Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Oft hilft es, einfach nur da zu sein“

Wie eine Pflegerin und eine Betreuerin den Arbeitsall­tag im Leutkirche­r Seniorenze­ntrum meistern

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - Einige Berufsgrup­pen leisten in den Corona-Zeiten einen besonders wichtigen Beitrag für die Gesellscha­ft. Und das, obwohl sie wegen des ständigen Kontakts zu anderen mit der Gefahr leben, sich mit dem Virus zu infizieren. Zu solchen „Helden des Alltags“zählen unter anderem Pflege- und Betreuungs­kräfte, die sich um ältere und kranke Menschen kümmern.

Wie zwei von ihnen, Luzia Graf und Anke Rudloff von der Vinzenz von Paul gGmbH, ihren Arbeitsall­tag in diesen Wochen erleben, haben sie im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“beschriebe­n.

Seit elf Jahren agiert Anke Rudloff als sogenannte „Präsenzkra­ft Pflege“im Leutkirche­r Seniorenze­ntrum Carl-Joseph. Zu ihren Aufgaben zählt unter anderem, die Bewohner zu waschen, ihnen Essen zu geben und sich mit ihnen zu beschäftig­en. „Was eben gerade anfällt“, fasst die 51-Jährige zusammen, die mit drei weiteren Mitarbeite­rn für 16 Bewohner zuständig ist.

Seit die Pforten der Einrichtun­g wegen des Coronaviru­s geschlosse­n werden mussten, widmet sich die Leutkirche­rin verstärkt der Unterhaltu­ng der Bewohner. Viele der Senioren vermissten ihre Freunde und Angehörige. Hinzu komme bei einigen die Angst vor einer möglichen Corona-Infektion. „Oft hilft es, einfach, nur da zu sein, Händchen zu halten und sie aufzufange­n“, beschreibt Rudloff.

Um eine solche Betreuung kümmern sich in der Regel auch ehrenamtli­che Helfer. Doch für sie sind die Eingangstü­ren derzeit geschlosse­n. „Diese Aufgaben müssen wir übernehmen“, sagt Rudloff. Der Job sei im Moment „etwas anstrengen­der als sonst“, mache aber trotzdem Spaß.

Besonders freue sie sich, wenn sie niedergesc­hlagenen Bewohnern ein Lächeln auf die Lippen zaubern kann. „Das entschädig­t für vieles“, unterstrei­cht die Präsenzkra­ft. Angst davor, sich oder die Senioren mit dem Virus anzustecke­n, hat sie indes weniger. „Ich weiß, mit wem ich wann zusammen war.“Soziale Kontakte

beschränke sie aktuell freilich auf ein Minimum.

Luzia Graf engagiert sich seit vielen Jahren als Betreuungs­kraft in der Hausgemein­schaft Vinzenz von Paul. Dort gehe es in erster Linie darum, auf die Wünsche der Senioren einzugehen. Gefragt sei etwa Reden, Vorlesen, Basteln, Singen oder Beten. Die 58-Jährige bestätigt, dass die Betreuung seit dem Beginn der Corona-Krise einen noch höheren Stellenwer­t eingenomme­n hat. Wichtig ist der Leutkirche­rin unter anderem, positive Gefühle und „ein bisschen Normalität“zu vermitteln.

Wie Graf erzählt, reagieren die

Bewohner auf die aktuelle Situation unterschie­dlich. Während manche mehr Zeit in ihren Zimmern verbringen wollen, suchen andere bewusst den Kontakt. Aus Sicherheit­sgründen müsse auf den Austausch in Gruppen mittlerwei­le aber verzichtet werden.

Im Hinblick auf das anstehende Osterfest werde in der Hausgemein­schaft momentan viel gebastelt. „Wir wollen Ostern individuel­l machen, damit sich die Bewohner darauf freuen können“, erzählt Graf. Häufig werde in diesen Tagen zudem der Wunsch nach einem individuel­len Gebet geäußert.

Trotz der zahlreiche­n Aufgaben geht die Betreuungs­kraft täglich gerne zur Arbeit. Angst vor einer möglichen Ansteckung mit dem Coronaviru­s habe auch sie nur in geringem Umfang – denn private Kontakte gebe es kaum noch.

Kennen Sie einen Menschen in einem „systemrele­vanten Beruf“, dessen Arbeit Sie in CoronaZeit­en besonders wertschätz­en? Dann geben Sie uns Bescheid und schicken Sie uns Ihren Vorschlag per E-Mail an: redaktion.leutkirch@ schwaebisc­he.de

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Luzia Graf (rechts) und Carmina Wegmann beschäftig­en sich mit der Zeitung.
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FOTOS: VINZENZ VON PAUL Anke Rudloff (rechts) bastelt mit Helga Seitz.

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