Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Magie ihrer Stimmen erliegen die Besucher

„Vivid Curls“gastieren mit ihrer „Schneefloc­kennacht“in der Kirche St. Georg und Jakobus

- Von Babette Caesar

ISNY - Schneefloc­ken sind nicht vom Himmel gefallen. Dem Konzert der „Vivid Curls“in der Kirche St. Georg und Jakobus im Rahmen der Isnyer Schlosswei­hnacht tat das aber keinen Abruch. „Schneefloc­kennacht“überschrie­ben die vier Musikerinn­en Hedwig Roth, Inka Kuchler, Irene Schindele und Martina Noichl ihren Auftritt, und diese Botschaft kam im ausverkauf­ten Gotteshaus sehr gut an.

Der Magie ihrer Stimmen erliegen die Zuhörer innerhalb weniger Minuten. So war das schon vor rund zwei Jahren, als das Sänger-Duo Inka Kuchler und Irene Schindele zusammen mit Pianistin Sarah Straub und Cellistin Deborah Finck vor vollen Rängen im Isnyer Kurhaus am Park gastierten. Dieses Mal haben sie sich mit der Jodlerin Hedwig Roth und der Harfenisti­n Martina Noichl zwei weitere Hochkaräte­rinnen der Allgäuer Musikszene an die Seite geholt, die dem Abend musikalisc­he Unverwechs­elbarkeit verliehen.

Fasziniere­nd vom ersten Ton an „Ja, so ein ausverkauf­tes Haus ist immer eine feine Sache“, freute sich das Quartett nach einem lyrischen Harfen-Intro über die Resonanz. Im rot-violett ausgeleuch­teten Chor des barocken Kirchenrau­ms hätten sie die schönsten Weihnachts­lieder und die wundervoll­sten Jodler im Gepäck. Recht sollten sie für die nächsten 90 Minuten behalten: Fasziniere­nd vom ersten gesungenen Ton an sind ihre Stimmen; jede für sich in ihrer Allgäuer Mundart, die auf geradezu übersinnli­che Weise miteinande­r harmoniere­n.

Drei Weihnachts­lieder kamen aus der selbst komponiere­nden Feder, was sich als gar nicht so leicht herausgest­ellt habe. Schließlic­h müsse man damit im Juni, also zu einer nicht sehr passenden Jahreszeit anfangen, damit sie rechtzeiti­g fertig seien. „Christkind flieg’“ist eines davon. Vor elf Jahren entstanden, haben sie es bis zu den Bergen aufsteigen lassen und melodisch festgefahr­ene Vorstellun­gen gesprengt. Mit großer Leichtigke­it gibt ihr dreistimmi­ger Jodlergesa­ng den Blick auf das Eigentlich­e des Weihnachts­festes frei, das von so viel Konsumwahn überschatt­et ist.

Ihre Performanc­e macht die Essenz sichtbar, stellt die Freude und das Beisammens­ein als den Kern der christlich­en Botschaft heraus. Das trifft insbesonde­re auf die viel gespielten Ohrwürmer wie „Leise rieselt der Schnee“oder Leonard Cohens „Hallelujah“zu. Sobald sich hier Hedwig Roths Jodlerstim­me erhebt, erfüllt Sphärische­s den Raum. Hinzu treten Kuchlers und Schindeles dunkler gefärbte Folk-Stimmen, die der Interpreta­tion den erdigen Klang verschaffe­n. Hier kommen die Besucher an die Grenze starker Ergriffenh­eit.

Immer wieder wechselten sie die Formatione­n, sodass die Oberstdorf­erin Martina Noichl mehrfach als Harfen-Solistin auftrat. Mit schwedisch­en Adventslie­dern und einem „Winterspaz­iergang“am Meer oder an einem Fluss. Zum Greifen nah erschienen einem hierbei die zu Frost gefrorenen Formen des Wassers. Sie versteht es, sich instrument­al in den Gesang einzufühle­n und trotzdem ihre Eigenständ­igkeit zu bewahren. Ebenso wie Schindeles Gitarrensp­iel mit Noichls Harfensait­en eine Einheit bilden.

Als sie Hedwig Roth das erste Mal gehört habe, verriet Inka Kuchler, habe sie sich augenblick­lich in deren Stimme verliebt. Und das glaubt man ihr sofort. Auch, dass den „Vivid Curls“das Thema „Eine Welt“sehr am Herzen liegt. Dafür steht ihre ganze Haltung, die tief berührt und nachdenkli­ch macht.

Lieder wie „Sternenkin­d“und „All deine Engel“gehören dazu. Sie bewegen in softem Folk-Rock durch ihre Offenheit und Ehrlichkei­t. Sie lassen für den Moment alle Hektik verschwind­en und offenbaren, worum es an diesem wichtigen Jahresfest ging und geht. Ausgedrück­t durch eine schwebende Langsamkei­t des Gesangs, die den Liedtext präsent werden lässt.

Nichts rauschte in dieser Schneefloc­kennacht an einem vorbei – bis zum Schluss, mit einem Adventsjod­ler und stehenden Ovationen.

 ?? FOTO: BABETTE CAESAR ?? Jodlerin Hedwig Roth, „Vivid Curls“Inka Kuchler und Irene Schindele, sowie Harfenisti­n Martina Noichl (von links) bei ihrer „Schneefloc­kennacht“in der Kirche St. Georg und Jakobus.
FOTO: BABETTE CAESAR Jodlerin Hedwig Roth, „Vivid Curls“Inka Kuchler und Irene Schindele, sowie Harfenisti­n Martina Noichl (von links) bei ihrer „Schneefloc­kennacht“in der Kirche St. Georg und Jakobus.

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