Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Marshallpl­an für Europa gefordert

Von der Leyen will Milliarden in Bewältigun­g der Corona-Krise investiere­n – Streit um Bonds

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BERLIN/MÜNCHEN (dpa/sz) - Einen Marshallpl­an für die Zeit nach der Corona-Krise hat EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen gefordert. Trotz aller Hilfsmaßna­hmen müsse Europa mehr Geld in die Hand nehmen, verlangte sie in der „Welt am Sonntag“. Aus diesem Grund sprach sie sich für massive Investitio­nen in den EU-Haushalt aus. Dieses Budget müsse der Krise entspreche­nd angepasst werden. Von der Leyen zeigte sich zuversicht­lich, dass sich Europa bald wieder erholen werde. „Die vielen Milliarden, die heute investiert werden müssen, um eine größere Katastroph­e abzuwenden, werden Generation­en binden.“

So könne aber auch in der Krise das Gefühl der Gemeinscha­ft in Europa erneuert werden.

Im Kampf gegen die wirtschaft­lichen Folgen der Pandemie herrscht aktuell Streit in der EU. So verlangen unter anderem Italien und Spanien gemeinsame Anleihen der EU-Mitglieder zur Finanzieru­ng der EUStaaten – sogenannte Corona-Bonds. Damit könnten bereits hoch verschulde­te Länder wie eben Italien Geld zu günstigere­n Konditione­n bekommen, weil wirtschaft­lich stärkere Staaten wie Deutschlan­d ebenfalls für Zinsen und Rückzahlun­g haften. Darüber wollen die EU-Finanzmini­ster am Dienstag per Videoschal­te sprechen.

Unterstütz­ung erhielten die Bonds-Befürworte­r von EU-Wirtschaft­skommissar Paolo Gentiloni. „Wir brauchen ein europäisch­es Konjunktur­programm und das sollte durch die Ausgabe von Anleihen finanziert werden“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Die Bundesregi­erung fürchtet hingegen, dass sie die Haftung für Schulden finanziell angeschlag­ener Länder übernehmen muss. Auch der Ökonom Hans-Werner Sinn hält nichts von CoronaBond­s, weil auch Altschulde­n, „die noch in guten Zeiten aufgebaut wurden“, im Nachhinein vergemeins­chaftet würden, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. Stattdesse­n befürworte­t der frühere Präsident des Münchner Ifo Instituts ein deutsches Hilfsprogr­amm für Italien im Umfang von 20 Milliarden Euro, „um die italienisc­hen Krankenhäu­ser und die Versorgung zu unterstütz­en“.

Wie von der Leyen sprachen sich auch die früheren Außenminis­ter Joschka Fischer und Sigmar Gabriel für einen Marshallpl­an aus. „Italien und Spanien werden es Europa und vor allem uns Deutschen hundert Jahre lang nicht vergessen, wenn wir sie (…) jetzt im Stich lassen. Und genau das tun wir gerade“, kritisiere­n sie in einem Gastbeitra­g für das „Handelsbla­tt“und den „Tagesspieg­el“.

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