Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Meisterprämie ist überfällig“
Bei Altmeisterdankfeier spart der Kammerpräsident nicht mit Kritik
BAD WURZACH - Die Kreishandwerkerschaft hat am Dienstagnachmittag im Bad Wurzacher Kurhaus Goldene und Diamantene Meisterbriefe für den Altkreis Wangen verliehen. Handwerkskammer-Präsident Joachim Krimmer nutzte sie, um Forderungen der Branche Nachdruck zu verleihen.
Alle Festredner sprachen den Geehrten „allergrößten Dank und Hochachtung“aus. „Eine Herzensangelegenheit“sei der Kreishandwerkerschaft diese Auszeichnungsfeier, betonte Geschäftsführer Franz Moosherr.
Zunächst war es an Kreishandwerksmeister Michael Bucher, die Verdienste des Handwerks im Allgemeinen und der Ausgezeichneten hervorzuheben. „In den Schoß fiel und fällt dem Handwerk nichts“, sagte er, „auch nicht bei guter Konjunktur“. Die zunehmende Digitalisierung sei ein Umbruch wie die Industrielle Revolution, sagte Bucher. Nur wer mitgehe, investiere und so seinen Betrieb attraktiv und modern mache, habe später eine Chance, einen Nachfolger zu finden, mahnte er.
Die Bad Wurzacher Bürgermeisterin Alexandra Scherer dankte den Altmeistern für ihre Lebensleistung. Sie hätten einen erheblichen Beitrag zum Wiederaufbau Deutschlands, zu Freiheit, Wohlstand und Stabilität geleistet. „Auch das, was Bad Wurzach heute hat, verdanken wir ihnen. Ich wünsche mir manchmal, dass auch heute noch mehr Menschen Ihren Mut und Optimismus hätten.“
Joachim Krimmer, Präsident der Handwerkskammer Ulm, erinnerte daran, wie die Welt 1968, als die „Goldenen Meister“ihre Prüfung bestanden, aussah. Kurt-Georg Kiesinger war Bundeskanzler, Hans Filbinger baden-württembergischer Ministerpräsident, in der CSSR wurde der Prager Frühling gewaltsam unterdrückt, in Mexiko fanden die Olympischen Spiele statt, der 1. FC Nürnberg wurde Deutscher FußballMeister, die Stadt Passau erlaubte das Baden mit Bikini.
„Seit 50 Jahren arbeiten sie am Wohle unserer Gesellschaft“, dankte er den Altmeistern, „sie haben in dieser Zeit viele Steuern und Sozialbeiträge erwirtschaftet und so unser Gemeinwesen ermöglicht.“Als drängende Probleme, mit denen sich die Handwerkskammer beschäftigen muss, nannte Joachim Krimmer als Erstes die fehlenden Fachkräfte, was auch Folge einer jahrelangen falschen Bildungspolitik sei.
Die Gleichwertigkeit der handwerklichen und der akademischen Ausbildung müsse daher weiter umgesetzt werden. Wesentlich sei auch die Dezentralität der Berufsschulen. Drittens ist es für die Kammer wichtig, Flüchtlinge, die ausgebildet werden oder wurden, und auch angestellte Hilfskräfte nicht abzuschieben.
Als „Katastrophe“und „Unding“bezeichnete Krimmer viertens die Dieselfahrverbote, die die Handwerker mit ihrem Fuhrpark besonders hart treffe. Schließlich forderte der Leutkircher, auch in Baden-Württemberg die Einführung der Meisterprämie. „Dies ist überfällig.“
Nach den Ehrungen dankte Alois Fimpel, Ehrenobermeister der Metall-Innung aus Bad Wurzach, den Festrednern und Pfarrer Stefan Maier für die Gestaltung des Gottesdiensts in St. Verena am Vormittag. Sein Dank ging aber insbesondere an die Ehefrauen der Altmeister. „Wo wären wir ohne unsere lieben Frauen geblieben? Wenn sie nicht in guten und vor allem auch in schwierigen Zeiten uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden wären? Mindestens 50 Prozent der Auszeichnung gebührt daher ihnen.“
Die Geehrten Goldener Meisterbrief
(50 Jahre): Günther Martin, Landmaschinenmechanikermeister aus Bad Wurzach; Sebastian Zehn, Rollladenbaumeister aus Aichstetten; Anton Stiefenhofer, Bäckermeister aus Wangen.
Diamantener Meisterbrief
(60 Jahre): Alois Bentele, Maurermeister aus Leutkirch; Erich Brandner, Büromaschinenmechanikermeister aus Wangen; Hubert Dietenberger, Uhrmachermeister aus Leutkirch; Alfred Gropper, Raumausstattermeister aus Bad Wurzach; Anton Hörnle, Maler- und Lackierermeister aus Bad Wurzach; Hans Schattmaier, Fleischermeister aus Wangen; Josef Steinhauser, Metallbauermeister aus Wangen.