Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Allgäuer helfen Waisen in Afghanistan
„Hilfe für Herat“unterstützt ein Waisenhaus mit Nahrungsmitteln und Schulmobiliar
LEUTKIRCH - Lebensmittel, Tische und Bänke für die Schule des Waisenhauses und Stoffe für die Ausstattung oder zum Nähen von Kleidung. Seit 15 Jahren unterstützt der Leutkircher Aziz Rahimi, Inhaber des Gasthaus Lamm und Gründer des Vereins „Hilfe für Herat“, ein Waisenhaus in der afghanischen Stadt Herat. Dieses Jahr konnte mit den Spenden neben den Nahrungsmittelvorräten auch die Ausstattung der Schule aufgestockt werden.
Seit dem Jahr 2013 sammelt der eingetragene Verein „Hilfe für Herat“finanzielle Mittel, um ein Waisenhaus in der zweitgrößten Stadt Afghanistans zu unterstützen. Einen Gutteil des benötigten Geldes erhält der Verein durch einen jährlichen Benefizabend mit afghanischem Essen und Live-Musik. Federführend bei der Vereinsgründung und bis heute bei der Organisation der Hilfe vor Ort ist der Leutkircher Gastronom Aziz Rahimi, in dessen Lokal der Benefizabend stattfindet. Seit dem Jahr 2004 unterstützt er das Projekt in seiner afghanischen Heimatstadt bereits privat, nachdem ihm der dringende Hilfebedarf der Einrichtung auf seinen jährlichen Besuchen bei seiner Mutter vor Ort aufgefallen war. Eine Besserung der Situation in der Metropole ist seinen Berichten nach bis heute nicht in Sicht. „Es ist unvorstellbar, wie sehr sich die Situation der Menschen vor Ort in den letzten Jahren verschlechtert hat“, erklärt Rahimi. Konnte man früher noch etwa 50 Prozent der Bevölkerung zum Mittelstand zählen, seien es seiner Einschätzung nach mittlerweile maximal noch 20 Prozent. Der Großteil des Landes lebe inzwischen in Armut, so Rahimi.
Nahrungsmittel für 250 Kinder
Umso wichtiger ist es, dass die Hilfe für die Waisenkinder nicht abreißt. 250 Kinder leben aktuell im Waisenhaus und gehen dort auch zur Schule. Hinzu kommen etwa 350 Halbwaisen, die nur die Schule der Einrichtung besuchen, nicht im Heim leben und auch kein Mittagessen bekommen können. Dafür reichen die Nahrungsmittelvorräte einfach nicht aus. „Unser Ziel ist es, dass wir irgendwann auch diesen Kindern ein Essen ermöglichen können“, erklärt Rahimi. Wie schwer dieses Unterfangen jedoch ist, zeigt ein einfaches Beispiel: Obwohl man vor Ort eigentlich mehr Kindern eine warme Mahlzeit am Tag ermöglichen möchte, musste der Koch des Heims entlassen werden, da man sich sein Gehalt von umgerechnet 70 Euro im Monat nicht mehr länger leisten konnte. Der Heimleiter ist jetzt in Personalunion also auch noch Koch und für die Verpflegung der Kinder verantwortlich.
Von den 13000 Euro, die sich im Jahr 2019 in der Vereinskasse befunden haben, wurden im Frühjahr knapp 6900 Euro investiert. Davon wurden für die im Heim lebenden Kinder 2,6 Tonnen Reis, 560 Liter Öl, 1,5 Tonnen Zucker, 600 Kilogramm Tomatenmark, eine Tonne Bohnen sowie eine weitere Tonne Kichererbsen eingekauft. Hinzu kommen erstmals 1250 Kilogramm Mehl, um selber backen zu können, da aufgrund der immer schlechter werdenden Allgemeinsituation auch die bisherigen Brotspenden von ortsansässigen Bäckereien ausbleiben. Zusätzlich wurden dieses Jahr 17 Witwen mit Kindern mit jeweils 50 Kilogramm Reis, 16 Liter Öl, 12 Kilogramm Tomatenmark sowie jeweils vier Kilogramm Zucker, Bohnen und Kichererbsen versorgt.
Außerdem wurden die Schüler mit insgesamt 54, vor Ort gefertigten, Tisch-Bank-Kombinationen überrascht. Zwei Drittel davon konnten durch eine private, zweckgebundene Spende des Leutkirchers Michael Hetzer finanziert werden. Insgesamt schlug das neue Mobiliar mit etwa 1200 Euro (inklusive der oben genannten, zweckgebundenen Spende von 792 Euro) zu Buche. Von den verbleibenden rund 7000 Euro auf dem Vereinskonto sollen im Herbst erneut die Nahrungsmittelvorräte aufgestockt und weitere Schritte auf dem Weg zu einer vollständigen Finanzierung des Hauses in Angriff genommen werden. Dazu zählen unter anderem die Einstellung eines zweiten Hausmeisters und die Bezahlung der Lehrer der Kinder.
„Mein Wunschtraum ist es, das Waisenhaus eines Tages wirklich komplett finanzieren zu können“, sinniert Rahimi und fügt an: „Dann könnte an der Tür ein Schild hängen: Dieses Waisenhaus wird getragen von Menschen aus dem Allgäu in Deutschland“.