Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Lebende Legende einer goldenen Ära
„Spartacus“-Held Kirk Douglas wird 102 Jahre
LOS ANGELES (dpa) - Wenige Wochen vor seinem 102. Geburtstag sonnt sich Kirk Douglas im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Im grauen Anzug, mit hellrosa Hemd und Sonnenbrille sitzt die Leinwandlegende im Rollstuhl auf dem Hollywood Boulevard, ganz nah an der Stelle, wo er 1960 mit einem Stern auf dem „Walk of Fame“verewigt wurde. Der strahlende „Spartacus“-Held, jetzt mit schlohweißen Haaren, schaut als Ehrengast zu, als Sohn Michael Douglas (74) seine eigene Sternenplakette auf der berühmten Flaniermeile enthüllt.
„Ich liebe alle meine Söhne“, sagt der vierfache Vater. „Es war so eine Ehre und ein Privileg, für Michael an diesem besonderen Tag dabei zu sein. Ich freue mich so für ihn, er ist ein wunderbarer Schauspieler, Vater und Sohn.“Doch nun steht die eigene große Feier an. An diesem Sonntag wird Kirk Douglas, eine der letzten Legenden Hollywoods, 102 Jahre alt. „Alle meine Jungs und viele meiner Enkel werden dabei sein“, teilt der Star in einem schriftlich geführten Interview mit. „Und gute Freunde wie Jeffrey Katzenberg, Steven Spielberg und Ron Meyer. Es wird wunderbar sein. Meine Frau Anne bereitet alles vor, ich muss nur aufkreuzen!“
Buch über Schlaganfall
Der Familien-Patriarch hat das Tempo gedrosselt, öffentliche Auftritte wie zuletzt auf dem „Walk of Fame“sind selten geworden. Die Folgen eines schweren Schlaganfalls im Jahr 1996 sind dem Jubilar noch anzumerken. Douglas musste danach das Sprechen wieder mühsam lernen. In seinem achten Buch – „Ein Fall von Glück – Mein neues Leben nach dem Schlaganfall“(My Stroke of Luck) – beschrieb er 2002 die schwierige Genesung.
Auch als über Hundertjähriger ist er aber noch kämpferisch. In einem Blog bei der „Huffington Post“warnte der liberale Star mit dem markanten Grübchen im Kinn im Herbst 2016 vor den Folgen eines Wahlsieges von Donald Trump. In seinem Eintrag zitierte er aus einer Wahlkampfrede des Republikaners, die sich gegen Einwanderer richtete.
„Dies sind nicht die amerikanischen Werte, für deren Schutz wir im Zweiten Weltkrieg gekämpft haben“, wetterte Douglas. Er selbst sei 16 Jahre alt gewesen, als 1933 ein Mann in Deutschland an die Macht kam, den zuerst niemand ernst genommen habe, führte der Sohn jüdisch-russischer Einwanderer weiter aus. „Ich bin immer noch ein Liberaler und ich kämpfe für die Dinge, an die ich mein ganzes Leben lang geglaubt habe“, erklärt Douglas jetzt kurz vor seinem 102. Geburtstag.
Seine Karriere musste sich Douglas anfangs hart erkämpfen. Als Issur Danielovitch Demsky geboren, wuchs er mit sechs Schwestern im Armenviertel der Industriestadt Amsterdam im US-Bundesstaat New York auf. Mit Jobs als Hausmeister und Ringer auf Jahrmärkten finanzierte er sein Studium, um möglichst schnell auf die Schauspielschule zu kommen. Nach dem Krieg hatte er Glück. Seine frühere Klassenkameradin Lauren Bacall, die Douglas schon kleinere Rollen am Broadway verschafft hatte, empfahl ihn bei den ANZEIGE Studiobossen in Hollywood. Als Alkoholiker-Ehemann von Barbara Stanwyck debütierte er 1946 in dem Film „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“so überzeugend, dass schnell weitere Hauptrollen folgten, etwa in „Glasmenagerie“und „Reporter des Satans“. Insgesamt spielte Douglas in mehr als 80 Filmen mit, oft unter großen Regisseuren wie Billy Wilder, Howard Hawks, Otto Preminger und Elia Kazan. In seinen Filmen hatte Douglas eine Vorliebe für Bösewichte, Draufgänger und schwierige Helden. Und im wirklichen Leben? „Ich denke nicht, dass ich ein harter Bursche bin, doch im College habe ich die Medaille im Ringen gewonnen“, erzählt Douglas.
Drei Mal wurde er für den Oscar nominiert: für die Rolle des rücksichtslos-ehrgeizigen Boxers in „Zwischen Frauen und Seilen“, für den machtbesessenen Filmproduzenten in „Stadt der Illusionen“und für sein eindrucksvolles Künstlerporträt „Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft“. Belohnt wurde er schließlich 1996 mit einem EhrenOscar für sein Lebenswerk.
Wie viele seiner Helden hat auch Douglas sich nie dem Druck von oben gebeugt. Mit der Gründung einer Produktionsfirma wurde er sein eigener Herr. Er gab ihr den Namen seiner aus der Ukraine stammenden Mutter Bryna. Für die Großproduktion „Spartacus“unter der Regie von Stanley Kubrick verpflichtete Douglas Dalton Trumbo als Drehbuchschreiber, obwohl dieser auf der schwarzen Liste der geächteten kommunistischen Künstler stand und damit Berufsverbot hatte. Douglas pfiff darauf und ging das Risiko ein, Trumbo zu beschäftigen. „Ich war jung und dumm, aber ich handelte aus Überzeugung und stand dazu“, erinnert sich Douglas heute. Er selbst trumpfte in dem teuren Historienepos als der legendäre Sklavenanführer auf.
Mit seinem zweifach Oscar-gekrönten Sohn Michael („Wall Street“, „Einer flog über das Kuckucksnest“) stand Douglas zum ersten Mal 2003 gemeinsam vor der Kamera – in der autobiografisch angehauchten Komödie „Es bleibt in der Familie“. Mit seiner zweiten Frau Anne (99), einer in Hannover geborenen Produzentin, ist er seit 1954 verheiratet. Mit 102 Jahren schreibt Douglas an seinem zwölften Buch, eine Sammlung von Essays über das Alter. „Die Abende verbringe ich mit meiner Frau“, sagt Douglas, „wir erzählen uns, was am Tag passiert ist oder plaudern über die Vergangenheit. Das ist unsere Goldene Stunde.“