Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Ältestes Wappen der Stadt Leutkirch entdeckt?
Buchautor: „Eine Sensation für Leutkirch“– Stadt- und Pfarrarchiv sind zurückhaltend
LEUTKIRCH - Zum 500. Jubiläum der Kirche St. Martin hat der gebürtige Leutkircher Erwin Münsch einen neuen Kirchenführer veröffentlicht. Das Besondere an dem Buch ist laut Verfasser, dass er darin unter anderem erstmals das älteste Wappen der Stadt Leutkirch sowie das genau Baujahr der Leutkircher Urkirche vorstellt. Das Stadt- und das Pfarrarchiv äußern sich, auf das Buch angesprochen, allerdings sehr zurückhaltend.
Zwei alte Bücher mit Fotos des Innenraums der St. Martinskirche aus der Zeit vor 1940, noch mit neugotischer Ausstattung, waren der Startpunkt für die Recherchen zur Geschichte der Kirche, erklärt Münsch. Dabei fand er dann durch Zufall ein altes Leutkircher Stadtwappen. „Der Fund des Wappens ist eine Sensation für Leutkirch“, so Münsch euphorisch. Auf das Wappen gestoßen sei er in einem Buch über die freien Reichsstädte und Burgen im Allgäu aus dem Jahr 1861. Als Quelle ist dort wiederum ein Wappenbuch aus dem Jahr 1714 angegeben, erklärt Münsch.
Da darauf die Leutkircher Urkirche zu sehen sei, steht es für den Verfasser „außer Zweifel“, dass es sich um das älteste Wappen der Stadt Leutkirch handelt. Die abgebildete Kirche hat statt eines Kirchturms lediglich einen sogenannten Dachreiter, was typisch für die Kirchen aus der Zeit der Christianisierung sei. Entstanden sei das Wappen in den 90er-Jahren des 13. Jahrhunderts, nachdem Leutkirch 1293 das Stadtrecht verliehen bekam. Viel später könne das Wappen nicht entstanden sein, wie Wünsch sagt, da dann die Nachfolgekirche darauf abgebildet wäre. Diese wurde laut seinen Berechnungen 1304 gebaut. „Das Leutkircher Wappen ist damit eines der ältesten der deutschen Städte“, ist der Buchautor überzeugt. So sei es etwa auch älter als das erste Wappen der Stadt Kempten. Entstanden seien solche Wappen generell erst in der Mitte des 12. Jahrhunderts, der Zeit der Kreuzzüge.
Urkirche 761 erbaut
Mit dem von ihm genutzten astronomischen Rechenprogramm habe er, neben dem Baudatum der Nachfolgekirche, außerdem erstmals auch das genaue Baudatum der Urkirche bestimmen können. Nach seinen Berechnungen wurde die Urkirche demnach 761 erbaut. Im Buch beschreibt er, wie er mit Hilfe des Rechenprogramms „Earth System Research Laboratory“, der Erdrotation sowie der Ausrichtung der heutigen Kirche zu diesem für ihn zweifelsfreien Ergebnis gelangt. Die Leutkircher Urkirche sei demnach die älteste Kirche des Allgäus.
Bis 1963 in Leutkirch
Münsch lebte bis 1963 in seiner Heimatstadt Leutkirch, bevor es ihn zum Studium nach Stuttgart und später nach Bochum zog. Nach mehreren Stationen in der freien Wirtschaft hatte der promovierte Diplomingenieur lange Jahre einen Lehrauftrag an der Hochschule Heilbronn. Insofern ist er zwar kein Kunsthistoriker, sei aber schon immer historisch interessiert gewesen. Etwas „traurig“stimme ihn, dass das Buch zur St. Martinskirche in Leutkirch selbst nicht entsprechend gewürdigt werde.
Auf das Werk angesprochen, erklärt die Leutkircher Stadtarchivarin Nicola Siegloch, dass es durchaus ein interessantes Buch sei und sie es prinzipiell positiv finde, dass sich jemand die Mühe mache, die vielen Informationen zu sammeln. Selbst wenn derjenige nicht direkt „vom Fach“sei. Kritisch sehe sie allerdings unter anderem die Quellenangaben. Auch Emil Hösch vom Katholischen Pfarrachiv meint, dass das Buch durchaus „viele interessante Gesichtspunkte“enthalte. Dem darin zum Ausdruck kommenden Anspruch, die Geschichte der St. Martinskirche gelöst zu haben, werde es seiner Meinung nach aber nicht gerecht. „Das Pfarrarchiv hat für Herrn Dr. Münsch in der Vorbereitung seiner Darstellung zur St. Martinskirche beträchtliche Gesprächszeit aufgewendet. Dabei wurden die interessanten Punkte seiner Arbeit, aber auch die Schwächen und Fehlerhaftes angesprochen. Auf das Angebot, Schwierigkeiten in Zusammenarbeit zu klären, ist Dr. Münsch nicht zurückgekommen“, erklärt Hösch. Von ihm selbst erscheint im April anlässlich der Jubiläumsfeiern ein Aufsatz zur Geschichte der St. Martinskirche im Kulturmagazin Oberland.
Das Buch „Die St. Martinskirche zu Leutkirch“von Erwin Münsch umfasst 62 Seiten und enthält zahlreiche Abbildungen. Es kostet 17 Euro und ist im Verlag Edition Atlantis erschienen.