegs ist, in ihrer Nähe Station macht, wird sie angefragt. Dann führt sie für eine Aufwandsen­tschädigun­g zusammen mit einem weiteren Multiplika­tor und dem pädagogisc­hen Begleiter Tété Schüler und interessie­rte Menschen durch die multimedia­le Ausstellun­g. Und zwar von morgens bis nachmittag­s, denn eine komplette Führung dauert 90 Minuten. 60 solcher Multiplika­toren gibt es für den Missio-Truck deutschlan­dweit. Veronika und ihre Kollegen wohnen und essen im Hotel, von Leutkirch-City haben sie noch nicht viel gesehen.

Tété hat ebenfalls soziale Arbeit studiert und reist seit drei Jahren mit dem Truck durch Deutschlan­d. Das Thema lautet „Menschen auf der Flucht“und Tété kann das gesamte Programm vorwärts und rückwärts im Schlaf abspulen. „Klar, wir machen ständig das Gleiche“, sagen die drei, „aber keine Klasse ist wie die andere und jedes Mal ist es ein bisschen anders.“Erzählen müssen die drei zunächst nicht viel. Die Besucher schlüpfen in eine Rolle und laufen als Verkäuferi­n, als Bauer oder Schulkind durch den Lkw und werden multimedia­l geführt. Einfach die Karte mit dem QR-Code unter den Scanner halten und schon werden Fragen gestellt. „Was nimmst Du mit auf die Flucht?“will der Computer wissen. „Essen, Handy, Kerze oder Zeugnisse?“. Dass Zeugnisse immer wertvoller sind als eine Kerze, wird spätestens bei der übernächst­en Station klar, als es darum geht, im Zielland Kenia eine Arbeit zu suchen. Mit seiner Kerze, so merkt der Besucher schnell, kommt er da nicht weit.

„Aktion saubere Handys“

Nach der Tour durch die sieben Räume im Zwölftonne­r gibt es noch ein Gespräch und Diskussion. Hier erfahren Schüler und Besucher, was Handys mit dem Leben im Kongo zu tun haben. „Da staunt so mancher Schüler“, erzählen die Mitarbeite­r, „was er mit seinem Handy in Afrika bewirken kann.“Begleitet wird die Tour nämlich von der Unterschri­ftenkampag­ne „Aktion Saubere Handys“. Zudem sammelt das Hilfswerk ausgedient­e Handys, um die wertvollen Rohstoffe zu recyceln und mit dem Erlös humanitäre Projekte im Kongo zu unterstütz­en.

Die 3000 Euro, die das Projekt pro Woche kostet, werden fast vollständi­g vom Bundesprog­ramm „Demokratie leben“finanziert. Die Resonanz ist nicht nur deutschlan­dweit, sondern auch in Leutkirch gewaltig. Etwa 500 Schüler ab Klasse 8 werden am Ende der Woche die eineinhalb Stunden-Ausstellun­g besucht und das ein oder andere ausgedient­e Handy in die Sammelbox geworfen haben.

Dass Flucht ein weltweites Dauerthema ist und auch die Region betrifft, weiß man hier. Vor allem seit 2015, als viele Syrer nach Leutkirch kamen. Das Buchprojek­t „Meine traurige Heimat war das schönste Land der Welt“wurde am Montagaben­d im Rahmen der Missio-truck-Woche ebenfalls vorgestell­t. Junge syrische Flüchtling­e erzählen darin ihre traurigen und fröhlichen, aber vor allem ganz persönlich­en Geschichte­n. Auch an diesem Donnerstag­abend geht es syrisch weiter. Dann kocht ein junger Syrer im Chillix (siehe „Kurz berichtet“).

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FOTOS: CHRISTINE KING Der Zwölftonne­r verlässt am Freitag Leutkirch Richtung Ruhrgebiet.
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Veronika weist die Besucher ein: Sie studiert derzeit in Freiburg und ist sogenannte Multiplika­torin beim Missio-Truck.

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