Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Betriebsrat plant Proteste bei ZF
ZF-Betriebsrat ruft zum Protest vor der Konzernzentrale auf
FRIEDRICHSHAFEN (mh) - Die Krise in der Automobilindustrie erreicht auch die Bodenseeregion. Am kommenden Mittwoch ruft der Betriebsrat des Zulieferers ZF die Belegschaft in Friedrichshafen zu Protesten gegen angebliche Sparpläne des Konzerns auf. Die wichtigste Forderung: ein Bekenntnis des Vorstands zu 50 000 Arbeitsplätzen in Deutschland. Die ZF-Spitze reagierte zurückhaltend. Man habe Verständnis für die Sorgen der Beschäftigten, sagte ein Sprecher. ZF werde sich an bestehende Vereinbarungen zur Sicherung der Standorte halten. Es gebe auch „keine konzernweiten Restrukturierungsmaßnahmen“.
FRIEDRICHSHAFEN - „Wenn es so bleibt wie jetzt, dann kommen wir mit einem blauen Auge durch.“Das hat ZF-Chef Wolf-Henning Scheider auf der Automobilmesse IAA zur drohenden Krise gesagt. Sein Betriebsrat sieht die Lage offenbar anders und ruft am kommenden Mittwoch zum Protest vor der Konzernzentrale auf. Wichtigste Forderung: ein Bekenntnis des Vorstands zu den Standorten und den 50 000 Jobs in Deutschland.
Formal veranstalten die beiden Betriebsräte am ZF-Standort Friedrichshafen zusätzliche Betriebsversammlungen. Als Grund für diese außergewöhnliche Maßnahme führt die Arbeitnehmervertretung eine „aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung“beunruhigte Belegschaft ins Feld. Gemeint sind die schlechten Aussichten in der Automobilindustrie und drohende Auftragsrückgänge auch bei ZF. Es bestünden „Zukunftsängste – trotz der Vereinbarungen zur Standortsicherung“, die unter anderem eine Jobgarantie bis 2022 enthält, sagt Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich, der auch Vorsitzender des Standortbetriebsrats N ist, zuständig für die Produktion und die Lkw-Division. „Wir nehmen auch zunehmend Signale wahr, dass die Beschäftigten in Friedrichshafen zu teuer sind und ZF daher vermehrt Arbeit – sowohl in Produktion als auch Entwicklung und Verwaltung – ins billigere Ausland verlagern will“, ergänzt FranzJosef Müller, der Vorsitzende des Standortbetriebsrats Z (zuständig für die Entwicklung und die Konzernzentrale), laut einer Pressemitteilung. Welche Signale das sind, bleibt unklar.
Die Betriebsräte warnen davor, „konjunkturell bedingte Absatzrückgänge mit langfristigen Herausforderungen zu vermischen“. Als Stiftungsbetrieb könne ZF, die zum größten Teil der von der Stadt Friedrichshafen verwalteten ZeppelinStiftung gehört, nachhaltiger wirtschaften. „Die kurzfristigen Sparzwänge, die in der aktuellen Situation geboten scheinen, dürfen nicht zu falschen Weichenstellungen für die Zukunft führen“, sagt Achim Dietrich. Die Aktion am Mittwoch sei kein Ausdruck einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Vorstand oder dessen Vorsitzendem Scheider, betont der Gewerkschafter. Es gehe vielmehr um ein gemeinsames Ringen um die besten Lösungen.
Man habe allerdings Fragen und Forderungen an das Management gerichtet, die bisher noch nicht beantwortet seien. „Zukunftsprodukte – zum Beispiel für die EMobilität – müssen weiterhin in Deutschland entwickelt und produziert werden“, verlangt Dietrich, Beschäftigte hierfür vorbereitet und qualifiziert werden. Er habe kein Problem, zusätzlichen Umsatz im Ausland zu erwirtschaften. Wenn man aber plane, bestehende Jobs an den deutschen Standorten abzubauen, dann werde der Betriebsrat hellhörig und bereite sich auf Protestaktionen vor. Sein Motto laute: „Besser statt billiger – wir erwarten ein klares Bekenntnis zu ,Made in Germany‘.“Die Konzernspitze reagiert zurückhaltend auf die angekündigten Aktionen des Betriebsrats. „Wir haben Verständnis, dass sich die Beschäftigten Sorgen um ihre Zukunft machen“, sagte ein ZFSprecher auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Auch in der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage der Automobilbranche stehe der Konzern zu den geltenden Vereinbarungen zur Sicherung der deutschen Standorte. „Es gibt – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Unternehmen der Branche – bei ZF keine konzernweiten Restrukturierungsprogramme“, so der Sprecher weiter. „Wir nutzen die in Deutschland zur Verfügung stehenden Flexibilisierungsmaßnahmen, zum Beispiel Zeitkonten und Schließtage. Sofern sich die Lage nicht wesentlich verschlechtert, wollen wir weitergehende Maßnahmen auch künftig vermeiden.“
„Kurzfristige Sparzwänge dürfen nicht zu falschen Weichenstellungen für die Zukunft führen.“ ZF-Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich