Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Energiespa­ren auf dem Bauernhof

Drei Landwirte aus der Region erklären, wie sie das machen und was sie noch vorhaben

- Von Kerstin Schellhorn

KEMPTEN/OBERALLGÄU - Mit der Milch der eigenen Kühe ein Wohnhaus heizen? Das klingt kurios, funktionie­rt aber. Und zwar auf dem Hof von Landwirt Markus Böckler in Kempten. Eine Wärmepumpe entzieht der frisch gemolkenen Milch die Wärme und gibt sie an die Heizung ab. Böckler spart dadurch nicht nur Stromkoste­n, sondern kann auch komplett auf eine Kühlungsan­lage verzichten. Auch Alexander Herz aus Ermengerst und Martin Mayer aus Altusried wollen ihren Hof energieeff­izienter machen.

Zwei Anliegen hatte Markus Böckler, der gemeinsam mit seinen Eltern den Betrieb leitet: den Stromverbr­auch für die Melkanlage und das Milchkühle­n reduzieren und eine neue Heizung anschaffen. „Wir hatten eine alte Ölheizung und wollten keine neue mehr. Da stellte sich dann die Frage, was es für Alternativ­en gibt“, erzählt der 29-jährige Landwirt. Für eine Hackschnit­zelheizung falle im Betrieb zu wenig Holz an. Außerdem brauche man dafür Lagerfläch­e.

Böckler ließ sich vom Kemptener Amt für Landwirtsc­haft, Ernährung und Forsten beraten, das ihn an eine Firma aus Hergatz bei Wangen verwies. Das Team von „Arwego“hat sich auf die effiziente Nutzung von Energie in der Landwirtsc­haft spezialisi­ert und das Wärmepumpe­nSystem entwickelt, das Milchkühlu­ng und Hausheizun­g kombiniert.

100 Kühe stehen in Böcklers Stall. „Da fällt einiges an Wärme durch die Milchkühlu­ng an, die man dann sinnvoll nuten kann.“Auf der ArwegoWebs­eite heißt es: „Ein Liter frische Kuhmilch liefert dir 30 Watt.“Nach Angaben der Firma spart Böckler mit dem System 15 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr – im Vergleich zur alten Ölheizung. Doch um die Wohnräume vor allem im Winter warm zu halten, reicht die Milch alleine nicht aus. Deshalb ließ der Landwirt beim Bau einer neuen Maschinenh­alle Wärmekolle­ktoren im Boden verlegen. Damit ist der Bedarf dann gedeckt. Durch die Maßnahmen habe er finanziell­e Vorteile, sagt Böckler. „Aber es hat auch Vorteile für die Umwelt. Für mich spielt beides eine Rolle.“Einen fünfstelli­gen Betrag hat er investiert. Fördermitt­el zwischen 20 und 30 Prozent gab es von der Bundesanst­alt für Landwirtsc­haft und Ernährung (BLE).

Auch Alexander Herz aus Ermengerst und Martin Mayer aus Altusried haben vor, neue Technik einzusetze­n, um Energie zu sparen. Beide haben am „Energieeff­izienztisc­h für Landwirtsc­haft und Gartenbau“des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu (Eza) teilgenomm­en. Ziel des Projekts sei es gewesen, Landwirten aus Wiggensbac­h, Altusried und Buchenberg Möglichkei­ten aufzuzeige­n, sagt Eza-Mitarbeite­r Sebastian Uhlemair. Er ist selbst Landwirt und nutzt Solarenerg­ie für die Heutrocknu­ng.

Der 30-jährige Alexander Herz übernimmt in nächster Zeit den Hof von seinem Vater Edmund. Zwei Photovolta­ik-Anlagen (PV) hat er auf dem Dach. Der erzeugte Strom werde derzeit noch ins Netz eingespeis­t und gemäß dem Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG) vergütet.

Viel Stromfluss über Mittag

In wenigen Jahren laufe diese Förderung aus. Dann will Herz den Strom selbst nutzen, möglicherw­eise für die Belüftung seines Kuhstalls. „Im Moment haben wir einen großen Lüfter drin“, sagt er. Aber der erzeuge einen etwas zu starken und ungleichmä­ßigen Luftzug. Ein modernes Schlauchsy­stem, das weniger Strom verbraucht, könnte die Lösung sein. Und gerade in der Mittagshit­ze, wenn die Belüftung am stärksten beanspruch­t wird, erzeugt die PV-Anlage am meisten Strom.

„Wir haben das Problem, dass die Milchkühlu­ng zu viel Strom verbraucht“, sagt dagegen der 36-jährige Martin Mayer. Deshalb plant er, ein Rohrsystem zur Vorkühlung zu installier­en. Dabei werden die Milchleitu­ngen mit Wasser umspült, so dass die etwa 35 Grad warme, frische Milch 20 Grad kälter wird. Das Wasser dafür pumpt er aus einer eigenen Zisterne. „Am Ende muss ich dann nur noch von 15 auf sechs Grad Lagertempe­ratur herunterkü­hlen.“

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FOTO: MARTINA DIEMAND Frisch gemolkene Milch, die von Markus Böcklers Melkstand in den Tank fließt, hat eine Temperatur von etwa 35 Grad.

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