Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Stephanuswerk füllt Lücke in Unterbringung
CDU Ortsverein besucht unbegleitete minderjährige Ausländer
ISNY - Toni Drescher ist seit September 2015 der pädagogische Leiter der damals neu aufgebauten Jugendhilfe des Bildungszentrums im Stephanuswerk. Dort kümmert er sich mit seinem Team auch um unbegleitete minderjährige Ausländer (umA), seit sie in Isny angekommen sind und in der Einrichtung wohnen. Jüngst informierten sich Silvia Ulrich, Jürgen Immler, Peter Manz, Alexander Fürst von Quadt, Marc Siebler und Alexander Sochor von der Isnyer CDU, wie sich die Unterbringungsund Lernsituation für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit ihrer Ankunft entwickelt hat.
„Wenn die umA aus der Betreuung der Jugendhilfe ausscheiden, fallen sie in der Regel in eine Versorgungslücke“, nannte Drescher eingangs das drängendste Problem, das mit Vollendung des 18. Lebensjahres aufschlägt. Das Stephanuswerk hat inzwischen aber reagiert: Seit etwa einem Jahr werden einzelne Zimmer an „umA“vermietet, die auf dem freien Markt kaum eine Chance haben, eine Wohnung zu finden. Sie würden in der Obdachlosigkeit landen.
„Die Vergabe der Zimmer ist an strenge Kriterien gebunden“, betonte Drescher. So müsse entweder ein Ausbildungsplatz, eine Arbeitsstelle, der Besuch einer allgemeinbildenden oder einer weiterführenden Schule nachgewiesen werden. Darüber hinaus werde viel Wert gelegt auf einen respektvollen Umgang miteinander, die Teilnahme an Mieterbesprechungen und soziale Kompetenzen, um das Leben in der Gemeinschaft positiv mitzugestalten.
Beim Rundgang durch den Wohnbereich erklärte Direktor Rolf Jehle ein wichtiges Ziel: Die Geflüchteten können sich im Stephanuswerk sicher fühlen und werden von mehreren Fachkräften ständig betreut. „Die Unsicherheit belastet die jungen Geflüchteten unheimlich, das Erlebte von der gefährlichen Flucht kommt noch dazu“, erklärt er.
Zum Team der Fachkräfte zählen die zwei Bildungslotsen Renate Ritter und Peter Bicheler. Sie bemühen sich speziell um Praktika, Ausbildung und Integration der „umA“in den Arbeitsmarkt. „Die jungen Menschen auf ihrem Weg in Arbeit so gut und erfolgreich zu begleiten, das ist derzeit nur über ein Projekt der Deutschen Fernsehlotterie möglich“, erklärte Beate Kamp, die Leiterin des Bildungszentrums. Doch die Finanzierung laufe in naher Zukunft aus.
Außerdem werde dringend weiterer Wohnraum in der Stadt gesucht, welchen aufzutun sei aber fast unmöglich. „In diesem Gebäude im Stephanuswerk wäre noch Kapazität, aber nur, wenn wir den Sanitärbereich ertüchtigen“, berichtete Kamp. Es fehlen rund 35 000 Euro. Gleichwohl habe das Bildungszentrum „unbürokratisch auf Notlagen reagiert“und sei in Vorleistung gegangen: für Nachhilfeunterricht, eine Küchenerweiterung oder für die so wichtige Begleitung der MieterGemeinschaft.
Finanzielle Unterstützung
Um weiterhin sinnvoll und nachhaltig arbeiten und das Wohnprojekt erweitern zu können, sei eine finanzielle Unterstützung von Seiten der Stadt dringend nötig, denn mit dem Angebot führe das Stephanuswerk die von der Jugendhilfe bereits geleistete, notwendige Arbeit weiter, um eine Integration der „umA“ins Gemeinwesen und ins Arbeitsleben geordnet zu entwickeln.
Beim Besuch der Unterrichtsräume erfuhren die Gäste der CDU, wie schwierig es ist, die Geflüchteten in den Deutschkursen zunächst auf ein Niveau zu bringen, das ihnen ermöglicht, eine Ausbildung zu beginnen oder einen Hauptschulabschluss zu erlangen. „Da gibt es welche, die schon in ihrem Heimatland eine Schule besucht haben und andere, die auf einem Dorf aufgewachsen sind und nahezu keine Vorbildung haben“, erklärte Kamp.
Mit dem so bezeichneten „Sprachniveau A2“sei noch nicht möglich, eine Ausbildung zu beginnen. Froh sei sie, dass Isnyer Betriebe Praktika für die jungen Ausländer anbieten. Nicht wenige hätten auf diesem Weg schon Arbeit gefunden. Auch die „VAB“(früher Berufsvorbereitungsjahr), die zum Hauptschulabschluss führt, hätten einige schon geschafft. Flexiblere Regelungen von Seiten der Agentur für Arbeit und der Handwerkskammern wären aber wünschenswert, damit auch Teilqualifizierungen für diesen Personenkreis möglich werden, ergänzte Kamp.
Einer erfolgreichen Integration stünden auch die momentane Bewilligungspraxis von Asylanträgen entgegen: „Seit etwa eineinhalb Jahren wird jeder Antrag abgelehnt“, erklärte Drescher. Und ohne „Aufenthaltstitel“sei es nur nach vorheriger Genehmigung durch die Ausländerbehörde möglich, zu arbeiten. Bei den meisten werde Klage gegen den ablehnenden Bescheid erhoben, allerdings dauere es bisher sehr lange, bis es zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht komme. Die erste Klage sei vor circa zweieinhalb Jahren erhoben und ist bis heute noch nicht beschieden worden. „Wenn diese jungen Menschen niemanden haben, der sich kümmert, stranden sie in einer Sackgasse“, unterstrich Drescher.
Er konnte allerdings auch viele Erfolgsgeschichten erzählen. Drescher freut sich beispielsweise über einen jungen Mann aus Syrien, der zunächst über Leiharbeit bei der Firma Dethleffs beschäftigt war und nach 15 Monaten in einen regulären Arbeitsvertrag übernommen wurde. Er habe sich nun für eine Ausbildung zum Fachlageristen beworben und werde diese im September 2019 beginnen. Er sei bereits sehr gut integriert, und auch der Arbeitgeber wolle nicht mehr auf ihn verzichten.