Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Knochen unter Basilikavorplatz gefunden
Weitere Funde in Weingarten denkbar – Kostensteigerung und Verzögerung, weil Zuliefer-Firma insolvent ist
WEINGARTEN - Nun ist es soweit. Der Basilikavorplatz in Weingarten ist eine riesige Baustelle. Große Teile des Platzes wurden in den vergangenen Wochen nach dem Blutfreitag aufgerissen, damit neue Kabel und Leitungen verlegt, sowie neue Bodenplatten eingesetzt werden können. Und kaum ist die oberste Schicht abgetragen, kommen bereits die ersten interessanten historischen Funde zutage. Während Knochensplitter und ein wahrscheinlich jahrhundertealtes Pflaster nur der Anfang von spannenden Ausgrabungen sein dürfte, wird der Zeitplan wohl kaum eingehalten werden können. Denn die Firma, bei der die neuen Bodenplatten geordert wurden, ist insolvent.
„Leider ist die Firma aus Nordrhein-Westfalen in den Konkurs gegangen. Wir kriegen den Sandstein, den wir wollten, nicht mehr“, erklärt Hermann Zettler, Leiter des Amts für Bau und Vermögen Ravensburg. Daher richtet sich der Blick nun in die Schweiz, wo man einen ähnlichen Stein ausfindig gemacht habe. Aktuell laufen die Verhandlungen. Doch könnte das nicht nur den Kostenrahmen von 2,8 Millionen Euro – für den Vorplatz mitsamt Treppenanlage und Portalen bei der Basilika – sprengen.
Auch zeitlich wird man die Arbeiten wohl nicht wie geplant in diesem Jahr abschließen können. „Der Worst Case ist, dass wir erst zum Blutritt 2020 fertig werden“, sagt Herrmann Zettler.
Erfreulich ist derweil, dass die Treppenanlage mit barrierefreier Rampe und Beleuchtung in der Geländerfassung quasi fertig ist. Auch die Platten vor den Portalen sind größtenteils verlegt. Darüber hinaus wurde die Mauer in Richtung Stadt bereits nach außen verlegt, sodass die Feuerwehr auch mit den großen Fahrzeugen problemlos auf den Vorhof gelangt. Zudem wurden die Abdeckplatten auf der Mauer bereits gesetzt. Als nächstes wird der Putz auf den Mauern bearbeitet.
Parallel dazu gehen die Arbeiten auf dem Platz weiter. Denn bislang wurden gerade einmal 20 Zentimeter Beton abgetragen. Das Pflaster, welches darunter zum Vorschein kam, stammt wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert, auch wenn das schwer zu datieren ist. In manchen Bereichen des Vorplatzes treten größere und unsauber verlegte oder gar aufgeworfene Steine zutage. Auf der anderen Seite gibt es recht dekorative Elemente, die vielleicht sogar ein Muster gebildet haben könnten. „Das war ein äußerst repräsentativer Platz. Da hat man nicht gespart“, sagt Andreas Willmy, der den Prozess als Archäologe begleitet.
Es wird noch tiefer gegraben
Sowohl er als auch Zettler waren überrascht, dass sie so dicht unter den Betonplatten auf etwas gestoßen sind. „Offensichtlich hat man sich bei der Anlage nicht die Mühe gemacht, einen einheitlichen Untergrund zu verlegen“, sagt Willmy. Kurzum: Als die Platten in den 1950er Jahren gesetzt wurden, hatte man wohl nicht optimal gearbeitet. „Vielleicht war es auch eine Überlegung, nicht zu viel Abraum zu schaffen“, mutmaßt Willmy. Allerdings sind bislang noch nicht alle Bereiche freigelegt worden. Unter den verbliebenen Platten könnte sich weiteres Pflaster finden.
In einem nächsten Schritt soll das dann vermessen und dokumentiert werden, bevor es abgetragen wird. Danach soll dann tiefer gegraben werden, zunächst mit einem Minibagger, dann per Hand, um sorgsam vorzufühlen. „Wir müssen 70 Zentimeter unter diesen Aufbau gehen, um ein gutes Fundament zu bauen“, sagt Zettler. Außerdem liegen Stromkabel und Wasserleitungen in mindestens ein bis zwei Meter Tiefe.
Dass es dabei weitere Funde geben könnte ist also recht wahrscheinlich, auch wenn Willmy zurückhaltend bleibt: „Vor der Hacke ist es dunkel. Das kann man so nicht einschätzen.“Jedoch kann sich der Archäologe auch vorstellen, dass Reste einer Friedhofsmauer, weitere Knochenteile oder aber andere Bausubstanzen freigelegt werden. Schließlich standen wohl am Rand Gebäude in deren Mitte früher ein Friedhof lag. „Barockzeitliche Abflusskanäle aus Backstein wären noch möglich. Das hatten wir bislang bei jedem ehemaligen Kloster“, sagt Willmy.
Als man im Jahr 2015 den Durchgang vom Vorplatz zum ehemaligen Kloster neu machte, sei man sogar auf einen Schädel gestoßen, der allerdings in einem schlechten Zustand war. Auf eine genaue zeitliche Datierung verzichtete Willmy, genau wie nun auch bei den Knochensplittern. „Das bringt nur etwas, wenn man mehr Knochen hat“, sagt er über die nun gefundenen sogenannten Streuknochen, die früher wohl immer wieder herumgewälzt wurden und deswegen auch nur noch Splitter sind. Sie werden im Übrigen gesammelt und sollen nach Abschluss der Arbeiten erneut beigesetzt werden. „Es kann sein, dass die die schon im Barock ein- und ausgegraben haben.“
Daher kann es auch gut sein, dass in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere Knochen gefunden werden. „Bei so einem Anwesen kann alles kommen. Das weiß kein Mensch“, sagt Willmy.