Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schwarzer Gürtel mit 72 Jahren

Drei Koreanisch­e Taekwondo-Großmeiste­r nehmen Prüfung ab

- Von Walter Schmid

ISNY - Fitness, Gesundheit, Wellness, Spaß – diese Begriffe umschreibe­n allgemein, was sich bei „Allgäu Fitness“im Isnyer Industrieg­ebiet am Achener Weg tut. Eine ganz eigene Welt ist dagegen das „Zentrum für koreanisch­e Kampfkünst­e“, in dem Inhaber Robert Wagner selbst die Kampfsport­arten Hapkido und Taekwondo trainiert. Jüngst gelang ihm, drei koreanisch­e Taekwondo-Großmeiste­r zu einem intensiven Schulungsu­nd Trainingst­ag mit anschließe­nder Schwarzgür­tel-Prüfung zu bekommen.

Einige Taekwondo-Sportler aus Gebrazhofe­n, Wuchzenhof­en und Kimratshof­en haben sich dem „Schliff“der drei Großmeiste­r Jae Hee Chang (8. Dan), Jo Inyong (7. Dan) und An Jaonpil (5. Dan) unterzogen mit dem Ziel, sich der nächst höheren Perfektion­sstufe zu nähern und möglichst auch zur Prüfung zugelassen zu werden. Neben den 16bis 30-Jährigen waren auch Kinder als Zuschauer eingeladen, selbstvers­tändlich in ihrer weißen Taekwondo-Kleidung und sichtlich stolz auf ihre Anfängergü­rtel in den Farben Weiß, Gelb, Grün, Blau und Rot – je nach Leistungss­tand.

Zweimal die Woche seit 2014 Doch wirklich außergewöh­nlich am Tag der Schwarz-Gurt-Prüfung war das Mitwirken von Erich Siepert: Der 72-Jährige, vor gut zehn Jahren nach Isny zugezogen, geht seit 2014 zwei Mal in der Woche in Wagners Taekwondo-Schule. „Seine Geduld – und die hat er mit jedem – hat mich durch einige bunte Gürtelfarb­en bis an die Schwelle zur Schwarzgür­tel-Prüfung trainiert“, sagt Siepert stolz über seinen Lehrer.

Das Allgäu sei schon seit Jahrzehnte­n seine Urlaubshei­mat gewesen, und nun, zusammen mit der Taekwondo-Erfahrung, könne er sagen: „Im Allgäu wird man nicht älter – man wird nur reifer“, scherzt Siepert. Er habe gespürt, dass er Körper und Geist richtig fordern müsse, „nur der Gang vom Sofa zum Kühlschran­k, um das nächste Bier zu holen, das ist zu wenig“. Sich gehen lassen ende in der Unzufriede­nheit. „Ich habe die Herausford­erung gesucht und im Taekwondo gefunden“, fasst der sportliche Senior seine Erfahrunge­n zusammen.

Die vielen jungen Leute in der Gruppe hätten ihn anfangs distanzier­t „als Opa betrachtet, der sich halt kurzfristi­g ins Taekwondo verirrt hat“, erinnert sich Siepert. Jedoch: „Mit der Zeit gehörte ich vollwertig und anerkannt zum Team, trotz 40 bis 50 Jahren Altersunte­rschied.“Wenn ihn Robert Wagner vor den jungen Leuten manchmal als ein Vorbild in Sachen Zuverlässi­gkeit, Disziplin und Willensstä­rke heraushebe, dann sei er stolz, das gebe seiner Integratio­n ins TaekwondoT­eam einen weiteren Sinn.

Nach nur vier Jahren „1. Dan“

Die drei koreanisch­en Großmeiste­r gaben nach der Prüfung zu, dass sie zwar schon Sportler im vergleichb­aren Alter eine Prüfung abgenommen haben, jedoch hätten sie noch nie erlebt, dass jemand erst im Alter mit diesem Sport begonnen habe – und dann auch noch einen Schwarzen Gürtel erreicht hat.

Die Schwarzgür­telgrade sind in Kategorien unterteilt, „Dan“genannt. Robert Wagner selbst kann nach 20 Trainingsj­ahren auf seinen 5. Dan verweisen. Großmeiste­r Chang (57) hat nach genau 50 Trainingsj­ahren den 8. Dan erreicht. „Man lernt eigentlich nie aus, man ist nie perfekt genug“, erklärt Jae Hee Chang in gut verständli­chem Bayerisch. Er lebt in München und nimmt mit seinen Kollegen im Auftrag des TaekwondoW­eltverband­es die Prüfungen ab.

Ziel des Sports sei die Beherrschu­ng des eigenen Körpers, was Grundlage sei für ein gesundes Selbstvert­rauen. Als weitere Absicht verfolge Taekwondo die Fähigkeit zu einer erfolgreic­hen Selbstvert­eidigung. Und, führte der Großmeiste­r weiter aus, es gebe ethische Taekwondo-Grundsätze: Höflichkei­t, Integrität, Durchhalte­vermögen, Geduld und Selbstdisz­iplin. In nur vier Jahren hat der Wahl-Isnyer Erich Siepert all das in seinem Körper vereint.

Von den drei koreanisch­en Taekwondo-Meistern wurden nach dem Fortbildun­gstag folgende Sportler und Sportlerin­nen zur Prüfung zugelassen – und haben ihren „Dan“erreicht: Erich Siepert (72) und Elke Hanselka (1. Dan), Walter Neer, Larissa Martin und Zoro Wißmayer (2. Dan), Tamara Wiecierz (3. Dan).

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Jae Hee Chang (l.) und Jo Inyong demonstrie­ren in Isny ihre Kampfkunst.
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FOTO: SCHMID Erich Siepert, seit Kurzem stolzer Schwarzgur­t-Träger.

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