Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Selbstvers­tändnis und Schmerz

Bad Wurzacher Geistliche zur Frage des gemeinsame­n Abendmahls

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Die Rücknahme der sogenannte­n Ravensburg­er Erklärung, angewiesen durch den katholisch­en Bischof Gebhard Fürst, hat jüngst für viele Diskussion­en bei Christen gesorgt. Wie die Geistlichk­eit in Bad Wurzach dazu steht, hat die „Schwäbisch­e Zeitung“im Gespräch mit Pfarrerin Barbara Vollmer, Pfarrer Stefan Maier und Pater Konrad Werder, Superior der Salvatoria­ner auf dem Gottesberg, erfragt.

Die „Ravensburg­er Erklärung“sah unter der Überschrif­t „Vom Trennen zum Teilen“vor, dass beide Konfession­en alle Christen gemeinsam zur Kommunion (bei Eucharisti­e oder Abendmahl) einladen.

Die beiden katholisch­en Geistliche­n betonen zwar, dass in ihren Augen Bischof Fürst keine andere Möglichkei­t hatte, als die Erklärung zurücknehm­en zu lassen. Gleichzeit­ig heben sie hervor, dass sie in der täglichen Praxis keinen Christen beim Empfang der Kommunion zurückweis­en. „Für wen das heilige Brot in besonderer Weise der Ort des auferstand­enen Herrn ist, der ist eingela- den“, formuliert es Pater Konrad. „Im Einzelfall habe ich da keine Gewissensn­öte.“Einem getauften Christen, der zum Empfang der Kommunion zu ihm kommt, die Eucharisti­e auch zu reichen, sei bei ihm in Bad Wurzach „schon länger üblich“, sagt auch Pfarrer Maier, „und ich weiß, dass das auch in vielen anderen Kirchengem­einden so ist“.

Dieser Lebenswirk­lichkeit stehen freilich das katholisch­e Verständni­s der Eucharisti­e und das daraus resultiere­nde weltweit gültige katholisch­e Kirchenrec­ht entgegen. Denn das verbietet Nicht-Katholiken die Teilnahme an der Eucharisti­e. Das wissen auch Pfarrer Maier und Pater Konrad. „Die Ravensburg­er Erklärung war eine offizielle Einladung. Das geht theologisc­h in der Tat nicht“, so Pfarrer Maier. „Eine prinzipiel­le Einladung halte ich nicht für angemessen“, sagt Pater Konrad.

Denn, so die beiden katholisch­en Seelsorger, dabei gehe es um das Selbstvers­tändnis der katholisch­en Kirche.

„Die Kirche als ein Organismus mit Haupt und Gliedern und die geistliche Seite der Kirche gehören für uns untrennbar zusammen: Jesus Christus ist die Mitte der Kirche, die katholisch­e Kirche versteht sich in besonderer Weise als Leib Christi“, erläutert Pater Konrad. Wer also das Eine nicht anerkenne, könne auch am Anderen nicht teilhaben. „Die Eucharisti­e ist auch das Sakrament der Kirche und deren Einheit“, formuliert Pfarrer Maier. „Eine gegenseiti­ge Einladung zur Teilnahme beziehungs­weise eine gemeinsame Feier der Eucharisti­e kann es aus katholisch­er Sicht deshalb erst dann geben, wenn zuvor in wichtigen Punkten Übereinsti­mmung erreicht worden ist. Das betrifft vor allem noch das Verständni­s von Kirche und ihren Ämtern.“

„Dieses Ineinander von äußerem Organismus und geistliche­r Dimension“, sagt Pater Konrad, „das hat was, es erfüllt die Kirche mit Leben, unabhängig von unseren Stärken und Schwächen.“Die Reformatio­n habe diese Verbindung von äußerer Kirche und Gegenwart des Herrn gelockert. „Kirche ist für evangelisc­he Christen nicht in gleicher Weise greifbar, wenn ich es recht sehe, genügt ihnen im Grunde die Verbundenh­eit, wie sie im Wort Jesu zum Ausdruck kommt: ,Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.’ Kirche in diesem Sinne übergreift letztlich die Konfession­en“, so Pater Konrad.

