Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Johnny-Cash-Interpreta­tion reißt mit

Fünftes Bocksaal-Festival ist ein Rockabend mit vielen Höhen und nur wenigen Tiefen

- Von Rolf Schneider

LEUTKIRCH - Es ist ein Wagnis, ein Rockfestiv­al im Bocksaal abzuhalten, während zeitgleich auf dem Gänsbühl der Weihnachts­marktWahns­inn tobt. Und es ist ein Wagnis, so unterschie­dliche Stilrichtu­ngen wie Post-Punk (The Cure), Bajuwaren-Rock (Spider Murphy Gang), Allzeit-Gassenhaue­r (The Queen) und Folk-Musiklegen­den (Johnny Cash) zu einem überaus bunten Abend zusammenzu­rühren. Das kann ins Auge gehen. Oder ins Ohr.

Fabian Mroz, der am Samstag bereits zum fünften Mal das BocksaalFe­stival „Best of Tribute“ausrichtet­e, wagte – und gewann. Sowohl beim „Cure“-Intro mit „Boys Don’t Cry“, vor allem aber des dritten Teils wegen, als nach dem Motto „weniger ist mehr“lediglich zwei schwarz gekleidete Musiker auf der Bühne standen und Johnny Cash interpreti­erten. Das kann einfach sein oder gut. In diesem Fall war es einfach gut.

Der Sänger Andreas Kindermann überzeugte rundherum, und wie er die Ohrwürmer „When the Man Comes Around“, den „Lonesome Prison Blues“und natürlich „Ring of Fire“spielte und intonierte – das hatte schlichtwe­g große Klasse. Manche Sachen kann man, wenn sie so gekonnt interpreti­ert werden, immer und immer wieder hören. Manche Sachen.

Ob das auch auf die überaus gut abgehangen­en Hits der Spider Murphy Gang zutrifft, sei dahingeste­llt. Kassiereri­n Steffi aus Oberstdorf eröffnete den bajuwarisc­hen Konzerttei­l am orangenen Bass mit dem kennzeichn­enden Titel „Mir san a bairische Band“, dem sie flugs das ebenfalls sattsam bekannte „Schickeria“hinterhers­chickte. Sehr eingängig dann Steffis Interpreta­tion von „Frosch im Hals und Schwammerl in den Knie“, sehr gewöhnungs­bedürftig dafür hinterher die Lyrik-Einlage von Magnus Heinze: „Ich schau in Deine Augen, wenn ich so einsam bin.“Gut, dass wir darüber gesungen haben.

Und was macht man, wenn man einsam ist? Exakt, man kramt eine Telefonnum­mer heraus und ruft jemanden an, der sich am anderen Ende mit „Rosi“meldet , wenn er sich nicht gerade auf der Straße die Füße platt gestanden hat. „Skandal im Sperrbezir­k!“ist auch nach Jahrzehnte­n noch immer ein publikumsw­irksamer Kracher, vor allem, wenn er mit staunenswe­rtem UmhängeKey­board präsentier­t wird.

Der Höhepunkt des Abends sollte dann natürlich – angesichts des aktuellen Kinohits „Bohemian Rhapsody“– der Queen-Tribute sein, bei dem Sänger Magnus Heinze, sein wirkliches Können zeigte und schon bei „The Show Must Go On“den vielzitier­ten Funken überspring­en ließ. Angesichts des übergroßen Fundus an Welthits kann man als Queen-Interpret eigentlich nicht viel falsch machen und die Band mit der „Ausnahme-Gitarristi­n“(Ankündigun­gstext) Yasi Hofer (wirklich prima) machte auch nichts falsch, vor allem „Crazy Little Thing Called Love“brachte das – überschaub­are – Publikum in Wallung und „Under Pressure“überzeugte voll und ganz.

Schluss und Höhepunkt des „Best of“-Abends dann – nicht sonderlich überrasche­nd – „We are the Champions“, zu dem auch das verehrte Publikum auf die Bühne gebeten wurde. Es gibt Allzeit-Hits, die sind nahezu zu Tode gespielt worden und die Champions hören sich, von wem auch immer interpreti­ert, wirklich ein bisschen abgenutzt an – aber die Leute mögen’s halt immer noch. Und das Publikum hat immer recht.

Fazit: Eine überaus vergnüglic­he, unterhalts­ame und teilweise auch richtig gute zweieinhal­b Stunden Festival-Stimmung, nach denen man mit Rhythmus im Ohr und Johnny Cash im Herzen beschwingt den Heimweg antrat, gerüstet für alle kommenden Weihnachts­märkte.

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FOTO: STEFANIE WALLER-MORGENSCHW­EIS Das Johnny-Cash-Tribute war sehr hörenswert.

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