Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Bauen heißt wohnlich machen“
Philosoph Thomas Vašek als Gastredner beim Gisoton-Seminar in der Aitracher Festhalle
AITRACH - Einen ungewöhnlichen Referenten hat die Aichstettener Firma Gisoton diesmal zu ihrem jährlichen Seminar nach Aitrach eingeladen. Sind meist hochkarätige Politiker zu Gast, sprach diesmal der Philosoph Thomas Vašek.
Zu Gast in der Festhalle von Aitrach waren Bauexperten wie Unternehmer und Architekten aus dem süddeutschen Raum, die den Tag zum Fortbilden und zum Austausch untereinander nutzten.
Was ist Wohnen? Dieser Frage ging der Autor und Chefredakteur der Philosophiezeitschrift
„Hohe Luft“aus München, in seinem Referat nach. Er hinterfrage dabei etwas, das „so selbstverständlich wie das Leben und das Atmen sind“, so Vašek eingangs. Leicht verdauliche Kost war das indes nicht, was er in der folgenden Dreiviertelstunde ausführte.
Die Bedeutung des Wohnens, wie wir sie heute kennen, gebe es erst seit dem 19. Jahrhundert, führte er aus. Erst als die Fabriken entstanden, habe sich der Wohn- vom Arbeitsplatz abgegrenzt. Wohnen habe von der Herkunft des Wortes etwas mit „etwas gerne haben, zufrieden sein“zu tun. „Ich wohne dann, wenn ich gerne an einem bestimmten Ort bin“, formulierte Vašek daraus seine erste These. „Wir können mit unserer Wohnung ausdrücken, wer wir sind, was wir wollen, was uns wichtig ist“, so Vašek weiter.
„In der Wohnung und was darin ist, materialisiert sich unsere Identität.“Wohnung sei daher weit mehr als eine Unterkunft: „Sie gehört zu uns, sie ist eine Erweiterung unserer selbst“, so Vašeks zweite These.
Das Wort Bauen bedeute von seiner Herkunft her „hegen und pflegen“, so der Philosoph, „in seinem weiteren Sinne bedeutete es auch Wohnen“. Daraus schlussfolgerte er als dritte These, die als Auftrag an die versammelte Expertenschaft verstanden werden kann: „Bauen heißt wohnlich machen.“
Über diese Botschaft und Vašeks weitere Thesen konnten die Gisoton-Seminarteilnehmer im Anschluss beim Ausklang mit dem Philosophen und untereinander weiter diskutieren.