Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Tote Syrerin: Urteil fällt vor Weihnachten
Im Prozess gegen zwei Brüder, die eine 35-Jährige ermordet haben sollen, gab es bereits über 100 Zeugenaussagen
MEMMINGEN - Über 100 Aussagen von Zeugen und Sachverständigen haben die Richter im Prozess um eine ermordete Syrerin vor dem Memminger Landgericht inzwischen gehört. Das Verfahren hatte am 10. September begonnen. Auch an den Fortsetzungsterminen am Montag und Dienstag sind wieder mehr als zehn Zeugen geladen, sagt Pressesprecher Jürgen Brinkmann. Wann die Beweisaufnahme geschlossen wird, ist derzeit noch völlig unklar. Das Urteil soll aber noch vor Weihnachten fallen. Bislang ist der letzte Verhandlungstag auf den 21. Dezember terminiert.
Vor Gericht stehen der Schwager und der Ehemann des Opfers, die die dreifache Mutter umgebracht haben sollen. Der 51-jährige Ehemann hatte bereits am ersten Verhandlungstag zugegeben, seine Frau erdrosselt zu haben. Sein Bruder habe ihm lediglich geholfen, die Leiche verschwinden zu lassen. Der 60-Jährige machte bis jetzt keine Angaben.
Um herauszufinden, ob die Version des 51-Jährigen stimmt und was im August 2017 wirklich passierte, ist die 1. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Christian Liebhart deshalb auf Indizien angewiesen. So sind an den bisher 19 Verhandlungstagen die verschiedensten Personen befragt worden – darunter Familienmitglieder, Polizisten, Bekannte, Menschen aus dem Umfeld der Täter und des Opfers sowie Zeugen, die etwas von der Tat mitbekommen haben könnten. Manche mussten auch öfter aussagen, wenn es im Nachhinein weiteren Klärungsbedarf gab, erläutert Brinkmann. An jedem Verhandlungstag ist auch ein Gutachter dabei, der am Ende des Prozesses die Schuldfähigkeit der Angeklagten bewertet. Bei so schweren Delikten sei das üblich, sagt stellvertretender Landgerichtssprecher Ivo Holzinger. Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, im August 2017 den Plan geschmiedet zu haben, ihre Frau beziehungsweise Schwägerin zu töten. Die Ehe des 51-Jährigen mit der 35-Jährigen war zu diesem Zeitpunkt bereits seit Längerem zerrüttet. Sie hatte wohl eine Beziehung zu einem anderen Mann. Laut Anklageschrift reagierten die Brüder darauf immer wieder mit körperlicher Gewalt. Die 35-Jährige wollte sich von ihrem Mann scheiden lassen. Das wollten die Brüder, die auch aus Syrien stammen, nicht zulassen.
Am Tattag soll der Ehemann mit seiner Frau zu einer Halle im Gewerbegebiet in Memmingerberg gefahren sein – angeblich, um dort ein Gespräch mit ihr zu führen. Sein Bruder, der in der Nähe wohnt, wartete dort laut Anklage auf die beiden. Während er die Frau ablenkte, soll sich der 51-Jährige hinter sie gestellt, ihr einen Kabelbinder um den Hals gelegt und sie erdrosselt haben. Die Leiche sei in eine Plastikfolie gesteckt und auf den Grund eines Sickerschachtes gelegt worden. Daraufhin hätten die Tatverdächtigen diesen mit Bauschutt und Sand aufgefüllt. Das Verschwinden der 35-Jährigen erklärten die Männer damals damit, dass die Frau die Familie verlassen habe. Im August 2017 wurde sie als vermisst gemeldet. Die Polizei ermittelte und barg die Leiche der Frau im Oktober 2017 aus sechs Metern Tiefe. Die beiden Brüder wurden festgenommen und sitzen seither in Untersuchungshaft. In seiner Aussage zum Prozessauftakt hatte der 51-Jährige seinen Bruder entlastet. Der 60-Jährige habe von der Tat nichts gewusst, sondern ihm lediglich geholfen, den Sand zu besorgen, mit dem die Leiche überschüttet wurde.