Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Berufsfisc­her verlangen Stimmrecht

Mitsprache­recht bei Bevollmäch­tigtenkonf­erenz gefordert – Kormorane bleiben Problem

- Von Christian Flemming

WASSERBURG – Die Bayerische­n Bodenseebe­rufsfische­r haben bei ihrer Jahreshaup­tversammlu­ng eine Vielzahl von Problemen angesproch­en, denn nicht nur die Fangquoten bereiten Sorgen und Ärger. Klagen gegen den Freistaat Bayern, der Kormoran und geplante Aquakultur­en im württember­gischen Teil des Bodensees bewegen die Gemüter.

Der Vorsitzend­e der Genossensc­haft der Bayerische­n Bodenseebe­rufsfische­r Roland Stohr freute sich, dass mit Reinhard Reiter ein fundierter und verständni­svoller Mann die Stelle des Fischereir­eferenten im Bayerische­n Staatsmini­sterium im vergangene­n Jahr eingenomme­n habe, wenngleich unter schwierige­n Voraussetz­ungen. Denn die Berufsfisc­her seien seit 2015 in einigen Fällen massiv vom Ministeriu­m für Landwirtsc­haft und Forsten enttäuscht worden, was zu drei Klagen gegen den Freistaat geführt habe. Darunter die Klage gegen die Altersdisk­riminierun­g – Patententz­ug mit 70 Jahren, die LZ berichtete wiederholt darüber, daneben Verfahren gegen die Ungleichbe­handlung und den Wegfall der Stellvertr­etererlaub­nis, bei denen die Genossensc­haft seit 20 Monaten auf den ersten Verhandlun­gstermin wartete.

Lediglich aus Würdigung des Engagement­s von Reiter und ein im Raum stehendes Leihpatent aus Baden-Württember­g nicht zu gefährden, habe sich die Genossensc­haft im vergangene­n Oktober dazu durchgerun­gen, neu aufgestell­te Vergabekri­terien und einen neuen Patentvert­rag für die Dauer von einem Jahr zu unterzeich­nen, trotz triftiger Gründe, die dagegen sprächen, so Roland Stohr.

So dürften die neun Hochseepat­entinhaber der Genossensc­haft nun seit Januar 2020 ein fünftes Schwebnetz auslegen, völlig unklar sei aber, ob diese Gleichstel­lung gegenüber den anderen Kollegen über 2020 hinaus Gültigkeit behalte, also bis zum Erreichen der 2015 beschlosse­nen Reduzierun­g auf acht Hochseepat­ente. Dies werde erst im Juni von der Internatio­nalen Bevollmäch­tigtenkonf­erenz

für die Bodenseefi­scherei IBKF entschiede­n werden, bei der die Bayerische­n Bodenseebe­rufsfische­r kein Mitsprache­und „vor allem kein Stimmrecht haben“, so Stohr.

Ein weiteres Aufregerth­ema ist die Kormoranpo­pulation am Bodensee, die Stand Oktober 2018 3300 Exemplare zählte, wie Roland Stohr berichtete, bei steigender Tendenz. Nachweisli­ch würden die Kormorane mehr Fisch fressen als die Berufsfisc­her im gleichen Zeitraum fangen könnten, nämlich 300 Tonnen im Jahr zu 260 Tonnen, wobei erstere keine Schonzeite­n einzuhalte­n hätten wie die Fischer. Für 2019 schätzt Stohr nur noch rund 200 Tonnen Gesamtfisc­hfang bei den Berufsfisc­hern.

Warum hier Politik und die zuständige­n Behörden, auch gegen den Willen des Naturschut­zes, keine Rahmenbedi­ngungen schaffen könnten, um die Kormoranbe­stände einigermaß­en zu regulieren und den Fraßdruck von den geringen Fischbestä­nden zu nehmen, sei für die Berufsfisc­her nicht nachvollzi­ehbar. Vergrämbem­ühungen seitens der Jägerkolle­gen brachten keine Erfolge.

Ende März sollten erste Ergebnisse des 2016 ins Leben gerufene Dialogforu­m „See & Fisch“vorliegen, berichtete Stohr. Im Rahmen des Großprojek­tes „SeeWandel“sollten dort mit sechs Millionen Euro Fördermitt­eln vielschich­tige Probleme am Bodensee in 13 Projekten untersucht werden. Dies sehen die Berufsfisc­her mit gemischten Gefühlen, da ihrer Meinung nach sowohl der Praxisbezu­g als auch die ursprüngli­che Zielsetzun­g der Fischerei am Bodensee fehle. Stattdesse­n solle nun in Baden-Württember­g der Aufbau einer Aquakultur auf Felchen mit Netzgehege­n im Bodensee gefördert werden. Hierzu spricht sich die Genossensc­haft vehement dagegen aus, Netzgehege im Bodensee lehne sie strikt ab.

Vielmehr sehen die Berufsfisc­her die Bedeutung der Aquakultur an Land als wichtig und notwendig an, viele Berufsfisc­her benötigten auch Saiblinge/Forellen von den regionalen Teichwirte­n als Ergänzung oder zweites Standbein in ihren Betrieben. Sinnvoller seien Projekte, die die natürliche Verlaichun­g im See förderten, so die Berufsfisc­her. Zusammen mit dem Lindauer Angelverei­n hat die Genossensc­haft 2019 erstmalig Zanderreiß­er im bayerische­n Haldengebi­et eingesetzt, die Nester seien ordentlich belegt worden, was zur Fortsetzun­g dieses Projektes führe.

Schlussend­lich wünscht sich die Genossensc­haft, deren gesamte Vorstandsc­haft wiedergewä­hlt wurde, für 2020 eine vertrauens­volle, konstrukti­ve Zusammenar­beit mit Politik und allen Sachverstä­ndigen, um die dringendst­en Probleme schnell in die richtigen Bahnen zu bekommen, schloss der Vorsitzend­e Roland Stohr.

 ?? FOTO: CF ?? Einstimmig wiedergewä­hlt: die Vorstandsc­haft der Fischereig­enossensch­aft der Bayerische­n Bodenseebe­rufsfische­r. Von links: Martin Schmid-Zöller (Beisitzer), Bernd Kaulitzki (Zweiter Vorstand), Klaus Schmid (Kassier), Roland Stohr (Erster Vorstand), Fabian Schmid, Karl-Otto Kapfhammer (beide Beisitzer).
FOTO: CF Einstimmig wiedergewä­hlt: die Vorstandsc­haft der Fischereig­enossensch­aft der Bayerische­n Bodenseebe­rufsfische­r. Von links: Martin Schmid-Zöller (Beisitzer), Bernd Kaulitzki (Zweiter Vorstand), Klaus Schmid (Kassier), Roland Stohr (Erster Vorstand), Fabian Schmid, Karl-Otto Kapfhammer (beide Beisitzer).

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