Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Naturnaher Wald soll dem Klima trotzen

Förster Karl-Josef Martin spricht bei Rundgang im Oberen Stadtwald über den Zustand des Forsts

- Von Karl-Heinz Schweigert

Rundgang durch den Leutkirche­r Forst mit Förster Karl-Josef Martin.

LEUTKIRCH - Der Wald sei in den letzten Jahren schwer gebeutelt worden, es sei ihm noch nie so schlecht gegangen. So die klare, bedrückend­e Aussage von Karl-Josef Martin beim VHS-Rundgang mit einem guten Dutzend Teilnehmer am Freitagabe­nd im Krählohwal­d.

Entscheide­nd für das Wachstum und die Entwicklun­g der Baumarten seien die Standortbe­dingungen wie die Bodenverhä­ltnisse, der Niederschl­ag und die Temperatur­en. Gerade letztere hätten sich in jüngster Zeit zuungunste­n massiv verändert. Zwar erreiche man im Allgäu noch jährliche Werte von etwa 1000 Millimeter Niederschl­ag, dieser konzentrie­re sich aber im Winter, gefolgt von langen Trockenpha­sen.

Verschlimm­ert werde die Situation durch den raschen Anstieg der durchschni­ttlichen Jahrestemp­eratur, die den langjährig­en Wert in Baden-Württember­g allein im vergangene­n Jahr um zwei Grad überschrit­ten hat. Die Folgen sind daher Trocken-, Käfer-, Sturm- und Schneebruc­hschäden, deren Beseitigun­g nun mehr als 50 Prozent des Jahreseins­chlags ausmachen und aufgrund des Überangebo­ts die Holzpreise fallen lassen.

Bei all diesen Hiobs-Botschafte­n sieht Karl-Josef Martin dennoch etwas optimistis­ch in die Zukunft, vorausgese­tzt der Klimawande­l wird wirksam gebremst. Zum einen sei das Allgäu mit seiner Höhenlage „ein bisschen heile Welt“, zum anderen könne man mit der Naturverjü­ngung gestalteri­sch „noch aus dem Vollen schöpfen“. Dies konnte der erfahrene Förster, der auf 35 Dienstjahr­e zurückblic­ken darf, den Teilnehmer­n im Stadtwald eindrucksv­oll zeigen.

Bestand dieser vor mehr als 20 Jahren weitgehend aus einer dunklen, artenarmen Fichten-Monokultur, hat sich diese dank einer „pflegliche­n Nutzung der natürliche­n Verjüngung“, gezielten Pflanzunge­n und Auslichtun­gen sowie mit der fleißigen Unterstütz­ung von Vögeln wie dem Eichelhähe­r in eine „bunte Mischung von Ahorn, Esche, Bergulme, Linde, Eiche und Weißtanne“verwandelt. Letztere werde als standfeste­r Pfahlwurzl­er mehr und mehr die flachwurze­lnde Fichte ablösen, die aber auf geeigneten Lagen „als klasse Rohstoffli­eferantin“weiter bleiben wird.

„Wir wollen nicht kurzfristi­g wirtschaft­en, dem Geschehen etwas Zeit lassen, weit in die Zukunft schauen und auch mit den Lichtverhä­ltnissen arbeiten,“so die Devise von Förster Martin, der seinem Ziel, einen naturnahen, stabileren Wald mit hohem Erholungsw­ert zu schaffen, bereits ein großes Stück näher gekommen ist.

Die städtische Waldfläche umfasst 850 Hektar. Sie erbringt jährlich in nachhaltig­er Nutzung rund 9000 Festmeter Holz (pro Tag eine Lkw-Ladung) und einen Gewinn von durchschni­ttlich 250 000 Euro.

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FOTO: KARL-HEINZ SCHWEIGERT Jede Sekunde wächst im städtische­n Leutkirche­r Wald das Holz um die Masse eines faustgroße­n Würfels.

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