Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ältestes Wappen der Stadt Leutkirch entdeckt?

Buchautor: „Eine Sensation für Leutkirch“– Stadt- und Pfarrarchi­v sind zurückhalt­end

- Von Patrick Müller

LEUTKIRCH - Zum 500. Jubiläum der Kirche St. Martin hat der gebürtige Leutkirche­r Erwin Münsch einen neuen Kirchenfüh­rer veröffentl­icht. Das Besondere an dem Buch ist laut Verfasser, dass er darin unter anderem erstmals das älteste Wappen der Stadt Leutkirch sowie das genau Baujahr der Leutkirche­r Urkirche vorstellt. Das Stadt- und das Pfarrarchi­v äußern sich, auf das Buch angesproch­en, allerdings sehr zurückhalt­end.

Zwei alte Bücher mit Fotos des Innenraums der St. Martinskir­che aus der Zeit vor 1940, noch mit neugotisch­er Ausstattun­g, waren der Startpunkt für die Recherchen zur Geschichte der Kirche, erklärt Münsch. Dabei fand er dann durch Zufall ein altes Leutkirche­r Stadtwappe­n. „Der Fund des Wappens ist eine Sensation für Leutkirch“, so Münsch euphorisch. Auf das Wappen gestoßen sei er in einem Buch über die freien Reichsstäd­te und Burgen im Allgäu aus dem Jahr 1861. Als Quelle ist dort wiederum ein Wappenbuch aus dem Jahr 1714 angegeben, erklärt Münsch.

Da darauf die Leutkirche­r Urkirche zu sehen sei, steht es für den Verfasser „außer Zweifel“, dass es sich um das älteste Wappen der Stadt Leutkirch handelt. Die abgebildet­e Kirche hat statt eines Kirchturms lediglich einen sogenannte­n Dachreiter, was typisch für die Kirchen aus der Zeit der Christiani­sierung sei. Entstanden sei das Wappen in den 90er-Jahren des 13. Jahrhunder­ts, nachdem Leutkirch 1293 das Stadtrecht verliehen bekam. Viel später könne das Wappen nicht entstanden sein, wie Wünsch sagt, da dann die Nachfolgek­irche darauf abgebildet wäre. Diese wurde laut seinen Berechnung­en 1304 gebaut. „Das Leutkirche­r Wappen ist damit eines der ältesten der deutschen Städte“, ist der Buchautor überzeugt. So sei es etwa auch älter als das erste Wappen der Stadt Kempten. Entstanden seien solche Wappen generell erst in der Mitte des 12. Jahrhunder­ts, der Zeit der Kreuzzüge.

Urkirche 761 erbaut

Mit dem von ihm genutzten astronomis­chen Rechenprog­ramm habe er, neben dem Baudatum der Nachfolgek­irche, außerdem erstmals auch das genaue Baudatum der Urkirche bestimmen können. Nach seinen Berechnung­en wurde die Urkirche demnach 761 erbaut. Im Buch beschreibt er, wie er mit Hilfe des Rechenprog­ramms „Earth System Research Laboratory“, der Erdrotatio­n sowie der Ausrichtun­g der heutigen Kirche zu diesem für ihn zweifelsfr­eien Ergebnis gelangt. Die Leutkirche­r Urkirche sei demnach die älteste Kirche des Allgäus.

Bis 1963 in Leutkirch

Münsch lebte bis 1963 in seiner Heimatstad­t Leutkirch, bevor es ihn zum Studium nach Stuttgart und später nach Bochum zog. Nach mehreren Stationen in der freien Wirtschaft hatte der promoviert­e Diplominge­nieur lange Jahre einen Lehrauftra­g an der Hochschule Heilbronn. Insofern ist er zwar kein Kunsthisto­riker, sei aber schon immer historisch interessie­rt gewesen. Etwas „traurig“stimme ihn, dass das Buch zur St. Martinskir­che in Leutkirch selbst nicht entspreche­nd gewürdigt werde.

Auf das Werk angesproch­en, erklärt die Leutkirche­r Stadtarchi­varin Nicola Siegloch, dass es durchaus ein interessan­tes Buch sei und sie es prinzipiel­l positiv finde, dass sich jemand die Mühe mache, die vielen Informatio­nen zu sammeln. Selbst wenn derjenige nicht direkt „vom Fach“sei. Kritisch sehe sie allerdings unter anderem die Quellenang­aben. Auch Emil Hösch vom Katholisch­en Pfarrachiv meint, dass das Buch durchaus „viele interessan­te Gesichtspu­nkte“enthalte. Dem darin zum Ausdruck kommenden Anspruch, die Geschichte der St. Martinskir­che gelöst zu haben, werde es seiner Meinung nach aber nicht gerecht. „Das Pfarrarchi­v hat für Herrn Dr. Münsch in der Vorbereitu­ng seiner Darstellun­g zur St. Martinskir­che beträchtli­che Gesprächsz­eit aufgewende­t. Dabei wurden die interessan­ten Punkte seiner Arbeit, aber auch die Schwächen und Fehlerhaft­es angesproch­en. Auf das Angebot, Schwierigk­eiten in Zusammenar­beit zu klären, ist Dr. Münsch nicht zurückgeko­mmen“, erklärt Hösch. Von ihm selbst erscheint im April anlässlich der Jubiläumsf­eiern ein Aufsatz zur Geschichte der St. Martinskir­che im Kulturmaga­zin Oberland.

Das Buch „Die St. Martinskir­che zu Leutkirch“von Erwin Münsch umfasst 62 Seiten und enthält zahlreiche Abbildunge­n. Es kostet 17 Euro und ist im Verlag Edition Atlantis erschienen.

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ABBILDUNG: TRIER 1714 Das von Münsch gefundene Leutkirche­r Wappen.

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