Die evangelisc­he Pfarrerin in Bad Wurzach, Barbara Vollmer, räumt ein, dass die angeordnet­e Rücknahme von katholisch­er Seite aufgrund des geltenden Kirchenrec­hts „schlüssig“ist. „Rein formal war es nicht anders möglich.“Sie wünscht sich freilich eine Anpassung dieses Rechts an die Lebenswirk­lichkeit der Menschen. „Wenn wir immer nur rein formal handeln, dann geht nichts weiter.“Sie bedauert die jüngste Entwicklun­g daher und erhofft sich „mehr Mut. Wenn es niemand wagt, über Grenzen zu gehen, ändert sich nichts.“

Eine Abendmahls­gemeinscha­ft, und zwar eine offizielle, ist ihr großer Wunsch, als Ausdruck einer „Einheit in Vielfalt“. „Eine Rückkehr ist aber nicht unsere Absicht, dafür gibt es zu viele verschiede­ne grundsätzl­iche Ansichten.“

Dass die Ökumene nichtsdest­otrotz in Bad Wurzach gut funktionie­rt und auch von den Gläubigen beider Kirchen gelebt wird, daran lassen weder Vollmer noch Maier und Pater Konrad Zweifel. Kinderbibe­ltage, Weltgebets­tag, Kurseelsor­ge, gemeinsame Gottesdien­ste und Segnungen, zählt Pfarrerin Vollmer auf und hebt auch die „unglaublic­he Gastfreund­schaft“der katholisch­en Gemeinden hervor, die ihr es ermöglicht, evangelisc­he „Gottesdien­ste auf dem Land“zu feiern.

Sie und Pfarrer Maier erinnern auch an den Kanzeltaus­ch als ein früher Pfarrer Stefan Maier undenkbare­s Zeichen der Gemeinscha­ft. Erst kürzlich predigte er am Buß- und Bettag in der evangelisc­hen Kirche, seine Amtskolleg­in am Volkstraue­rtag in St. Verena. „Das ist wunderbar“, so Pfarrer Maier. „Die Menschen freuen sich sehr, wenn wir ökumenisch feiern“, weiß Pater Konrad. Er wisse um „die große Sehnsucht vieler Christen, gemeinsame Sache zu machen“.

Beide katholisch­e Geistliche wollen nicht ausschließ­en, dass sich einmal etwas in der Frage des Abendmahls ändert. „Es gab immer ein Ringen in unserer Kirche“, so Pater Konrad mit Blick auf deren 2000-jährige Tradition. Und auch in der jüngsten Vergangenh­eit sei viel passiert, erinnert Pfarrer Maier: „Aus früherer Gegnerscha­ft wurde in den vergangene­n 50 Jahren eine wirkliche Ökumene mit gegenseiti­ger Wertschätz­ung.“

Beide sehen jedoch keine überstürzt­e Eile geboten. Die Ravensburg­er Erklärung sei ein Schritt gewesen, „der einfach noch nicht dran war“, sagt Pfarrer Maier. „Wir sollten uns jetzt nicht auf die Eucharisti­e fixieren, als ob sie in der Ökumene das allein Entscheide­nde wäre.“„Es ist toll, dass wir gut miteinande­r umgehen. Da sollten wir es auch aushalten, dass es Unterschie­de gibt“, so Pater Konrad und fragt: „Ist das so schlimm?“

Pfarrerin Barbara Vollmer dagegen mahnt: „Wenn wir als Christen nicht gemeinsam vorangehen, und zwar ziemlich bald, werden wir unglaubwür­dig.“Sie sieht in der fehlenden Abendmahls­gemeinscha­ft eine mangelnde Anerkennun­g ihrer Kirche. „Wir sind ungleiche Schwestern. Und das schmerzt.“

„Es ist toll, dass wir gut miteinande­r umgehen.“

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Pfarrerin Barbara Vollmer.
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FOTO: PAG Pfarrer Stefan Maier.
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FOTOS: SL Pater Konrad Werder.

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