Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Meisterprä­mie ist überfällig“

Bei Altmeister­dankfeier spart der Kammerpräs­ident nicht mit Kritik

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Die Kreishandw­erkerschaf­t hat am Dienstagna­chmittag im Bad Wurzacher Kurhaus Goldene und Diamantene Meisterbri­efe für den Altkreis Wangen verliehen. Handwerksk­ammer-Präsident Joachim Krimmer nutzte sie, um Forderunge­n der Branche Nachdruck zu verleihen.

Alle Festredner sprachen den Geehrten „allergrößt­en Dank und Hochachtun­g“aus. „Eine Herzensang­elegenheit“sei der Kreishandw­erkerschaf­t diese Auszeichnu­ngsfeier, betonte Geschäftsf­ührer Franz Moosherr.

Zunächst war es an Kreishandw­erksmeiste­r Michael Bucher, die Verdienste des Handwerks im Allgemeine­n und der Ausgezeich­neten hervorzuhe­ben. „In den Schoß fiel und fällt dem Handwerk nichts“, sagte er, „auch nicht bei guter Konjunktur“. Die zunehmende Digitalisi­erung sei ein Umbruch wie die Industriel­le Revolution, sagte Bucher. Nur wer mitgehe, investiere und so seinen Betrieb attraktiv und modern mache, habe später eine Chance, einen Nachfolger zu finden, mahnte er.

Die Bad Wurzacher Bürgermeis­terin Alexandra Scherer dankte den Altmeister­n für ihre Lebensleis­tung. Sie hätten einen erhebliche­n Beitrag zum Wiederaufb­au Deutschlan­ds, zu Freiheit, Wohlstand und Stabilität geleistet. „Auch das, was Bad Wurzach heute hat, verdanken wir ihnen. Ich wünsche mir manchmal, dass auch heute noch mehr Menschen Ihren Mut und Optimismus hätten.“

Joachim Krimmer, Präsident der Handwerksk­ammer Ulm, erinnerte daran, wie die Welt 1968, als die „Goldenen Meister“ihre Prüfung bestanden, aussah. Kurt-Georg Kiesinger war Bundeskanz­ler, Hans Filbinger baden-württember­gischer Ministerpr­äsident, in der CSSR wurde der Prager Frühling gewaltsam unterdrück­t, in Mexiko fanden die Olympische­n Spiele statt, der 1. FC Nürnberg wurde Deutscher FußballMei­ster, die Stadt Passau erlaubte das Baden mit Bikini.

„Seit 50 Jahren arbeiten sie am Wohle unserer Gesellscha­ft“, dankte er den Altmeister­n, „sie haben in dieser Zeit viele Steuern und Sozialbeit­räge erwirtscha­ftet und so unser Gemeinwese­n ermöglicht.“Als drängende Probleme, mit denen sich die Handwerksk­ammer beschäftig­en muss, nannte Joachim Krimmer als Erstes die fehlenden Fachkräfte, was auch Folge einer jahrelange­n falschen Bildungspo­litik sei.

Die Gleichwert­igkeit der handwerkli­chen und der akademisch­en Ausbildung müsse daher weiter umgesetzt werden. Wesentlich sei auch die Dezentrali­tät der Berufsschu­len. Drittens ist es für die Kammer wichtig, Flüchtling­e, die ausgebilde­t werden oder wurden, und auch angestellt­e Hilfskräft­e nicht abzuschieb­en.

Als „Katastroph­e“und „Unding“bezeichnet­e Krimmer viertens die Dieselfahr­verbote, die die Handwerker mit ihrem Fuhrpark besonders hart treffe. Schließlic­h forderte der Leutkirche­r, auch in Baden-Württember­g die Einführung der Meisterprä­mie. „Dies ist überfällig.“

Nach den Ehrungen dankte Alois Fimpel, Ehrenoberm­eister der Metall-Innung aus Bad Wurzach, den Festredner­n und Pfarrer Stefan Maier für die Gestaltung des Gottesdien­sts in St. Verena am Vormittag. Sein Dank ging aber insbesonde­re an die Ehefrauen der Altmeister. „Wo wären wir ohne unsere lieben Frauen geblieben? Wenn sie nicht in guten und vor allem auch in schwierige­n Zeiten uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden wären? Mindestens 50 Prozent der Auszeichnu­ng gebührt daher ihnen.“

Die Geehrten Goldener Meisterbri­ef

(50 Jahre): Günther Martin, Landmaschi­nenmechani­kermeister aus Bad Wurzach; Sebastian Zehn, Rollladenb­aumeister aus Aichstette­n; Anton Stiefenhof­er, Bäckermeis­ter aus Wangen.

Diamantene­r Meisterbri­ef

(60 Jahre): Alois Bentele, Maurermeis­ter aus Leutkirch; Erich Brandner, Büromaschi­nenmechani­kermeister aus Wangen; Hubert Dietenberg­er, Uhrmacherm­eister aus Leutkirch; Alfred Gropper, Raumaussta­ttermeiste­r aus Bad Wurzach; Anton Hörnle, Maler- und Lackiererm­eister aus Bad Wurzach; Hans Schattmaie­r, Fleischerm­eister aus Wangen; Josef Steinhause­r, Metallbaue­rmeister aus Wangen.

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FOTO: STEFFEN LANG Die ausgezeich­neten Altmeister mit Franz Moosherr (Zweiter von links, stehend) sowie (stehend, von rechts) Joachim Krimmer, Alexandra Scherer und Michael Bucher.

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