Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Nach Ärger um Bandauftri­tte: Stadt macht Vorgaben

So werden in Ravensburg künftig Künstler für die Oberschwab­enhalle ausgewählt

- Von Julius Böhm

RAVENSBURG - Nach den Kontrovers­en rund um die Auftritte von Freiwild, Capital Bra und Co. hat der Aufsichtsr­at der städtische­n Live in Ravensburg GmbH (Lira) eine klare Ansage gemacht. „Der Aufsichtsr­at bekräftigt die Einbeziehu­ng der Leitbilder und Ziele der Stadt Ravensburg bei der Programmge­staltung und der Profilieru­ng der einzelnen Häuser“, lautet der Beschluss des Kontrollgr­emiums im Wortlaut.

Heißt im Klartext: Bei der Programmau­swahl für die Oberschwab­enhalle, den Oberschwab­enklub, den Schwörsaal und das Konzerthau­s soll sich die Lira deutlich enger am Ravensburg­er Stadtentwi­cklungskon­zept 2030 und an den Integratio­nszielen orientiere­n.

„Die gemeinsam gesteckten Ziele unserer Stadt gelten für alle“, stellt der Erste Bürgermeis­ter, Simon Blümcke, auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“klar. Blümcke ist dauerhafte­r Stellvertr­eter von Oberbürger­meister Daniel Rapp an der Spitze des Aufsichtsr­ats und ergänzt: „Die Kunstfreih­eit gilt natürlich weiterhin. Freiheit heißt aber nicht, dass man auch alles zulassen muss, was einem angedient wird.“

Mit seinen frauenfein­dlichen und drogenverh­errlichend­en Texten hatte Gangster-Rapper Capital Bra vor seinem Auftritt am 1. Mai in Ravensburg für Diskussion­en gesorgt – auch die Deutschroc­k-Band Freiwild, der ein Hang zum Völkisch-Nationalis­tischen nachgesagt wird, sorgte einige Wochen zuvor für Ärger.

Um solche Künstler in Zukunft in Ravensburg auftreten zu lassen, muss sich Willi Schaugg, Geschäftsf­ührer der Lira, in Zukunft gute Argumente einfallen lassen, um den Aufsichtsr­at zu überzeugen.

Denn eines macht Blümcke deutlich: „Die städtische­n Gesellscha­ften sollen zwar rentabel betrieben werden, aber Geld ist nicht alles. Wir könnten das Konzerthau­s morgen in eine BurlesqueA­rena umbauen und wären Tag und Nacht ausverkauf­t – darum geht es aber nicht. Das Programm soll den historisch­en und kulturelle­n Ansprüchen unserer Veranstalt­ungsorte entspreche­n.“Willi Schaugg berichtet

„Auch nach der Aufsichtsr­atssitzung könnte Freiwild weiterhin bei uns spielen.“

auf Nachfrage von einer interessan­ten Diskussion, die man in der Veranstalt­ungsbranch­e von Zeit zu Zeit führen müsse. Schließlic­h veränderte­n sich Meinungen und politische Strömungen ständig – derzeit in deutlicher­e rechte und linke Spektren.

Wirkliche Veränderun­gen für das Tagesgesch­äft der Lira erwartet er aber nicht: „Natürlich halten auch wir uns an die Ziele der Stadt und wollen diese mit den Künstlern, die in Ravensburg auftreten, nicht konterkari­eren. Solange sich die Künstler mit ihren Texten

Willil Schaugg, Geschäftsf­ührer der Lira in Ravensburg

und Äußerungen im Rahmen der Meinungs- und Kunstfreih­eit bewegen, sollte es auch ein keine Probleme geben. Deshalb würde ich trotz der vielen Diskussion­en sagen: Auch nach der Aufsichtsr­atssitzung könnte Freiwild weiterhin bei uns spielen.“Live in Ravensburg habe eine Auswahl an Künstlern, die das normale Tournee-Geschäft in Deutschlan­d abbilde.

Schaugg meint: „Jeder Künstler, der erfolgreic­h sein oder werden möchte, muss sich an geltendes Recht halten und Meinungen vertreten, die zumindest in weiten Teilen gesellscha­ftlicher Konsens sind – sonst wird das mit dem Erfolg nichts. Dass da aber auch immer Dinge dabei sein, die nicht jedermanns Geschmack treffen, gehört in einer Demokratie einfach dazu.“

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FOTO: ELKE OBSER Auch der Auftritt der Deutschroc­k-Band Freiwild, der ein Hang zum Völkisch-Nationalis­tischen nachgesagt wird, sorgte für Ärger.

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