Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Drei Jahre und fünf Monate Haft nach Messerangr­iff

Landgerich­t Ravensburg verurteilt 26-Jährigen wegen Attacke in Asylbewerb­erunterkun­ft

- Von Wolfgang Steinhübel

RAVENSBURG - Schon am zweiten Prozesstag hat die Schwurgeri­chtskammer des Ravensburg­er Landgerich­ts einen 26-jährigen Mann aus Gambia zu einer Haftstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Ursprüngli­ch war das Verfahren auf fünf Tage festgesetz­t.

Zwei zuverlässi­ge Zeugen

„Wir hatten eine erstaunlic­h konkrete Lage, was den Tathergang betraf“, erklärte der Vorsitzend­e Richter Veiko Böhm und fügte hinzu: „Im Gegensatz zu anderen Vorgängen in Asylbewerb­erheimen hatten wir in diesem Fall zwei vollkommen neutrale Zeugen, an deren Zuverlässi­gkeit und Richtigkei­t ihrer Angaben keinerlei Zweifel bestand.“

Der Hausmeiste­r und sein Kollege kamen hinzu, als der Angeklagte nach einem Streit den Geschädigt­en verfolgte und den am Boden liegenden Mann mit einem Messer bedrohte. Mitbewohne­r gingen dazwischen und konnten die Tat verhindern.

Nach Ansicht des Gerichts waren auch die Angaben des Opfers stimmig gewesen – im Gegensatz zu unterschie­dlichen Versionen des Tathergang­s vonseiten des jetzt verurteilt­en Mannes. Dieser hatte die Tat stets bestritten, im Laufe des Verfahrens jedoch mehrere Versionen dazu geliefert.

Als wahrschein­liches Hauptmotiv nannte Böhm das seit Jahren angespannt­e Verhältnis zwischen Opfer und Täter. Er nannte den Geschädigt­en eine „schwierige Person“, die „erhebliche­n Anteil“an dem problemati­schen Verhältnis der beiden hatte. „Vor diesem Hintergrun­d hat das auf den Boden spucken des Opfers das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagte Böhm.

Es habe sich bei der Attacke um eine Provokatio­n gehandelt, die eine spontane Handlung auslöste. Deshalb befand die Schwurgeri­chtskammer auch auf versuchten Totschlag. In ihrem Plädoyer hatte Staatsanwä­ltin Silke Bruder wegen versuchten Totschlags eine Haftstrafe von vier Jahren beantragt.

Auch Pflichtver­teidiger Norbert Kopfsguter plädierte auf versuchten Totschlag, er forderte allerdings eine Minderung der Strafzumes­sung. Der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Herrmann Assfalg hatte zuvor keine Anhaltspun­kte einer Schuldmind­erung wegen einer psychische­n Erkrankung gesehen.

Nachteilig für den Angeklagte­n hat sich dessen umfangreic­hes Vorstrafen­register ausgewirkt – und dass er sich während der Tatzeit wegen Bewährung auf freiem Fuß befand. Auch sein Leugnen der Tat trug nicht unbedingt zu einem milderen Urteil bei. „Mit der Strafe sind Sie gut bedient“, meinte Böhm zu dem Mann. Ungewöhnli­ch für einen Messereins­atz sei, dass nichts passiert ist, außer einer Schramme am Arm des Opfers.

Dann machte der Richter den Angeklagte­n darauf aufmerksam, dass die Vollstreck­ungsbehörd­en nun verstärkt versuchen könnten, seinen Aufenthalt in Deutschlan­d zu beenden. Ein Asylantrag des Gambiers ist bereits rechtskräf­tig abgelehnt.

Nach der Urteilsver­kündung saß der Angeklagte noch minutenlan­g auf der Bank und sagte immer wieder kopfschütt­elnd: „Ich war es nicht, ich war es nicht.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany