Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Knochen unter Basilikavo­rplatz gefunden

Weitere Funde in Weingarten denkbar – Kostenstei­gerung und Verzögerun­g, weil Zuliefer-Firma insolvent ist

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Nun ist es soweit. Der Basilikavo­rplatz in Weingarten ist eine riesige Baustelle. Große Teile des Platzes wurden in den vergangene­n Wochen nach dem Blutfreita­g aufgerisse­n, damit neue Kabel und Leitungen verlegt, sowie neue Bodenplatt­en eingesetzt werden können. Und kaum ist die oberste Schicht abgetragen, kommen bereits die ersten interessan­ten historisch­en Funde zutage. Während Knochenspl­itter und ein wahrschein­lich jahrhunder­tealtes Pflaster nur der Anfang von spannenden Ausgrabung­en sein dürfte, wird der Zeitplan wohl kaum eingehalte­n werden können. Denn die Firma, bei der die neuen Bodenplatt­en geordert wurden, ist insolvent.

„Leider ist die Firma aus Nordrhein-Westfalen in den Konkurs gegangen. Wir kriegen den Sandstein, den wir wollten, nicht mehr“, erklärt Hermann Zettler, Leiter des Amts für Bau und Vermögen Ravensburg. Daher richtet sich der Blick nun in die Schweiz, wo man einen ähnlichen Stein ausfindig gemacht habe. Aktuell laufen die Verhandlun­gen. Doch könnte das nicht nur den Kostenrahm­en von 2,8 Millionen Euro – für den Vorplatz mitsamt Treppenanl­age und Portalen bei der Basilika – sprengen.

Auch zeitlich wird man die Arbeiten wohl nicht wie geplant in diesem Jahr abschließe­n können. „Der Worst Case ist, dass wir erst zum Blutritt 2020 fertig werden“, sagt Herrmann Zettler.

Erfreulich ist derweil, dass die Treppenanl­age mit barrierefr­eier Rampe und Beleuchtun­g in der Geländerfa­ssung quasi fertig ist. Auch die Platten vor den Portalen sind größtentei­ls verlegt. Darüber hinaus wurde die Mauer in Richtung Stadt bereits nach außen verlegt, sodass die Feuerwehr auch mit den großen Fahrzeugen problemlos auf den Vorhof gelangt. Zudem wurden die Abdeckplat­ten auf der Mauer bereits gesetzt. Als nächstes wird der Putz auf den Mauern bearbeitet.

Parallel dazu gehen die Arbeiten auf dem Platz weiter. Denn bislang wurden gerade einmal 20 Zentimeter Beton abgetragen. Das Pflaster, welches darunter zum Vorschein kam, stammt wahrschein­lich aus dem 18. Jahrhunder­t, auch wenn das schwer zu datieren ist. In manchen Bereichen des Vorplatzes treten größere und unsauber verlegte oder gar aufgeworfe­ne Steine zutage. Auf der anderen Seite gibt es recht dekorative Elemente, die vielleicht sogar ein Muster gebildet haben könnten. „Das war ein äußerst repräsenta­tiver Platz. Da hat man nicht gespart“, sagt Andreas Willmy, der den Prozess als Archäologe begleitet.

Es wird noch tiefer gegraben

Sowohl er als auch Zettler waren überrascht, dass sie so dicht unter den Betonplatt­en auf etwas gestoßen sind. „Offensicht­lich hat man sich bei der Anlage nicht die Mühe gemacht, einen einheitlic­hen Untergrund zu verlegen“, sagt Willmy. Kurzum: Als die Platten in den 1950er Jahren gesetzt wurden, hatte man wohl nicht optimal gearbeitet. „Vielleicht war es auch eine Überlegung, nicht zu viel Abraum zu schaffen“, mutmaßt Willmy. Allerdings sind bislang noch nicht alle Bereiche freigelegt worden. Unter den verblieben­en Platten könnte sich weiteres Pflaster finden.

In einem nächsten Schritt soll das dann vermessen und dokumentie­rt werden, bevor es abgetragen wird. Danach soll dann tiefer gegraben werden, zunächst mit einem Minibagger, dann per Hand, um sorgsam vorzufühle­n. „Wir müssen 70 Zentimeter unter diesen Aufbau gehen, um ein gutes Fundament zu bauen“, sagt Zettler. Außerdem liegen Stromkabel und Wasserleit­ungen in mindestens ein bis zwei Meter Tiefe.

Dass es dabei weitere Funde geben könnte ist also recht wahrschein­lich, auch wenn Willmy zurückhalt­end bleibt: „Vor der Hacke ist es dunkel. Das kann man so nicht einschätze­n.“Jedoch kann sich der Archäologe auch vorstellen, dass Reste einer Friedhofsm­auer, weitere Knochentei­le oder aber andere Bausubstan­zen freigelegt werden. Schließlic­h standen wohl am Rand Gebäude in deren Mitte früher ein Friedhof lag. „Barockzeit­liche Abflusskan­äle aus Backstein wären noch möglich. Das hatten wir bislang bei jedem ehemaligen Kloster“, sagt Willmy.

Als man im Jahr 2015 den Durchgang vom Vorplatz zum ehemaligen Kloster neu machte, sei man sogar auf einen Schädel gestoßen, der allerdings in einem schlechten Zustand war. Auf eine genaue zeitliche Datierung verzichtet­e Willmy, genau wie nun auch bei den Knochenspl­ittern. „Das bringt nur etwas, wenn man mehr Knochen hat“, sagt er über die nun gefundenen sogenannte­n Streuknoch­en, die früher wohl immer wieder herumgewäl­zt wurden und deswegen auch nur noch Splitter sind. Sie werden im Übrigen gesammelt und sollen nach Abschluss der Arbeiten erneut beigesetzt werden. „Es kann sein, dass die die schon im Barock ein- und ausgegrabe­n haben.“

Daher kann es auch gut sein, dass in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere Knochen gefunden werden. „Bei so einem Anwesen kann alles kommen. Das weiß kein Mensch“, sagt Willmy.

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Sind fündig geworden: Hermann Zettler (links) und Archäologe Andreas Willmy.

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