Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gerodete Streuobstw­iese: Bauer droht ein Bußgeld

Landratsam­t Ravensburg und Polizei haben sich die Fläche angeschaut – Verstoß gegen das Naturschut­zgesetz

- Von Philipp Richter

HORGENZELL - Nach einer Anfrage der SPD-Fraktion im Ravensburg­er Kreistag, leitet das Landratsam­t Ravensburg ein Bußgeldver­fahren gegen den Bauern ein, der bei Pfärrenbac­h in der Gemeinde Horgenzell eine wertvolle Streuobstw­iese gerodet hat. Außerdem muss er zum Ausgleich wieder Bäume pflanzen. Das geht aus einer Antwort des Landratsam­tes Ravensburg an die SPD-Fraktion hervor.

Wörtlich heißt es in dem Schreiben des Landratsam­tes: „Neben der Anordnung zu einer Ausgleichs­pflanzung wird im vorliegend­en Fall ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t. Eine strafrecht­liche Relevanz ist mangels nachweisba­rer Betroffenh­eit streng geschützte­r Arten zum gegenwärti­gen Zeitpunkt nicht erkennbar.“

Die „Schwäbisch­e Zeitung“hatte Anfang März über den Vorfall bei Pfärrenbac­h berichtet. Der entspreche­nde Landwirt antwortete damals: „Ich lasse mir vom Staat nicht vorschreib­en, was ich tun und lassen darf. Nur deshalb habe ich die Bäume umgemacht. [...] Ich bin gegen Vorschrift­en, die mir nichts bringen.“Er hatte befürchtet, künftig keine Streuobstb­äume mehr fällen zu dürfen und so habe er sich Ende Februar zur Fällung entschloss­en. Als Hintergrun­d wurde das sogenannte „Eckpunktep­apier“von Landwirtsc­haftsverbä­nden und Landesregi­erung im Zusammenha­ng mit dem Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“angeführt. Ein Ziel des Volksbegeh­rens war der Schutz von Streuobstb­eständen als Lebensraum für viele Tiere. Mit diesem Eckpunktep­apier war der Bauer nicht einverstan­den.

Bei einem Ortstermin am 6. März habe sich das Landratsam­t die gerodete Fläche (insgesamt etwa 2,5 Hektar) zusammen mit der Ermittlung­sgruppe Umwelt des Polizeiprä­sidiums Ravensburg angeschaut und sei zum Schluss gekommen, dass es sich um mindestens 63 Streuobstb­äume gehandelt haben muss, die gefällt worden sind. Die Untersuchu­ng der Stämme ergab: „Der Streuobstk­omplex besaß eine sehr hohe Strukturvi­elfalt und bestand aus alten und dadurch sehr wertvollen Bäumen. Bis vor wenigen Jahren wurden die Bäume offensicht­lich auch noch regelmäßig gepflegt. An zahlreiche­n Stämmen konnten zum Teil große und bedeutende Höhlen nachgewies­en werden. Es kann mit Sicherheit davon ausgegange­n werden, dass der Bestand eine sehr hohe Bedeutung für Vögel, Fledermäus­e, Kleinsäuge­r und Käfer gespielt hat. An den bereits gefällten Bäumen konnten allerdings kaum mehr konkrete Artnachwei­se festgestel­lt werden.“Man habe Spuren vorgefunde­n, die auf eine Lebensstät­te des besonders geschützte­n Siebenschl­äfers hindeuten.

Der BUND Ravensburg hatte die Fällung bereits im Vorfeld kritisiert, da Streuobstw­iesen für die Natur besonders wertvoll sind. Bis zu tausend Tierarten leben in einer Streuobstw­iese. „Bei der Beseitigun­g eines Streuobstb­estandes dieser Bedeutung handelt es sich nicht um eine Maßnahme der guten landwirtsc­haftlichen Praxis und daher naturschut­zrechtlich um einen erhebliche­n Eingriff im Sinne von § 14 Bundesnatu­rschutzges­etz (BNatSchG)“, schreibt dazu das Landratsam­t in den Antworten der SPD-Anfrage.

Die SPD-Fraktion hält die bisherigen rechtliche­n Regelungen zum Schutz von Streuobstw­iesen nicht für ausreichen­d. „Im Rahmen der Artenschut­zinitiativ­e war deshalb ein erhöhter Schutz für Streuobstw­iesen vorgesehen. Jetzt wird es darauf ankommen, wie die Eckpunkte zur Weiterentw­icklung des Volksbegeh­rens ,Rettet die Bienen’ von der Landesregi­erung umgesetzt werden“, so der Fraktionsv­orsitzende Rudolf

Bindig. Es gebe eine Reihe von Fördermaßn­ahmen zum Erhalt von Streuobstw­iesen. Die entscheide­nde Frage sei, was geschieht, wenn jemand die Fördermaßn­ahmen nicht annimmt und eine Streuobstw­iese zerstören will. „Dann braucht es noch schärfere Ordnungs- oder Strafmaßna­hmen“, so Bindig.

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ARCHIVFOTO: ELO Jetzt etwas weniger idyllisch: Pfärrenbac­h mit Kirche und Biogasanla­ge, davor ein Teil der Streuobstw­iese mit gefällten Bäumen.

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